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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)
Autoren: Martine Bailey
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Lady Maria höchstselbst.»
    Und da war es, hinter der Nackenrolle versteckt. Als sie es hervorzog, sah ich den Ledereinband, auf den folgende Worte gedruckt waren:
Das Schatzbuch der Köchin, das Haushaltsbuch der Lady Maria Grice, ein Geschenk ihrer Mutter Lady Margaret Grice und damit ein Schatz, der die ganze Kochkunst der edlen Familie Grice aus York enthält.
    Ich reckte den Hals, weil ich einen Blick ins Innere erhaschen wollte. Mrs. G blätterte darin. Es gab eng beschriebene Seiten, auf denen es um alle möglichen Früchte, Federvieh und Fisch ging. Alle Seiten waren in verschiedenen, langgezogenen Handschriften verfasst. Zu gerne wollte ich auch nach diesem wunderbaren Zufallsfund greifen. Es war ein Wunder.
    «Das Buch gehörte
ihr
», staunte ich. «Und das ist alles, was sie einst gemacht hat?»
    «Es ist sogar noch mehr», sagte sie. Ihre Augen funkelten. «Die Künste ihrer Mutter, der Haushälterin und die von Freundinnen. Ungefähr hundert Jahre weibliche Erfahrung, und alles ist so sorgfältig verfasst, als stünde es erst seit gestern dort.»
    «Und sie hat es versteckt. Natürlich musste sie es hier verbergen.» Ich streichelte den staubigen Einband. Noch immer verstand ich nicht so genau, was es war. Neben Lady Marias Rezepten entdeckte ich auch Heilmittel und
Medicin gegen verschiedene Leiden
, und zum Teil waren einfach verschiedene Dinge aus anderen Büchern abgeschrieben worden. Über die Kunst des eleganten Speisens entdeckte ich einiges, über das richtige Betragen als Edeldame, wie man einen Heiratsantrag zu bewerten habe und dergleichen mehr.
    «Du hast begonnen, deine eigenen Rezepte aufzuschreiben? Dann bist du wohl nicht mehr so krank?» Ich hatte nämlich die Schachtel mit den Notizen meiner alten Köchin entdeckt, die neben ihrer Bettstatt stand, und gestattete mir einen Funken Hoffnung. Wenn sie nicht so krank war, wäre ich auch nicht so eine schreckliche Verräterin.
    «Weil ich krank bin, schreibe ich alles auf.» Sie seufzte. «Wird Zeit, meine Arbeit hier zu bewahren. Du findest es nicht zu selbstverliebt, wenn ich meine eigenen Gedanken reinschreibe, oder? Eine einfache, alte Köchin wie ich?»
    Ich streichelte ihre pelzig-samtige Wange, die mit Leberflecken übersät war. «Es ist das Richtige, alles festzuhalten. Deine Rezepte mögen nicht die edelsten sein, doch sie sind das Beste, was ich je essen durfte. Aber gibt es auch Veilchenpastillen?»
    Behutsam leckte sie den Finger an und begann, die Seiten zu wenden. Die Rezepte waren völlig durcheinander, offenbar jeweils aufgeschrieben an dem Tag, an dem das Gericht in Lady Marias Leben aufgetaucht war.
    «Veilchen», drängte ich und half ihr, schneller zu blättern. «Guck, da haben wir’s», juchzte ich und las, was geschrieben stand. Ein altes Rezept, das Lady Maria eigenhändig notiert hatte. «Wie man Veilchen destilliert, haltbar macht, kandiert und … hier. Wie man Veilchenpastillen herstellt.»
    Mrs. G las mir die Liste der Zutaten vor, und wir fanden alles in den Regalen rings um uns vor. Was nun die Nachricht von meiner Hochzeit mit Jem betraf, so würde das warten müssen. Zuerst setzte ich Talglichter oben auf die Regale, bis der Raum wie eine Höhle im Feuerglanz erstrahlte. Dann entzündete ich ein Feuer unter einem Dreifuß, das schon bald so rot wie in des Teufels Schmiede loderte.
    Mrs. G hatte sich von dem Sofa hochgehievt und saß still mit dem Buch auf dem Schoß da. Mit dem Finger fuhr sie über die Zeilen und nickte langsam mit dem Kopf, auf dem ihre weiße Haube thronte.
    «Nimm zuerst ein Pfund vom Tragant und weiche die Gummimasse in Rosenwasser ein», begann sie. Ich fand ein Glas mit hartem Gummi und gab mir Mühe, es von Staub und Dreck zu befreien. Anschließend machte ich Zuckersirup und fügte Veilchenessenz hinzu, bis der Sirup eine tiefviolette Färbung annahm. Wir fanden beide, dass alles sehr gut aussah.
    «Du musst den Zuckersirup zum Kochen bringen», sagte sie.
    Schon bald warf der Zucker Blasen und löste sich von den Seiten der Pfanne. Die Verwandlung von Zucker war eine seltene Gabe, die nur Mrs. Garland beherrschte. In ihrer Schachtel mit Rezepten und Notizen gab es eine genaue Auflistung, wie man die sechs verschiedenen Arten von Zucker herstellte – von der Sirupherstellung bis zu den harten, geformten Karamellbonbons.
    «Doch jetzt würde ich all mein Wissen geben, wenn ich dafür nur ein einziges Stück Konfekt bekäme», sagte sie. «Heute hab ich in diesem Buch von
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