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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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vor den Wänden des Inneren Altars , ehe es gluckernd und rauschend in Wasserschläge abfloß.
    Voll widerstreitender Gefühle machte sich Guntram an den Abstieg. Einerseits war er glücklich über seine gelungene Rückkehr, andererseits fürchtete er Vorwürfe der Clan-Chefs.
    Wie würde es sein Volk aufnehmen, daß er den goldenen Vogel beschädigt zurückgebracht hatte? Und wie sollte er ihnen erklären, daß es jetzt keine Möglichkeit mehr gab, die Sterne zu erreichen?
    Bedrückt verließ er das Labyrinth der Gänge in der Teufelsmauer. Im gleichen Augenblick stand er in einem heißen, höllischen Inferno. Unter ihm schlugen hohe Flammen aus den Häusern. Das ganze Dorf brannte.
    Er hörte Schreie, klirrende Waffen, dumpfe Paukenschläge. Eine wilde Bankert -Horde brach sich am Bach entlang Bahn nach oben. Die ersten waren bereits oberhalb des Buch-Heims.
    Einer von ihnen sah ihn.
    »Dort ist der Eingang!« schrie er. »Mir nach, Männer!«
    »Es lebe Menennery Luck!«
    »Entert die goldene Flugmaschine!«
    Guntram blickte fassungslos über das Chaos hinweg.
    Das war das Ende des Sakriversums!
    »Du warst sehr lange fort«, sagte eine Stimme neben ihm.
    Ein heißer Schauder lief über seinen Rücken.
    »Agnes!« Er schrie es heraus, warf sich herum und brach vor plötzlicher Schwäche in die Knie. Sie faßte seine ausgestreckten Hände und hielt ihn fest. Er drückte sein Gesicht in ihren Schoß. Noch immer kniend umarmte er sie.
    Sie streichelte seine Haare. Für einen Augenblick schloß sie die Augen.
    »Wir müssen fliehen! Können wir zur Flugmaschine zurück?«
    Er riß entsetzt den Kopf in den Nacken, sah zu ihr hoch.
    »Unmöglich! Sie ist beschädigt ... voll mit Eis! Und dann der Weg zum Inneren Altar ... es tut mir leid, daß ich so lange ...«
    »Später! Was ist mit Meister Albrechts Haus? Kannst du den Geheimgang zum Buch-Heim wiederfinden?«
    Er richtete sich auf. Die wütend schreienden Bankerts waren bereits gefährlich nahe.
    »Woher weißt du ...? Was ist hier geschehen?«
    »Unser Volk und die Hälfte der Bankerts sind ins Buch-Heim geflohen«, erklärte sie schnell. »Corvay lebt nicht mehr. Ein paar von seinen Leuten wollen hierbleiben. Die anderen sind verrückt geworden. Sie suchen den goldenen Vogel.«
    »Mein Gott!« stöhnte Guntram. »Werden die nie begreifen, daß wir die letzten Menschen sind? Was sollen da noch Gold und Edelsteine?«
    »Wer seinen Reichtum nicht im Herzen trägt, der wird nach allem greifen, was äußerlichen Glanz verspricht«, sagte Agnes traurig. »Es ist zu spät, das noch zu ändern ...«
    Sie war die ganze Zeit tapfer gewesen. Jetzt liefen ihr Tränen über die Wangen.
    *
    Weiter westlich eilte Goetz mit eiligen Schritten über die Hügel. Er konnte kaum noch etwas sehen. Nur die rötliche Flammenwand hinter den Wolken zeigte ihm den Weg. Dabei mußte er ständig darauf achten, daß er nicht Menschen oder Tiere zertrat, die vor dem Feuer flohen.
    Je mehr er sich dem Dorf näherte, um so unruhiger wurde er. Schließlich hielt er es nicht mehr aus und rannte mit großen Schritten über den letzten Gewölbebogen.
    Erst am Dorf wurde er wieder vorsichtiger. Die Häuser waren nicht mehr zu retten. Er schützte sein Gesicht mit dem Vorratssack vor der Hitze und lief durch die hüfthohen Flammen bis zum Bach. So schnell wie möglich leerte er seinen Vorratssack auf der schrägen Wiese aus. Dabei merkte er, daß er wieder taub war.
    Er hörte weder das Knistern der Flammen noch das Plätschern des Baches. Für einen Moment wunderte er sich, daß der Bach wieder Wasser führte. Es hatte nicht geregnet in der Zwischenzeit.
    »Seltsam!« murmelte er. »Sehr seltsam!«
    Vorsichtig hielt er den leeren Vorratssack in den Bach. Das Wasser war ungewöhnlich kalt. Er richtete sich auf, drehte die Öffnung des Beutels halb zu und klemmte ihn wie einen Dudelsack unter seinen linken Arm. Mit wenigen Schritten lief er zu den brennenden Häuschen.
    Mit einem breiten, flachen Wasserstrahl löschte er systematisch die Flammen. Weißer Wasserdampf hüllte ihn ein. Gleichzeitig wurde es dunkler. Er dachte daran, daß er bereits zum zweitenmal mit Wasser im Sakriversum hantierte. Erst hatte er es gestoppt, jetzt löschte er damit.
    Auch für ihn war das Wasser zu einem Problem geworden. Hier gab es offensichtlich genug davon. Vielleicht konnte er mit den Schandern einen Tauschhandel anfangen: Korn aus den Kellern gegen klares kühles Wasser vom Dachboden.
    »Verdrehte Welt!« Er lachte

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