Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
zu. Der blickte auf ihn herab, ohne den Kopf zu bewegen.
„Gäste vom Boss“, raunte Antonio.
Der Türsteher nickte gleichmütig und trat zur Seite. Sie traten hi n ter Antonio durch die Tür.
„Kommen Sie, ich führe Sie zu den besten Plätzen“, rief er über die Schulter.
Leyla starrte auf das alberne Schild unmittelbar hinter der Glastür. Abgebildet war ein schwa r zes Kruzifix, rot durchgestrichen. Es gab eine Garderobe, was für ein Kino nicht üblich war. Eine Reihe verschiedenfarbiger Pelzmäntel hing an Kleiderbügeln und säu m te die polierte Stange. Leyla verzog das Gesicht bei der Vorstellung, dass es sich um echte Pelze handelte. Sie befanden sich im Einlassbereich vor den offenen Kinotüren. Der Gang war voller Leute mit Sektgläsern in den Händen. Bevor sie sich auf die Suche nach Kino elf machen konnten, ertönte eine tiefe, melodiöse Stimme hinter i h nen.
„Leyla, wie schön Sie hier zu sehen.“
Sie drehten sich alle drei gleichzeitig um und sahen Rudger von Hallen mit geschmeid i gen Schritten auf sie zukommen. Rudger war der Besitzer des kompletten Multiplexkinos und Mei s tervampir der Stadt. Das Land, auf dem das Kino erbaut worden war, befand sich seit 250 Jahren im Besitz der Familie von Hallen. Da das Gericht keine Nachkommen der Familie fand, drohte das Land in den Besitz der Stadt zu fallen. Um seine Besitzansprüche auf die öffentliche Ausschreibung kundzutun, hätte Rudger bei Tageslicht im Gerichtsg e bäude erscheinen müssen. Rudger hatte mithilfe eines findigen Anwalts dafür gesorgt, dass ihm ein Termin nach Sonnenu n tergang einberäumt wurde. Das Gericht sah sich aufgrund mangelnder Gesetzesvorlagen gezwungen, Rudger von Hallen den Landbesitz seiner Fam i lie zuzusprechen. Das Erscheinen eines Vampirs bei Gericht war damals einzigartig und der Richter musste Rudger, der unb e streitbar vor ihm stand, seine Existenz anerkennen. Rudger genehmigte den Bau des Kinos auf seinem Land und erwarb den Komplex nach Fertigstellung. Es folgten weitere Prozesse über Besitza n sprüche von Untoten. Bald darauf nahm eine Partei den Vorschlag zur Legalisierung von Vampirismus in ihr Wahlprogramm auf. Seitdem debattierte der Deutsche Bundestag in der ersten Beratung den Gesetzesen t wurf.
Eine menschliche Theaterleitung führte das gesamte Geschäft der zehn Kinosäle, die sich unter ihnen befanden. Sie unterstützten Rudger bei bürokratischen Belangen, die das Vampirkino betrafen und bei Tag erledigt werden mussten. Die Schichten nach Ei n bruch der Dunkelheit wurden verständlicherweise von Vampiren übernommen. Rudger hielt sich ausschließlich in den oberen Ebenen auf und leitete persönlich das Rote Palais. Bei beso n deren Anlässen moderierte er die Veranstaltungen.
Er sah aus wie eine fleischgewordene Frauenfantasie. Blonde Wellen fielen weit über seinen doppelreihigen Gehrock, dessen knielanger Schoß aus dunkelviolettem Tuch gefertigt worden war. Die Farbe wiederholte sich in der brokatverzierten Weste, aus dessen tiefem Ausschnitt die Spitzen seines Hemdes hervorquollen. Das samtene Revers seiner Ärmel fiel bis in die Mitte seiner bleichen, langgliedr i gen Hände. An seinem kleinen Finger funkelte der grüne Edelstein eines antiken Siegelrings. Als modischen Kontrast trug er schwarze Jeans und Stiefel mit Profi l sohlen. Sein markantes Gesicht war sehr attraktiv. Tiefblaue Augen erweckten die Vorstellung, dass er zu Le b zeiten ein Freibeuter mit gebräuntem Teint und blitzenden Zähnen gewesen war. Nun war sein Gesicht bleich, was seiner Ausstra h lung nicht den geringsten Abbruch tat.
„Meister, ich habe mir gedacht, dass es Euch freuen würde, sie hier zu sehen“, beeilte sich A n tonio zu erklären.
Rudger gebot ihm mit einer knappen Handbewegung zu schweigen. Antonios Mund klappte so schnell zu, dass Leyla hörte, wie seine Zähne aufeinander schlugen. Er trat demütig einen Schritt z u rück.
„Ihr kennt euch?“ Evelyn blickte mit offenem Mund von Leyla zu Rudger.
„Frau Barth und ich sind uns schon begegnet.“
„Unsere Einheit ermittelt Vampirmorde“, sagte Leyla zu Evelyn.
„Sie ist spezialisiert auf Vampire.“ Das letzte Wort hatte er geflü s tert und sein Klang zog wie eine Schwingung durch die Luft.
Evelyn starrte Rudger mit großen Augen an. Leyla legte beide Hände auf Evelyns Schu l tern. Sie schüttelte sie, und Evelyn zuckte z u sammen.
„Du solltest einem Vampir niemals, wirklich niemals, in die Augen sehen.“
Sie nickte brav
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