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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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Pastillen steinhart. Ich probierte eine und musste sie sofort wieder in die Hand spucken. Kein Zweifel, das hier waren nur erbärmlich armselige Kopien der Originalbonbons. Dennoch war ich entschlossen, sie persönlich zu liefern, denn für mich war es die größte Peinlichkeit, wenn man mich für einen Feigling hielt.
    «Name und Angelegenheit?», fragte eine fremde Stimme.
    In meiner Aufregung wäre ich fast an Lady Carinnas Lakai vorbeigestürmt. Ich fauchte meinen Namen und wünschte mir sehnlichst, die ganze unselige Sache möglichst rasch hinter mich zu bringen.
    «Dein Auftrag, Biddy Leigh?»
    Voller Ungeduld schüttelte ich den Kopf. «Ihre Ladyschaft trug mir auf, ihr Süßigkeiten zu machen. Gestern nämlich, als du verduftet bist.» Der Lakai schaute mich überrascht und fast ein bisschen ängstlich an.
    «Du hergekommen gestern?»
    Ich nickte. Er war ein hübscher Kerl, wenn man ihn aus der Nähe betrachtete. Ein schlanker junger Mann mit weicher Karamellhaut, einer platten Nase und den schlehenschwarzen Augen eines Chinesen.
    «Ich entschuldigen, Miss Biddy. Ich soll hier sein. Es erstes Mal …»
    «Ach, quäl dich nicht deswegen. Ich werd’s ihr nicht verraten.»
    «Du nicht erzählst?»
    «Natürlich nicht. Ich weiß ja nicht, wie ihr das in London macht, aber wir hier oben halten zusammen – gegen die da.» Ich nickte in die Richtung von Lady Carinnas Gemächern. Deutlich sah ich, wie er versuchte, die Bedeutung meiner Worte zu fassen. «Wir sind treu. Wie Freunde», erklärte ich ihm. «Das gilt für jeden.» Das hatte ich zumindest immer gedacht, bis ich gestern Mrs. Garlands Herz gebrochen hatte.
    Endlich verstand er, was ich sagen wollte. «Das sehr freundlich, Miss Biddy. Du gute Frau.»
    «Das weiß ich nicht. Eine törichte Närrin, das bin ich wohl eher. Schau dir das hier an.»
    Ich hielt den Teller mit dem Konfekt hoch und stöhnte. «Ich habe mir wirklich die größte Mühe gegeben, Ihrer Ladyschaft zu gefallen. Aber die hier sind wahrhaftig nicht, wie sie sein sollten. Nicht!», fuhr ich ihn an, weil er ein Stückchen probieren wollte. «Deine Zähne sehen nicht mehr so hübsch aus, wenn du sie dir daran ausgebissen hast.»
    Er lachte lauthals.
    «Ja, jetzt lachst du wohl. Du verlierst ja auch nicht den Lohn eines Vierteljahrs wegen dieses Konfekts.»
    «Nur weil die Bonbons Ihrer Ladyschaft zu hart?»
    Beschämt nickte ich.
    «Du einfach fortbleibst», sagte er freundlich. «Vielleicht sie vergessen?»
    «Das könnte ich niemals tun», protestierte ich. «Das sähe ja aus, als würde ich sie fürchten.»
    «Oder du vielleicht kluge Frau. Die Mistress alles will nur so. Ja, Sir.» Er schüttelte den Kopf. «Du zuhören», flüsterte er beschwörend. «Miss Jesmire holt viele solche Bonbons gestern Abend. Sie gibt ganzes Guineastück einer Lady aus Stadt Bath. Was du sagst, wenn ich gehe und eine Handvoll hole für dich? Niemand das sieht.»
    «Das würdest du tun?»
    Er strahlte mich an und nickte mit dem Kopf, auf dem eine weiße Perücke thronte.
    «Wie du sagst, wir Freund.»
    Er klopfte an die Tür zum Gemach Ihrer Ladyschaft, und ich hörte, wie er etwas davon erzählte, er müsse die Laken wechseln. Schon wenige Augenblicke später kam er mit einem Armvoll Leinenwäsche zurück, und darin verborgen war ein Dutzend runder, kleiner Juwelen aus Veilchen und Zucker. Ich stopfte die alten in meine Taschen und rückte die in Bath gekauften Schönheiten stattdessen auf dem Teller gerade. Ich hätte den Lakaien küssen können. Stattdessen fragte ich ihn nach seinem Namen und lächelte, weil er so gut passte.
    «Mr. Loveday, dich hat der Himmel geschickt. Ich verspreche, dir das eines Tages zurückzuzahlen.»
    Er beschwichtigte mich und führte mich ins Gemach.
    Heute herrschte in ihrer Kammer noch größere Unordnung. An den Wänden hingen überall Kleider in Rot, Grün, Gelb und Blau; ich kam mir vor wie bei einem Kurzwarenhändler, in dessen Laden ein Orkan gewütet hatte. Auf dem Boden lagen haufenweise Spitze, einzelne Schuhe und nicht zueinander passende Handschuhe. Der rattenhafte Hund jagte einer Feder mit gebrochenem Kiel nach. Lady Carinna hatte sich aus dem Bett erhoben und saß an einem Schreibtisch am anderen Ende des Raums, wo sie geschäftig mit der Feder auf Papier kratzte. Sie war jedoch nicht angezogen. Ein offener Morgenmantel aus Seide entblößte ihren weißen Busen. Die kupferfarbenen Haare schimmerten durch das Puder wie ein Stück Fleisch, das durch eine Panade

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