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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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nach.
    »Sagen Sie ihm, dass ich jetzt vor jedem neuen Planeten einen Immunmodulator einnehme und keine Angst vor der Beulenpest habe.«
    Oma Ada lächelte.
    »Gut. Geh nirgendwohin, Tikkirej! Hierher kommt niemand, ich blockiere die Tür, manchmal schaut jemand in die Lagerhalle... Musst du noch einmal auf die Toilette?«
    »Nein«, antwortete ich und wurde rot.
    »Dann warte. Trink Tee, iss Plätzchen... hausgemachte, ich habe sie selbst gebacken. Oje, was habt ihr Phagen euch nur dabei gedacht? Zieht kleine Kinder in eure Kriege hinein, versteckt sie in Koffern, gebt ihnen Waffen in die Hände... das ist nicht mehr human... ganz und gar nicht human...«
    Sie schüttelte den Kopf, ging hinaus und das Türschloss klickte kurz.
    Oma Ada war kaum verschwunden, als ich aufsprang und das Zimmer in Augenschein nahm.
    Hatte ich richtig gehandelt, ihr alles zu gestehen? Vor allem, Stasj zu hintergehen? Aber was hätte ich denn anderes tun können, um Natascha zu retten? Und was machte es schon aus, redete ich mir zu, ob sich hinter dem Namen »Mister Smith« ein Phag verbarg oder nicht? Es war so und so klar, wer uns geholfen hatte, sich in den Koffern zu verstecken...
    Nicht zu ändern, das war nachvollziehbar. Aber wenn mich die Alte nun verriet? Vielleicht sollte ich besser fliehen? Das Schlangenschwert öffnet das Schloss in zwei Arbeitsgängen.
    Aber wohin fliehen? Dieses Mütterchen war nicht hirnamputiert, darin hatte ich Glück, aber die meisten Leute in der Umgebung waren ergebene Diener von Inna Snow.
    Wenn Oma Ada Alarm schlägt, fangen sie mich auf alle Fälle. Und wenn sie keinen Alarm schlägt, brauche ich nicht zu fliehen, überlegte ich fieberhaft.
    Ich musste sogar lachen, als mir klar wurde, dass von mir gar nichts mehr abhing. Überhaupt nichts! Was waren die Phagen bloß für Dummköpfe! Wie waren sie nur darauf gekommen, dass Lion und ich ihnen nützlich sein könnten? Wertvolle Informationen hatten sie nicht erhalten, die Aktion war aufgeflogen und Stasj unsertwegen ein Risiko eingegangen...
    Ich ging zum Tisch zurück und schüttelte den Teekessel. Er war fast voll. In einem winzigen Handwaschbecken spülte ich die einzige Tasse aus und goss mir Tee ein. Ich kostete die Plätzchen – sie schmeckten wirklich gut.
    Die letzten Worte Oma Adas gingen mir nicht aus dem Kopf. »Was habt ihr Phagen euch nur dabei gedacht?«
    Phagen waren keine Dummköpfe.
    Phagen waren alles Mögliche, nur keine Dummköpfe.
    Wenn sie Lion und mich nach Neu-Kuweit geschickt hatten, bedeutet das, dass es notwendig war.
    Aber warum?
    Und auf einmal stieg in meiner Seele eine dumpfe, widerwärtige Wehmut auf. Ich versuchte sie zu vertreiben, an etwas Schönes zu denken, aber in meinem Kopf kreiste ein und derselbe Gedanke.
    Phagen waren keine Dummköpfe. Wir wurden eben deshalb geschickt, damit uns die Spionageabwehr des Inej fand.
    Ich trank den Tee aus, ohne ihn zu schmecken. Schenkte mir nochmals ein. Wie lange dauerte das denn nur, wo blieb Oma Ada? Sie musste doch lediglich zum zuständigen Terminal gehen, mit der Jacht Richtung Inej Verbindung aufnehmen und um ein Gespräch mit Mister Smith ersuchen...
    Warum nur hatten uns die Phagen als Lockvögel benutzt? Es ergab doch keinen Sinn, überhaupt keinen! Viel Aufwand und wenig Nutzen – die Landung organisiert, wertvolle Ausrüstung verschwendet. Allein die Eiskapsel kostete ein Vermögen!
    Ich verstand es einfach nicht. Ich war eben wirklich noch ein kleiner, dummer Junge. Das waren alles Erwachsene – Imperium und Inej, Phagen und Agenten der Spionageabwehr –, die ihre Erwachsenenspiele spielten. Und ich war dort hineingeraten, weil Stasj ein guter Mensch war, genau deswegen.
    Und sofort erhob sich das dünne, widerliche Stimmchen in der Seele und flüsterte mir zu: »Bist du dir sicher, dass Stasj ein guter Mensch ist?«
    Er selbst hatte mir ja erklärt, dass unsere Zivilisation sehr pragmatisch und grausam sei. Natürlich sagte er, dass das nicht in Ordnung wäre, aber vielleicht dachte er in Wirklichkeit ganz anders? Vielleicht hatte ich damals Recht und er nahm mich von Neu-Kuweit nur als Versuchskaninchen mit?
    Was so alles durch ein paar unvorsichtig geäußerte Worte bewirkt werden konnte! Ich begann an meinem einzigen Freund, meinem einzigen erwachsenen Freund zu zweifeln!
    Vor lauter Zorn schlug ich mit der Faust dermaßen stark auf den Tisch, dass ich beinahe den Tee verschüttet hätte. Zur Ablenkung schaltete ich den Computer an und versuchte mich ins

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