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Das Schiff - Roman

Das Schiff - Roman

Titel: Das Schiff - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Fast alle hören mir aufmerksam zu, als wüssten sie noch nicht, was ich weiß. Als verriete ich ihnen interessante, nützliche Dinge. Ich male mir aus, wie ich den Kopf drehe und dabei merke, dass einige dieser Jugendlichen, sogar viele von ihnen weiblichen Geschlechts sind. Diese Kleine – sie war auch eine Jugendliche weiblichen Geschlechts.
    Ein Mädchen . So nennt man ein Kind oder eine Jugendliche weiblichen Geschlechts.
    Du bist Lehrer, Blödmann. Bei Lehrern ist es völlig normal, dass sie mit Kindern reden.

    »Gibt es überhaupt noch Kinder?«, frage ich laut. Kinder ist der Plural von Kind .
    Zeit zu schlafen. Vielleicht wird mich das Monster fressen. Oder aber ich schlafe vor den Augen aller Kinder ein, dann werden sie mich deswegen auslachen. Und das kleine Mädchen mit dem Lockenkopf wird in der ersten Reihe sitzen und am lautesten lachen.

Erwachen
    M ein Körper braucht eine Weile, bis er sich dazu durchringt, aus dem gemütlichen Schlupfloch aufzutauchen. Der Fußboden und die Wände sind angenehm warm. So warm, dass ich auf dem harten Boden in Tiefschlaf gefallen bin. Und jetzt spüre ich die steifen Knochen. Am liebsten würde ich die Augen gar nicht aufmachen. Wenn ich schlafe, tut mir der Körper nicht so weh.
    Ringsum ist es heller geworden, wie ich gleich darauf merke. Die Wand, die mich vom Rest des Korridors abgeschottet hat, ist nach oben geglitten. Als ich den unscharfen Schatten entdecke, den mein Kopf wirft, spannt sich mein Körper sofort an und schlägt Alarm. Ich rappele mich auf Hände und Knie hoch und sondiere die Umgebung. Das Licht ist so grell, dass ich die Augen zusammenkneifen muss, aber nirgendwo entdecke ich irgendetwas, das auf mich lauert. Und es ist auch kein Laut zu hören, nur mein eigenes schweres, ängstliches Atmen.
    Einen Moment lang halte ich den Atem an. Stille. Aber keine absolute Stille. Es ist ein leichtes Surren zu hören, eher ein Vibrieren des Fußbodens als ein Geräusch, das durch die Luft übertragen wird.

    Ich stehe auf. Mache einen Schritt nach vorn. Einen weiteren. Gehe ein paar Meter, um durch die Luke zu steigen, zögere kurz. Schließlich könnte sie sich wieder schließen und mich dabei zermalmen. Aber nichts passiert. Die Ränder der Deckplatte sind oben eingerastet, glatt und fest, hängen nicht durch.
    Aber deren bräunliche Oberfläche wirkt leicht verschmiert. Von Blut. Ein paar Tropfen dunkelrotes Blut kleben daran. Trotzdem steige ich durch die Luke.
    Das Blut ist alles, was von der Kleinen übrig geblieben ist. Was für ein Mensch mag sie gewesen sein? Auch Lehrer wissen nicht auf jede Frage eine Antwort, liebe Kinder. Monster lauern angeblich in der Dunkelheit, aber hier warten sie im Hellen auf ihre Opfer. Zumindest dieses eine Monster, das sich die Kleine einverleibt hat. Und trotzdem zieht es mich ins Licht. Ich lasse die Dunkelheit hinter mir und gehe auf das Licht zu, denn was soll ich sonst tun? Ich bin auf mich selbst gestellt, folglich muss ich mich an die Eingaben der eigenen Intuition halten. Jetzt fängt meine Reise erst an.
    Aber irgendjemand hat die Luke geöffnet, will mir helfen.
    Du bist auf einem Schiff, so weit reicht deine Erinnerung doch noch, oder?
    Nein, eigentlich nicht, aber immerhin ist es eine gute Hypothese, denn sie passt zu den Eindrücken, die mir aus der Traumzeit geblieben sind. Aber was ist das für ein Schiff, verdammt nochmal? Wunderbar – ein neuer Fluch. Offenbar ist es ein großes Schiff, denn ich bin ja schon eine ganze Weile darin herumspaziert. Einige
Regionen sind kalt, andere wärmer. Manche sind hell, manche dunkel. Ein Schiff, das eigentlich gern weiterschlafen würde, aber keine Ruhe findet, sich ständig verändern muss, um nicht zu erstarren.
    Meine Güte! Ganz schön viel Inhalt für einen einzigen Gedanken! Das Schiff ist eine Metapher . Das klingt jetzt wirklich nach Lehrer, und das ist mir peinlich; ich komme mir wirklich dämlich dabei vor.
    Jetzt weitet sich der Korridor, die Decke weicht nach oben, und die Winkel verschwinden. Hier geht der Korridor in eine breitere Röhre über. Während ich mich auf den Boden kauere, halte ich ein Auge auf das Unbekannte, das vor mir liegt, und erkenne viele winzige Lampen, die wie zufällig, aber gleichmäßig über Wände und Decke verteilt sind. Daher also stammt das Licht, vielleicht auch die Wärme.
    Diese Lämpchen nennt man Glühlampen .
    Beim Laufen ist mir die ganze Zeit über leicht übel und schwindelig gewesen. Hätte ich noch

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