Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman
ewigen Zeiten deine Sekretärin war. Sobald die anderen merken, dass ich dir eine Sonderstellung einräume, herrscht Unfrieden im Betrieb.«
»Das musst du wohl so sehen«, sagte ich distanziert.
»Verdammt, Georg, das liegt nicht nur an mir. Wie oft habe ich dir angeboten, als Partner in die Sec Check einzusteigen? Weiß du noch, damals, als wir in England diesen Astronomieprofessor aus den Fängen der Kirche für angewandte Philosophie befreit haben …«
Ich stöhnte.
»… ja, da habe ich wirklich geglaubt, wir würden zusammenarbeiten. Dann passierte der schwere Autounfall, du lagst monatelang im Krankenhaus, und im Grunde habe ich die Detektei dir zuliebe weitergeführt. Okay, später habe ich Gefallen daran gefunden und Sec Check zu dem gemacht, was es heute ist. Aber die Tür war nie zu, sie ist es bis heute nicht. Ich verstehe nicht, warum du es vorziehst, fremdgehende Ehefrauen zu observieren und die Nächte in Büschen oder auf Autositzen zu verbringen.«
»Komisch, meine Ex hat heute Morgen etwas Ähnliches gesagt.«
»Und sie hat recht. Bei deinen Fähigkeiten könntest du mit mir zusammen die Geschäfte führen. Ein Bürojob, feste Arbeitszeiten, Leute, die dich respektieren. Du wirst langsam zu alt, um dich in Parks herumzudrücken.«
»Es wäre nicht dasselbe.«
»Dasselbe wie was?«
»Ich wäre ein Geschäftsführer von deinen Gnaden. Ich hätte mir die Sache nicht selbst erarbeitet. Oder womit soll ich die Hälfte der Gesellschafteranteile kaufen?«
»Du bist ein verdammter Dickkopf, Georg, das ist die ganze Wahrheit.«
»Vermutlich. Meine Ex meint, ich würde gerne leiden.« Ich zeigte auf die Straße. »Weißt du, wo wir hin müssen?«
Wir hatten die Stadtgrenze von Coesfeld erreicht.
Das Verwaltungsgebäude von Arilson stand im Gewerbegebiet Otterkamp, das sich südlich der Umgehungsstraße ausbreitete.
Arilson importierte und züchtete alle möglichen Arten von Tieren, Echsen, seltene Spinnen, die sich bei Tierfreunden immer größerer Beliebtheit erfreuten, aber auch den allgemeinen Zoobedarf vom Eisbär über die Robbe bis zum gemeinen Geier. Die Geschäftsführung war nach Tiergattungen aufgeteilt und Michael Holtgreve für den Bereich Primaten zuständig. Das erfuhr ich von Sigi, während wir die zwanzig Meter vom Parkplatz bis zum Eingang überwanden.
Das Büro von Holtgreve befand sich im dritten Stockwerk, und da uns Sigi angemeldet hatte, mussten wir nicht allzu lange unter der Aufsicht der Sekretärin in bunten Tierzeitschriften blättern.
Holtgreve hatte fotogen ergraute Schläfen und war auch sonst für seine schätzungsweise fünfundvierzig Jahre noch recht gut erhalten. Er hatte sein Jackett abgelegt und kam uns in einem blau-weiß gestreiften Hemd mit dunkelblauer Krawatte entgegen.
»Es hat sich was getan«, verkündete er aufgeregt und geleitete uns zu einem runden Tisch. »Kaffee, bitte!«, rief er über die Schulter der Sekretärin zu.
»Hier! Das ist heute Morgen mit der Post gekommen.« Damit knallte er einen Wisch auf die Tischplatte. Sigi und ich beugten uns über das DIN-A4-Blatt und lasen: Lassen Sie alle Affen frei! Erklären Sie bis Montag Abend öffentlich, dass Sie keine Affen mehr importieren! Andernfalls informieren wir die Medien. VKM . Der Text bestand aus Druckbuchstaben und war mit einem Filzstift geschrieben. Entweder waren die Tierbefreier doch nicht so professionell, wie wir glaubten, oder sie fühlten sich sehr sicher.
Holtgreve schnaubte: »Keine Ahnung, was VKM bedeutet.«
»Veganes Kommando Münsterland«, sagte ich.
Er schaute mich forschend an. »Haben Sie etwas herausgefunden?«
»Wir haben uns in der Szene umgehört. Aber eine konkrete Spur hat sich noch nicht ergeben.« Da er es nicht erwähnte, kam ich auf den heiklen Punkt zu sprechen: »Finden Sie es nicht merkwürdig, dass die Tierbefreier mit der Öffentlichkeit drohen? Normalerweise bleiben Kriminelle lieber anonym.«
Holtgreve steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, ich sah das als Aufforderung, mit einem Zigarillo zu kontern.
»Im Gegenteil«, sagte er nach einem tiefen Lungenzug. »Damit schießen sie voll auf unsere Weichteile. Ich sehe schon die Fernsehbilder vor mir, niedliche Affen und dazu eine Tränendrüsenstimme: Diese Tiere sollten brutal für Tierversuche geopfert werden. Das ist genau die PR, die wir nicht gebrauchen können.«
»Gibt es Überlegungen, auf die Forderungen des Veganen Kommandos einzugehen?«, erkundigte sich Sigi.
Der Manager
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