Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)
gerade so viel, dass er eine gute Färbung annimmt. Bring die Mischung dann zum Kochen, arbeite etwas Tragant hinein, das zuvor in Rosenwasser eingeweicht wurde. So lässt es sich in jede beliebige Form bringen. Gieße die Masse in kleine Förmchen oder gebe sie auf ein Holzbrett und schneide sie, sobald sie erkaltet ist, in mundgerechte Rauten.
Lady Maria Grice, der das Rezept von ihrer Großmutter, der Countess of Tilsworth, anvertraut wurde.
Das Rezept geht zurück auf die Zeit der guten Königin Bess und war damals sehr beliebt.
S päter an jenem Abend ging ich zu meiner lieben Mrs. Garland und bat sie um Hilfe. Die Diener ließ ich über dem Most singen, und die Küche war sauber geschrubbt. Zu Lady Carinna hatte ich hinaufgeschickt, was ich aus der Speisekammer hatte hervorzaubern können: feine, sämige Kalbsbrühe, ein Stück Schinken, Hasenpfeffer, Mispelgelee und ein rasch gerührtes Pflaumenmus.
Ich fühlte mich immer noch erbärmlich, als ich auf den aufgeweichten Wegen durch den alten Obstgarten irrte und meine Laterne hochhielt. Heute Nacht musste ich mich endgültig entscheiden: zwischen dem Leben als Köchin bei Mrs. Garland oder als Jems Ehefrau. Mit schlechtem Gewissen dachte ich an das Leiden meiner alten Lehrerin und fürchtete, dass sie unsere Verbindung nicht gutheißen würde. Während die Dämmerung hereinbrach und die traurigen Schreie der Raben die Luft durchschnitten, zitterte ich, weil ich mir vorstellte, wie sie allein zurückblieb. Die Destille war nun mal kein Ort für eine Kranke. Zur Zeit des alten König Charles war das ein hübsches, gemauertes Gebäude gewesen, mit zwei Säulen vor der Tür und Glasscheiben in den bleigefassten Fenstern. Aber jetzt waren schon viele Jahre vergangen, seit Lady Maria hier ihre modischen Kräuterliköre destillierte. Einige der dümmlichen Dienerinnen mieden den dunklen Weg und behaupteten, sie hätten eine schmale, weiße Dame im Dämmerlicht umhergeistern gesehen. Ihr Unglück diente allen als Warnung, meinten sie, damit keiner sich in den Untiefen der Kräuterkunde verlor. Mr. Pars beschimpfte die Hohlköpfchen seinerseits als Hexen, denn er kam auch hier vorbei und nahm sich Kräuter, um seinen kranken Lungen Erleichterung zu verschaffen. Was mich betraf, so sah ich nie irgendwelche geisterhaften Schatten zwischen den dunklen Bäumen. Lady Marias letzte Ruhe wurde zwar nicht gestört, doch ich fragte mich trotzdem, ob die so verunglimpfte Dame sich in ihrem Grab umdrehte.
In der Destille schlich ich auf Zehenspitzen zwischen den Reihen aus Flaschen und Flakons entlang und schob mich an Truhen vorbei, deren Deckel mit Gewürzen überhäuft waren. Duckte mich unter den Kräuterbündeln, die zerstoben und ihren würzigen Staub verstreuten. Hier hatte Mrs. G mich damals ausgebildet. In diesem Königreich der Düfte und Aromen hatte sie mich unterwiesen. Jetzt schimmelte die Einrichtung auf den Fliesen vor sich hin. Die Luft stank sauer nach Moder.
Mich schmerzte die Vorstellung, meine liebe, alte Freundin schlafend auf dem Sofa vorzufinden. Ihr Atem ging rasselnd, und der graue Flaum ihrer Haare lugte unter der Haube hervor. Es ist schon grausam zu sehen, was ein Leben harter Arbeit einem einbringt: Ich hatte mit angesehen, wie ihre Knie, ihr Rücken und ihre Hände mit jedem Tag mehr nachließen.
Dann öffnete sie die Augen, und Freude blitzte darin auf. «Biddy, Liebes», seufzte sie.
Für eine Weile plauderten wir einfach nur über die Küche und die Ankunft Ihrer Ladyschaft. Dann machte ich den Versuch, sie auf die beste mir mögliche Art wieder aufzumuntern – indem ich ihren klugen Verstand herausforderte.
«Ich hab mich gefragt – hast du so was schon mal gemacht?» Ich legte die Veilchensüßigkeit in ihre geschwollenen Finger. Sie presste und drückte die Pastille, schnupperte daran. Schließlich knabberte sie sogar an der Kante und leckte sich die trockenen Lippen.
«Lady Maria hat viel Konfekt dieser Art gemacht. Lang ist’s her.»
«Aber was hilft uns das jetzt?», fragte ich. «Sie ist ja nicht da, um es uns zu zeigen.»
Meine Freundin schwieg, was schon merkwürdig war. Ich begegnete ihren Augen, und der Glanz in ihrem Blick war fiebrig.
«Ich hab was gefunden, Biddy. Aber erst musst du schwören, keinem davon zu erzählen.»
«Bei Gottes Blut.»
«Ist ein Buch», stieß sie hervor. «Ich hab eine Maus gesehen, die unter einem losen Ziegel auftauchte. Sonst hätt ich’s nie gefunden. Es war versteckt, Biddy. Von
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