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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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kann.«
    »Auch wenn eine Macht betrügt und Versprechungen gibt«, wandte ich ein, »nimmt sie nicht die Fähigkeit zum Denken!«
    »Die Mehrheit der Menschen hat niemals von dieser Fähigkeit Gebrauch gemacht«, meinte Oma Ada. »Und diejenigen, die wie auch immer denken können, sie waren und sind die Macht.«
    »Immer, wenn ein Machtwechsel nötig war, erfolgte er auch«, argumentierte ich. »Eine ewige Macht wäre das Ende der Menschheit.«
    »Es gibt keine ewige Macht, mein Junge«, erwiderte Oma Ada. »Ja, die Föderation des Inej wird lange herrschen, aber auch sie wird abtreten müssen.«
    »Die Präsidentin Inna Snow wird niemals jemandem die Macht überlassen«, sagte ich. »Sie hat sich geklont, die Macht wird von einem Klon zum anderen übergehen!«
    »Ihre Klone sind selbständige Persönlichkeiten«, antwortete Oma Ada. »Wenn auch der Unterschied zwischen ihnen nicht groß ist, so wird er doch wachsen und die Menschheit wird einen neuen Weg beschreiten.«
    »Ist es etwa ehrlich, wenn ein einziger Mensch die Macht immer wieder an sich selbst weitergibt?«, gab ich zu bedenken. »Dagegen hat jeder Bürger die Chance, mag sie auch noch so winzig sein, der neue Imperator zu werden!«
    »Die Chance, ein Klon der Präsidentin zu sein, hat auch jeder Bürger«, meinte Oma Ada. »In der ganzen Galaxie leben Männer und Frauen, Jungen und Mädchen mit ihrem genetischen Material.«
    An mir zog ein nebelhaftes Gaukelbild vorbei. Ich fragte leise: »Wie geht das?«
    »Es betrifft nicht die Klone. Nicht nur die Klone, obwohl mit ihnen alles begann. Vor langer Zeit lebte ein Mensch, der sich vornahm, die Welt zu verändern. Sie besser und sauberer zu machen. Er klonte sich... aber nicht als Mann, sondern als Frau. Du kennst dich doch ein wenig in Genetik aus, mein Junge?«
    Ich nickte. Ja, ich wusste, dass Männer sich weibliche Klone schaffen konnten, aber umgedreht war es nicht möglich. Alles wegen des Y-Chromosoms, das bei den Frauen fehlt.
    »Einen Klon zu erschaffen ist nicht besonders schwer«, fuhr Oma Ada fort. »Ihn beschleunigt zu einem erwachsenen Wesen zu entwickeln – auch nicht. Schon schwieriger ist es, das eigene Bewusstsein in ein fremdes Gehirn zu übertragen und dabei die geistige Gesundheit zu erhalten. Ihm gelang es. Vielleicht hatte er einfach nur Glück. Vielleicht war auch der Mensch, der sich diese Aufgabe stellte, nicht ganz beieinander.«
    Sie lächelte.
    »Er selbst, die Matrize, wie die Genetiker sagen, und sein weiblicher Klon wollten nur das Eine: die Menschheit glücklicher machen. Auf ewig Krieg, Krankheit, Armut und Ungerechtigkeit abschaffen. Die Menschen vor den Fremden absichern. Und für die Verwirklichung dieses Plans brauchten sie Macht... die höchste Macht. Verstehst du?«
    »Ja.«
    »Aber dabei trennten sich ihre Wege. Die Matrize... der Mann... wollte leise und unauffällig die Macht ausüben. Auf die Entwicklung der Welt einwirken, ohne sich mit der Bürde der höchsten Macht zu belasten. Die Frau entschied sich dafür, das politische System der Menschheit zu verändern. Und so trennten sich ihre Wege. Ihnen war klar, dass sie anderenfalls gegeneinander um die Macht kämpfen müssten. Sie blieben Freunde, verabschiedeten sich voneinander und trennten sich für immer. Und gaben sich das Versprechen, zu siegen. Der Mann führte seine stille und unauffällige Arbeit weiter, er erforschte das menschliche Genom, um die Welt von innen heraus zu verändern, die Hülle des Imperiums zu erhalten, sie aber mit einer neuen Menschheit zu füllen. Die Frau ging anders an die Sache heran. Das war vor langer Zeit, etwa vor einem halben Jahrhundert. Die Menschheit verbreitete sich zusehends im ganzen Weltraum. Es wurden Menschen gebraucht. Und die Frau wurde eine Spenderin.«
    Oma Ada fing an zu lachen.
    »Ich verstehe«, nahm ich ihren Gedankengang auf. »Ich hatte schon Genetik. Ich weiß, dass man oft Kinder im Geschäft kauft, das künftige Kind wird dort aus einer Kartothek ausgesucht.«
    »Genau. Die Frau hatte zweitausend Kinder in der gesamten Galaxie. Alle zu verschiedenen Zeiten, die letzten noch vor zehn Jahren. Und obwohl das nicht erlaubt war, hatte sie es ermöglicht, das Schicksal eines jeden Klons zu verfolgen.«
    »Eines Klons?«
    »Ja. Die Mädchen waren ihre identischen Klone, die Jungen die ihrer Matrize. Sie wuchsen heran... und erhielten zu einem bestimmten Zeitpunkt das vollständige Gedächtnis ihrer Ahnin. Natürlich nicht alle... nur diejenigen, die bereits

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