Das rote U
Es wusste kaum, wie das so
schnell alles geschehen war. Aber da kam auch schon Knöres aus dem ‚Schiffchen’ gerannt und hinter ihm drein all die Leute,
die in der Wirtschaft gesessen hatten. Da war das Überfallkommando gerufen
worden, und das wollten sie natürlich sehen...
„Was ist denn los? Was
ist passiert?“ – Alle fragten sie durcheinander.
Aber Silli und Knöres gaben keine Antwort. Sie zitterten
nur so vor Aufregung.
Gott sei Dank – da kam
das Polizeiauto, und fünf, sechs, sieben Polizisten sprangen ab, an ihrer
Spitze der Herr Kommissar Rademacher. Knöres erkannte ihn sofort.
„Da drin, Herr Kommissar,
da drin sind sie...“, rief er.
„Wer denn? Nun rede doch,
Junge!“
„Wer denn? Der Herr
Behrmann natürlich, und die anderen vom Roten U – die sind hinter
dem Kerl her, der hat sich drinnen versteckt...“
„Dann los, wir haben ja
den Schlüssel...“
Und schon knirschte der
gewaltige Schlüssel im Schloss, aber es wollte nicht nachgeben...
„Man kann auch hinten
herum, durch das Mauerloch!“ rief Knöres hastig.
Aber da stöhnte die alte
Tür in ihren Angeln, und schwarz starrte ihnen der Eingang entgegen.
Zuerst sahen sie nichts. Aber dann schwankte auf einmal der Lichtschein einer
elektrischen Taschenlampe die Kellertreppe hinauf.
„Hände hoch!“
wollte gerade der Polizist rufen, und seinen Revolver hatte er in der Faust
– aber da erkannte er Herrn Behrmann, und Herr Behrmann hatte den Finger
auf den Mund gelegt.
„Kommen Sie ein
Stückchen mit, Herr Kommissar, etwas weiter vom Kellerloch ab... Drunten
halten meine Jungen Wache... und auf die können wir uns
verlassen...“
„Warum denn auf einmal so
leise? Was ist los?“
„Wir sind nun doch zu
spät gekommen, Herr Kommissar“, sagte Behrmann, „der Kerl,
dieser August Liebenbein nämlich, war schon
unten, und jetzt ist er in den Kellerschacht geklettert... Da können wir
ihn nicht herausholen. Drunten muss er den vermissten Jungen haben,
wahrscheinlich in einem Faltboot! Denken Sie an den Brief! Da hatten ihm die
drei ja geschrieben, er sollte mit dem Faltboot zur Stelle sein... Der Schacht
geht nämlich gerade hinab in den Rhein...“
„Unsinn!“ brummte
der Kommissar, „wird wohl ein Brunnen sein!“
„Und was soll der Mann in
einem Brunnen machen?“
„Ja, da müsste der
Schacht doch in den Stollen führen und der Stollen in den Rhein. So was
gibt’s aber gar nicht. Nur ein einziger Kanal, der Abfluss von unseren
Teichen hier, führt in den Rhein.“
„Da haben wir’s ja
und der Stollen geht eben irgendwo in diesen Kanal... Wie stellen Sie sich das
nun vor? Sollen wir hinter ihm drein schwimmen?“
Der Kommissar dachte eine Weile
nach.
„Hat er Sie und die
Jungen gehört?“ fragte er dann.
„Nein, ich glaube
nicht!“ erwiderte Behrmann, „und wenn er wüsste, dass wir
hinter ihm her sind, dann wirft er den Jungen womöglich ins Wasser. Drum
sagte ich Ihnen auch, Sie sollten leise machen.
Der Kommissar winkte einem
Polizisten: „Gehen Sie mal rüber zur Feuerwehr, das ist ja nur drei
Minuten weit... sie soll sofort an den Kanalausgang kommen, aber bitte ohne den
üblichen Feuerwehrspektakel... und irgendwo einen Kahn
auftreiben...“
Knöres und Silli hatten alles mit angehört, und schon waren sie fort. Sie wussten ja ganz
genau, wo der alte Kanal in den Rhein ging, und gewiss waren sie eher da als
die Feuerwehr und die Polizei.
Schon sprangen sie die
Basalttreppe zum Kai hinab, und vor sich sahen sie den weiten Strom, auf dem in
unendlichem Zuge die Schollen hinabrauschten.
„Da, da!“
stieß Knöres auf einmal hervor, zeigte
hinab auf das Ufer und packte Sillis Arm.
Nun sah das Mädchen es
auch. Gerade da, wo das schwarze Kanalloch unter der Mauer war, sprang eine
dunkle Gestalt, ein großes Bündel trug sie schwer auf der Schulter,
und nun stolperte sie über den hartgefrorenen Flussrand hinab dem
knirschenden Strome zu.
Wollte der Mann von Scholle zu
Scholle springen und dann auf die andere Seite? Ja, gewiss, schon hatte er die
erste Scholle erreicht, deutlich sahen die Kinder, wie sie schwankte, als er daraufsprang . Nun die zweite... Ja, er würde
hinüberkommen. Denn nicht einmal in der Rheinmitte war eine Wasserrinne
mehr frei. Oh, wenn doch die Polizei nur käme!
Wie die Schollen schwankten!
Und jetzt war der Mann mit seinem Bündel schon ein Stück abwärts
getrieben... Nun springt er wieder... nein, er macht nur einen längeren
Schritt. Springen braucht er ja gar
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