Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
Mom. Was nicht stimmte, aber das behielt ich für mich.
Wir breiteten die Picknickdecke im Gras neben der römischen Ruine aus, einem merkwürdigen Rechteck aus Mauerresten mitten auf einer Wiese in Indianapolis. Es war keine echte Ruine: Es war der romantische Nachbau einer römischen Ruine von vor achtzig Jahren, doch die falsche Ruine war seitdem so vernachlässigt worden, dass sie aus Versehen zu einer echten Ruine geworden war. Van Houten hätte die Ruine gefallen. Gus auch.
Also saßen wir im Schatten der Ruine und aßen unsere Sandwiches. »Brauchst du Sonnencreme?«, fragte Mom.
»Nein danke«, sagte ich.
Der Wind raschelte in den Blättern und trug das Geschrei der Kinder auf dem Spielplatz zu uns herüber; kleine Kinder, die gerade erst lernten, wie es war, lebendig zu sein, wie es war, sich in einer Welt zu bewegen, die nicht für sie geschaffen war, indem sie sich auf einem Spielplatz bewegten, der für sie geschaffen war. Dad bemerkte, dass ich zu den Kindern hinübersah, und fragte: »Fehlt es dir, so herumrennen zu können?«
»Manchmal schon.« Aber daran hatte ich nicht gedacht. Ich versuchte nur, alles um mich herum zu bemerken: das Licht auf der Ruinenruine, ein kleines Kind, das gerade laufen lernte und in der Ecke des Spielplatzes einen Stock entdeckte, meine unermüdliche Mutter, die mit Senf ein Zickzackmuster auf ihr Truthahnsandwich quetschte, mein Vater, der nach dem Palmtop in der Tasche tastete, doch der Versuchung widerstand, seine E-Mails zu checken, ein junger Mann, der einen Frisbee warf, und sein Hund, der immer wieder dem Frisbee hinterherrannte, ihn fing und zurückbrachte.
Wer bin ich, zu sagen, das alles würde nicht ewig existieren? Wer ist Peter Van Houten, zu behaupten, dass all unsere Mühen vergänglich sind? Alles, was ich vom Himmel wusste, und alles, was ich vom Tod wusste, war hier im Park: ein elegantes Universum in ständiger Bewegung, das von Ruinenruinen und schreienden Kindern wimmelte.
Mein Vater wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht. »Komm zurück, Hazel. Bist du noch da?«
»Tut mir leid. Ja, was ist?«
»Mom hat vorgeschlagen, dass wir bei Gus vorbeigehen?«
»Oh. Ja«, sagte ich.
Also machten wir uns nach dem Picknick auf den Weg zum Crown-Hill-Friedhof, der letzten und endgültigen Ruhestätte von drei Vizepräsidenten, einem Präsidenten und Augustus Waters. Wir fuhren den Hügel hinauf und parkten. Hinter uns strömte der Verkehr über die 38th Street. Seinen Grabstein zu finden war einfach: Er war der neueste.
Es war ein kniehohes Stück Marmor mit seinem Namen, seinem Geburtstag und Todestag, und darunter die Worte: »Geliebter Sohn, Bruder und Freund.«
Ich hatte nicht das Gefühl, er sei dort oder so was, aber ich nahm trotzdem eine von Mamas albernen kleinen französischen Flaggen und steckte sie in die Erde vor dem Grabstein. Vielleicht würden Vorübergehende denken, er war Mitglied der französischen Fremdenlegion oder sonst ein heldenhafter Söldner.
Kurz nach 18:00 Uhr, als ich auf der Couch lag und gleichzeitig fernsah und mir Videos auf dem Laptop anschaute, schrieb Lidewij endlich zurück. Ich sah sofort, dass ihre E-Mail vier Anhänge hatte, und ich hätte sie am liebsten zuerst geöffnet, doch ich widerstand der Versuchung und las ihre E-Mail.
Liebe Hazel,
Peter war sehr betrunken, als wir heute Morgen bei ihm waren, aber das hat uns die Sache sogar erleichtert. Bas (mein Freund) lenkte ihn ab, während ich den Müllsack durchsuchte, in dem Peter seine Fanpost aufbewahrt. Ich hatte den Brief schnell gefunden, weil er fast oben lag. Ich öffnete ihn und sah, dass er an Peter adressiert war, also gab ich ihn ihm zum Lesen.
Er weigerte sich.
Ich wurde sehr wütend, Hazel, aber ich schrie ihn nicht an. Stattdessen sagte ich ihm, dass er es seiner toten Tochter schuldete, den Brief eines toten Jungen zu lesen, und ich gab ihm den Brief, und er las ihn bis zu Ende durch und sagte – ich zitiere wörtlich –: »Schick ihn dem Mädchen und sag ihr, ich habe dem nichts hinzuzufügen.«
Ich habe den Brief nicht gelesen, auch wenn mir beim Scannen einzelne Sätze ins Auge gefallen sind. Ich habe die Scans der Seiten hier als Anhang angefügt, und die Seiten schicke ich per Post zu Dir nach Hause; die Adresse ist noch dieselbe?
Möge Gott Dich segnen und bei Dir sein, Hazel.
Deine Freundin
Lidewij Vliegenthart
Ich klickte auf die vier Anhänge. Seine Handschrift war unordentlich und ging quer über die Seite, die
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