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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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harte, kalte Welle traf mich in den Rücken.
    Fühlt es sich etwa so an, wenn man stirbt?
    Die Beine knickten ein, die Arme wurden kraftlos, sogar das Atmen fiel schwer. Aber ich lief weiter, die Schlange zog meinen Körper, zwang die Beine weiterzuschreiten – unter immer neuen Schlägen der Paralysatoren.
    Ich lief, bis die lähmenden Strahlen meine Nerven dermaßen blockierten, dass auch die Schlange nicht mehr in der Lage war, meine Muskeln zu zwingen, sich zu bewegen. Der Boden kam auf mein Gesicht zu, vor meinen Augen sah ich Blut, das aus meiner zerschlagenen Nase lief, aber ich spürte keinen Schmerz. Fremde starke Hände drehten mich um, durchsuchten mich, rissen mir die Kleidung vom Leib, und einige Gestalten mit Schutzfeldpanzerung rissen mir das Schwert weg, als ob sie eine giftige Schlange gefangen hätten.
    Von weit her, wie durch eine dicke Decke, vernahm ich die Stimme Oma Adas: »Bringt den Jungen ins Lazarett! Ihr haftet mit eurem Kopf für ihn!«
    Aber nach kurzer Zeit, als sie selbst ins Lazarett gebracht wurde, schlugen sie auf mich ein.
    Gut, dass es überhaupt nicht wehtat. An das Lazarett konnte ich mich so gut wie nicht erinnern. Ich hatte den Eindruck, dass es weder die Krankenstation auf dem Kosmodrom noch ein städtisches Krankenhaus war, sondern ein Kriegslazarett auf einem Raumschiff, das im Hafen stationiert war. Dort hatte man entschieden mehr Erfahrung bei der Behandlung Gelähmter – bei Manövern wurden an Stelle echter Blaster stets Paralysatoren verwendet wie auch beim Entern im Kosmos, um die Schutzschicht nicht zu beschädigen.
    Als erste neblige Erinnerung spürte ich, wie es in meinem ganzen Körper kribbelte.
    Als ob ich in kaltes Wasser gesprungen wäre. Nicht schmerzhaft, eher angenehm.
    Danach konnte ich die Augen öffnen. Ich erblickte einige Personen in hellgrünen Kitteln. An meinem Arm war ein Tropf angelegt, über den Körper strichen irgendwelche summenden Geräte. An den Stellen, über die sie geführt wurden, verschwand das Taubheitsgefühl.
    »Lieg ruhig«, befahl man mir. Nicht gerade grob, aber ohne jegliches Mitgefühl.
    Ich schloss die Augen und lag ruhig.
    Ich hatte es nicht geschafft. Ich konnte Ada Schnee nicht töten. Stasj war verhaftet oder gefallen. Inej würde weiter gegen das Imperium kämpfen und wahrscheinlich gewinnen.
    Vielleicht sollte es so sein?
    Vielleicht hatte Ada Schnee Recht und die Föderation des Inej würde besser als das alte Imperium?
    Ich bemühte mich, nicht daran zu denken.
    Dann musste ich aufstehen, ich konnte mich wieder selbständig bewegen. Ich bekam Kleidung, einen etwas zu großen Schlafanzug und Hausschuhe und wurde durch Korridore geführt. Danach fehlte ein Stück Gedächtnis, vielleicht wurde ich unter dem Einfluss von Wahrheitsdrogen verhört, vielleicht war ich auch einfach nur in Ohnmacht gefallen.
    Die neue Erinnerung kam unerwartet, ähnelte eher einem Traum als der Wirklichkeit: ein kleines Zimmerchen mit Doppelstockbetten, Stasj, Lion und Natascha. Ich wurde ins Bett gelegt und war eingeschlafen, kaum dass mein Gesicht das Kopfkissen berührte.
    Ich erwachte durch eine gedämpfte Unterhaltung.
    Stasj sprach, und zwar mit seiner normalen Stimme: »Realistisch gesehen hatte ich keine Chance. Die Gegenspionage war daran interessiert, die Handlungen zu beobachten, aber ihnen war klar, dass es zu riskant war, uns in den Kosmos fliegen zu lassen. Ehrlich gesagt, hatte ich lediglich darauf gesetzt, dass das Raumschiff startbereit war.«
    »Und man konnte es nicht von Hand starten?«, fragte Lion.
    »Es lag nicht am blockierten Computer. Wenn ich es richtig verstehe, wurde der Reaktor abgeschaltet. Daher fehlten dem Raumschiff augenblicklich Geschwindigkeit, Feuerkraft und die Möglichkeit der Selbstvernichtung.«
    »Aber das hast du doch nicht vorab gewusst?«, fragte Lion.
    »Nein, das wusste ich nicht. Sonst hätte ich den Navigationsraum gar nicht erst erobert. Niemand braucht überflüssige Opfer.«
    »Aber du hast ihnen Feuer unter dem Hintern gemacht«, wurde Stasj von Lion gelobt. »Sie wissen jetzt, was ein Phag ist.«
    Stasj lachte: »Das wissen sie auch so. Aber es gibt immer Grenzen, hinter denen Widerstand dumm und unnötig wird. Sieh lieber nach, wie es Tikkirej geht. Sein Atemrhythmus hat sich verändert.«
    »Ich schlafe nicht«, sagte ich und setzte mich im Bett auf.
    Es war doch eine Gefängniszelle. Sehr sauber, akkurat, fast gemütlich. Aber eine Zelle. Mit drei Doppelstockbetten, einem am Fußboden

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