Das Schlangenschwert
die ersten Stufen zur Macht erklommen hatten. Diejenigen, die mit der Verschmelzung des Bewusstseins und der Übernahme der Erfahrung ihrer Matrize einverstanden waren. Und eine dieser Frauen, Inna Snow, fand heraus, wie man das Bewusstsein über die Neuroshunts beeinflussen und dadurch nach und nach richtiges Verhalten programmieren konnte.«
»Also ist Inna Snow gar nicht die Matrize«, flüsterte ich. »Was sind wir nur für Idioten...«
»Nein, sie ist nicht die Matrize. Sie regiert wirklich, aber die strategischen Entscheidungen werden von den Klonen gemeinsam getroffen. Wenn Inna Snow stirbt, wird einer der Klone, der ihr in Alter, Temperament und Fähigkeiten ähnelt, ihren Platz einnehmen. Also ist die Präsidentin Inna Snow wirklich unsterblich... so gut wie unsterblich.«
»Dann ist ja klar, warum sie einen Schleier trägt«, sagte ich. »Sie würde so viele Zwillinge haben, dass sich die Leute Gedanken darüber machen würden!«
»Sicher. Die Geheimdienste des Imperators würden sich sofort mit den Klonen befassen, die auf den Planeten des Imperiums leben. Es sind nicht mehr allzu viele, die Mehrheit ahnt nichts davon, aber trotzdem... warum sollte man dem Feind zusätzliche Trümpfe in die Hand geben?«
»Inna Snow...«, sprach ich vor mich hin. »Inna Snow... Alla Neige?«
Oma Ada lächelte:
»Kluges Kerlchen. Die Namen aller weiblichen Klone entsprechen einem gemeinsamen Prinzip – meistens vier Buchstaben, in der Mitte zwei Konsonanten, manchmal auch nur einer. Inna, Inga, Anna, Ada... Die Familiennamen sind auf diese oder jene Weise mit ›Schnee‹ verbunden: Moros, Winter, Snjeg, Eis, Froid – in allen Sprachen der Welt.«
»Elli«, sagte ich. »Sie gehört zu den allerletzten, stimmt’s?«
»Stimmt.« Die Alte nickte. »Elli Cold.«
»Und wie heißen Sie?«, wollte ich wissen. »Ada Eis?«
»Schnee«, antwortete Oma Ada. »Als ich geboren und mir meiner selbst bewusst wurde... und das war ziemlich eigenartig, sich auf einmal in einem fremden Körper wiederzufinden... in einem Frauenkörper... hatte es draußen mächtig geschneit. Eduard nahm mich an die Hand und führte mich aus dem Labor. Wir tranken im Schneegestöber Wodka, starken russischen Wodka, tanzten, hielten uns an den Händen und lachten beim Gedanken an unsere Verrücktheit.«
»Verrücktheit?«, wiederholte ich. Und stellte mir vor, wie Mann und Frau, die in Wirklichkeit ein und dasselbe sind, im Schnee tanzen.
Wie furchtbar.
»Wie soll man es sonst nennen? Natürlich ist das verrückt. Ich wählte den Namen Ada, der gut zum Namen meiner Matrize passte. Den Familiennamen – Garlitzki – beschloss ich zu ändern. Ada Eis klang zu aggressiv. Ich suchte mir Schnee aus.«
»Ich werde Sie töten«, rief ich. Ich streckte meine Hand aus und spürte, dass die Schlange im Ärmel schon seit langem zum Angriff bereit war. »Ich bringe Sie um, Ada Schnee!«
Die Alte lächelte. »Mir hat es entschieden besser gefallen, als du mich Oma Ada genannt hast!«
»Das werden Sie überstehen. Sie sind nicht meine Oma«, flüsterte ich.
»Natürlich bin ich nicht deine Oma. Ich bin deine Matrize, Tikkirej Frost.«
Kapitel 5
Ich hatte nie darüber nachgedacht, warum ich einen anderen Familiennamen als meine Eltern trug. Auch nicht, als ich mit Mama in der »Kinderwelt« gewesen war und wir die Kartothek durchgeblättert hatten, um mir ein zukünftiges Geschwisterchen auszusuchen, für den Fall, dass die Eltern reich würden. Alle Kinder in der Kartothek hatten bereits Vorund Familiennamen, es war üblich, dass diese von den biologischen Eltern gegeben wurden. Deshalb war es nicht schwer, dahinterzukommen... Aber ich hatte niemals derartige Gedanken gehegt. Vielleicht deshalb, weil fast alle meine Klassenkameraden von ihren Eltern im Geschäft gekauft worden waren, da die Ärzte nicht empfahlen, sich auf Karijer natürliche Kinder anzuschaffen.
Mich hat das eigentlich nie interessiert.
Aber ein Klon von Ada Schnee wollte ich nicht sein.
»Das ist nicht wahr«, sagte ich. »Sie lügen.«
»Na ja, ich bin nicht ganz deine Matrize, Freundchen. Eher sind wir Klon-Bruder und Klon-Schwester, da du ein Klon von Eduard Garlitzki, meiner Matrize, bist. Einer seiner letzten Klone.«
»Das ist nicht wahr«, wiederholte ich. Und ich spürte, wie mir die Tränen in die Augen stiegen.
Ich hatte keinen Bruder bekommen. Und keine Schwester. Die Eltern schafften es nicht, reich zu werden. Dabei hatten wir uns schon für ein Mädchen entschieden
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