Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)
Manus Christi gelesen. Ein Konfekt wie die Hand Jesu, aus Zucker, Gold und Perlen. Man kennt für keine Krankheit ein besseres Heilmittel.» Aber dann erinnerte sie sich wieder an unsere Mischung und rief: «Versuch mal, ob es schon Fäden zieht.»
Ich hob einen Tropfen des violetten Sirups mit dem Daumennagel hoch. Als ich mit Zeigefinger daran zog, zerbrach der dünne Zuckerfaden.
Sie schlurfte heran und schaute mir über die Schulter. «Jetzt noch ein Vaterunser, bis es fertig ist.» Und so beteten wir gemeinsam, und nach dem gemeinsamen Amen versuchte ich es erneut. Diesmal ließ der Faden sich auf die volle Spanne zwischen Finger und Daumen dehnen, ohne zu reißen.
Rasch rührte ich die Gummimasse in den Sirup. Aber die Melange war zu hart. Also begann ich von vorne und fürchtete schon, der Tragant sei zu alt. Diesmal versuchte ich mein Glück mit Hirschhufleim, aber der wurde brüchig. Schließlich gab ich Zitronensaft hinzu und erhitzte die Mischung nicht ganz so sehr. Vielleicht lag es an der späten Stunde, vielleicht war das echte Konfekt auch wirklich besser. Aber die letzte Mischung würde reichen müssen.
Erst nachdem die Masse in die hölzernen Höhlungen wie winzige Reihen aus Veilchenknöpfchen gepresst war, sank ich aufs Sofa und streckte meine schmerzenden Beine aus.
«Du hast die Gabe, Biddy.» Meine alte Freundin lächelte. «Das beruhigt mich sehr, denn du wirst hier auf Mawton bleiben, wenn meine alten Knochen einst völlig versagen.»
Trotz des erkalteten Feuers stieg die Hitze in meine Wangen. «Sag das nicht. Du wirst schon bald wieder überall herumpoltern.»
Ihr Gesicht war so heiter wie der Mond. «Nächstes Jahr werde ich Mr. Pars bitten, dir besseren Lohn zu zahlen. Mit dir an meiner Seite kann ich noch ein Jahr bleiben.»
Ich konnte das nicht länger mit anhören. Morgen war Allerheiligen, und dann würden alle von meiner baldigen Hochzeit erfahren. Also erzählte ich ihr schließlich meine Neuigkeit. Dass ich Jem heiraten würde und deshalb nicht bleiben konnte.
Meiner lieben Freundin blieb der Mund offen stehen, und ihre blauen Augen blitzten unheilverkündend. Dann, nachdem ich geendet hatte, erwachte wieder der alte Küchentyrann in ihr. Sie hob das Kinn und nannte mich eine Närrin.
«Eine Närrin?», erwiderte ich. «Habe ich denn nicht das Recht», fügte ich mit plötzlich zittriger Stimme hinzu, «das von der Natur für eine Frau auserkorene Leben zu führen?»
Jetzt hatte sie wieder ihre ganze Kraft zurückerlangt. «Du hast von Gott gegebenes Talent! Wenn du jetzt Jem Burdett heiratest, wäre das der traurigste Abstieg, von dem ich jemals gehört hätte. Ihr wärt dann nichts, nur … ach, arme Kätner allenfalls. Kätner mit einer Brut jammernder Babys. Du wärst wieder dort, woher du einst gekommen bist.»
Das Schamgefühl ließ auch in mir die Wut erwachen. «Ein trauriger Abstieg?», spottete ich. «Tja, aber alle Mädchen wollen Jem haben. Hättest du selbst nicht auch gern geheiratet, wenn sich dir die Gelegenheit geboten hätte? Warum soll ich auf ewig allein bleiben? Warum soll ich mich mein Leben lang für einen undankbaren Herrn aufreiben? Wenigstens werde
ich
Kinder haben, die mich aufnehmen, wenn ich mich zu Tode gearbeitet habe.»
Sie musterte mich überrascht. Ihre Miene war so dunkel vor Röte, als hätte ich sie eigenhändig geohrfeigt. Beschämt vergrub ich das Gesicht in meine Hände und betete stumm, die Zeit ließe sich zurückdrehen, damit ich meine grausamen Worte hinunterschlucken könnte, ehe ich sie aussprach.
«Biddy.» Ihre Stimme war schneidend wie ein Messer. «Ich ertrage dich nicht länger hier.» Sie starrte an mir vorbei, als sei ich ein schrecklicher Anblick. Und mit einem Wedeln ihrer alten müden Arme scheuchte sie mich schließlich hinaus.
VI Das Blaue Gemach in Mawton Hall
An Allerheiligen, 1. November 1772
Biddy Leighs persönliche Aufzeichnungen
Ein Pflaumenkompott
Nimm ein Pint Pflaumen und koche sie, bis sie weich werden. Streiche sie durch ein Haarsieb, um sie von den Häuten zu befreien. Zu dem Kompott gibst du nun Orangenwasser und fünf Unzen feinsten Zucker. Sobald es abgekühlt ist, gib etwas Sahne darunter, bis die Masse geschmeidig ist. Dann hebe geschlagene Sahne unter, vermenge alles gut und gib es zu Tisch.
Dieses Rezept wurde mir, Martha Garland, von meiner Großmutter Anne Garland aus Tarvin überlassen, die es zuvor von ihrer Großmutter Haggitt erhalten hatte.
A m nächsten Morgen waren die
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