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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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jetzt nicht helfen konnten. Sie waren alle im Buch-Heim. Gemeinsam wollten sie versuchen, die schwerbeladene Flugmaschine mit ihrer Eislast zum Inneren Altar zurückzulenken.
    Wenn jetzt doch Goetz da wäre!
    Lello zitterte vor Anspannung. Weiter unten erkannte er Hector, und die Artisten. Sie standen zwischen der Linde und der Straße, aber sie kamen nicht durch.
    Mathilda und die Frauen warfen sich den Aufrührern entgegen. Lea wurde als erste in den Bach gestoßen. Da sah Lello sehr weit unten Llewellyn Corvay. Der König schleppte sich mit hängenden Schultern am Bach entlang zum See.
    Das war die rettende Idee!
    »Da ist er!« schrie Lello. »Laßt König Corvay nicht entkommen! Er kennt den wahren Weg ... den geheimen Gang zur Teufelsmauer ! Haltet ihn auf, sonst kommt er euch zuvor!«
    Die Bankerts stießen gegeneinander. Einige wollten weiter nach oben, andere hoben drohend die Fäuste. Für einen Augenblick herrschte totale Verwirrung vor den Mauern des Buch-Heims.
    Dann stürmte eine Gruppe Bewaffneter mit wütenden Aufschreien in Richtung See. Lello spürte, wie ihm schwindelig wurde.
    »Komm!« sagte Nancy neben ihm. »Die Tür zum Buch-Heim ist geöffnet. Das ist der einzige Platz, an dem wir uns jetzt schützen können.«
    »Aber die Kinder in den Häusern!«
    »Sie werden schon geholt.«
    Lello bewegte sich nicht.
    »Komm schon! Wir haben nicht viel Zeit!«
    »Ich habe sie belogen«, sagte Lello tonlos. »Sie werden Corvay umbringen ...«
    Das Licht von Westen wurde schwächer. Dafür entstand ein Band aus hundert kleinen Flammen über dem Irrlichtmoor.
    Corvay ging über die steilen Wiesen zwischen der Schafsheide und dem See weiter nach unten. Er drehte sich nicht einmal um. Seine Verfolger waren noch weit hinter ihm, als er das Moor erreichte. Er zögerte an einer Terrasse, sah Stufen, Rohre und geöffnete Türen in gemauerten Vorsprüngen. Die Irrlichter zeigten ihm tatsächlich einen Weg.
    Ein Wink, ein Angebot der Clan-Chefs?
    Er schüttelte den Kopf. Ohne noch einmal zurückzublicken, watete er in den Morast des Irrlichtmoors. Ganz langsam sank er tiefer. Mit einem leisen Schwappen schlug das Moor über ihm zusammen. Nur das Barett mit der zerzausten Feder ging nicht unter. Auch dann nicht, als es die ersten Steine trafen.
    *
    Guntram merkte, daß er es nicht schaffte. Er hatte einfach zu wenig Übung.
    »Du mußt es wollen!«
    Er preßte die Zähne zusammen. Die Gedanken der Clan-Chefs waren bei ihm, aber sie hatten nicht mehr die eine große und gemeinsame Kraft, für die es niemals eine rationale oder physikalische Begründung gegeben hatte.
    Zwei Logenmeister und der lenkende Geist von Meister Albrecht fehlten. Ohne sie waren die anderen nicht mehr so sicher in ihrem gemeinsamen Empfinden. Dazu kamen skeptische, verneinende Gedanken. Sie waren kalt und voller Angst.
    Die goldene Flugmaschine schwebte direkt vor den beiden Türmen der Kathedrale. Sie suchte den Eingang zum Inneren Altar über den beiden großen Rosettenfenstern. Der dritte Zugang war so perfekt getarnt, daß nicht einmal Guntram die Öffnung erkennen konnte.
    Obwohl die Sonne fast im Westen stand, warfen die Säulen, Bogen und Reliefs zu viel Schattenbilder auf den oberen Teil der Westfassade.
    »Helft mir! Ich ... schaffe ... es ... nicht ...«
    Im gleichen Bruchteil eines Augenblicks sackte die Flugmaschine tiefer.
    »Guntram!«
    Der Gedankenaufschrei der Clan-Chefs erreichte seine Zellkerne schneller als sein Bewußtsein. Er berührte prähistorische Erinnerungen, die älter waren als alle Mythen und Religionen.
    Guntram hatte plötzlich das Gefühl, aus zwei verschiedenen Menschen zu bestehen - aus einem, der den Sinn seines Lebens verstand und einem anderen, der nur noch Angst hatte.
    Er taumelte ein, zwei Schritte nach vorn. Die Flugmaschine schwankte wieder etwas höher. Das war er nicht selbst gewesen!
    Auch nicht die Clan-Chefs im Innern der Kathedrale!
    Aus dem Rosettenfenster, das zum Sakriversum führte, wehten plötzlich dünne dunkle Rauchfäden. Sie kamen durch die zerstörten Scheiben.
    Entsetzt taumelte Guntram zum linken der nach außen gewölbten Rundfenster am Kopf des goldenen Vogels. Der Rauch stieg steil nach oben.
    Guntram spürte, wie eine fremde Kraft die Flugmaschine von unten her höher drückte. Jetzt verstand er überhaupt nichts mehr ...
    »Weiter! Weiter!« riefen die Gedanken der Clan-Chefs. Der goldene Vogel schwankte zum nördlichen Turm, dann zum südlichen. Die breit ausgefahrenen Flügel

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