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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Träume...«
    Lion begann zu lachen: »Aber nein, Sie haben mich missverstanden! Ich habe davon geträumt...«, er stockte kurz, »also, zum Beispiel, dass ich ein Held bin. Können Sie sich das vorstellen? Ein echter Held, ein Retter des ganzen Weltalls. Dass ich mit irgendwelchen Bösewichten kämpfe, auf der Straße laufe, einer langen dunklen, die Häuser sind halb zerstört und überall wird geschossen. Und ich schieße zurück und habe überhaupt keine Angst, im Gegenteil. Als ob das ein Spiel wäre... Nein, ein Spiel – das ist nicht ernst zu nehmen. Aber im Traum war alles äußerst wichtig!«
    »Aha...«, staunte Stasj, »ach so...«
    »Außerdem habe ich noch geträumt, dass ich in einer Fabrik arbeite«, fuhr Lion fort. »Wir haben dort irgendetwas gebaut. Im Traum habe ich alles verstanden, und jetzt – schon nicht mehr. Wir haben dort lange gearbeitet.«
    »Wir?«
    »Ich und noch andere Leute.« Lion zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, Tikkirej war auch dort. Und noch unsere Kumpel von der Raumstation. Gute Freunde. Wir haben irgendetwas gebaut...« Er dachte wieder nach. »Ich war Ingenieur... oder Techniker, ich erinnere mich nicht mehr. Oder beides.«
    Stasj schwieg.
    Lion aber kam in Fahrt und fuhr mit seiner Erzählung fort. »Und außerdem habe ich geträumt, dass ich erwachsen bin.«
    »In den vorhergehenden Träumen warst du ein Kind?«, fragte Stasj schnell.
    »Nein. Ich erinnere mich nicht. Es kann sein, dass ich auch erwachsen war. Ich weiß es nicht. Aber jetzt war ich wirklich erwachsen. Ich hatte eine Frau und fünf Kinder.«
    Ich kicherte. Aus unerfindlichen Gründen fand ich das sehr unterhaltsam.
    »Tja, das war lustig«, stimmte Lion zu. »Ich hatte eine Frau und erörterte mit ihr, wie der Haushalt zu führen sei und wohin wir in den Urlaub fahren würden. Und den Kindern half ich bei den Hausaufgaben und spielte mit ihnen Baseball. Und die Tochter...«, er zog die Stirn in Falten, »nein, ich kann mich nicht an ihren Namen erinnern, heiratete. Sie hatte auch viele Kinder. Und meine anderen Kinder auch. Und danach... Danach... Danach wurde ich alt und starb. Alle kamen zu meiner Beerdigung und sprachen darüber, was ich doch für ein bemerkenswerter Mensch gewesen wäre und was ich für ein gutes Leben gelebt hätte.«
    »DU BIST IM TRAUM GESTORBEN?«, fragte Stasj und hob jedes einzelne Wort hervor.
    »Ja.«
    »Du bist gestorben und warst tot?«
    »Na klar, ich erinnere mich sogar an die Beerdigung!«, erwiderte Lion erstaunt.
    »Hattest du Angst?«
    »Nein... Überhaupt nicht. Ich habe doch verstanden, dass es nur ein Traum war!«
    »Die ganze Zeit über?«
    »Ja. Die ganze Zeit über. Ich habe sogar einiges mitbekommen, was um mich herum passierte. Wie ihr mich hochgenommen und in eine Decke eingewickelt und getragen habt. Wie wir durch die Stadt gefahren sind; dort waren in den Fenstern Bildschirme und auf ihnen feierten die Leute... Und danach wurde ich an einen Computer angeschlossen und die Träume hörten auf.«
    »Alle Träume verliefen so schnell? Bis zum Zeitpunkt deines Onlineanschlusses im Raumschiff?«
    »Ja.«
    »Dann ist es nicht verwunderlich, dass dein Gehirn dermaßen intensiv gearbeitet hatte. Lion, verstehst du, dass es sich hierbei um die Einwirkung einer psychotropen Waffe gehandelt hat?«
    »Das ist logisch«, stimmte Lion zu, »aber mit welchem Ziel? Mir ist doch nichts geschehen!«
    »Was passierte danach?«, fragte Stasj.
    »Danach gab es keine Träume mehr«, teilte Lion mit. »Alles begann dunkel zu werden... und verschwand. Dann öffnete ich die Augen und Sie sprachen mit mir. Ich war in einem Raumschiff. Sie fragten allerlei Dinge, und ich antwortete und mir war langweilig. Sehr langweilig.«
    »Wie viele Jahre hast du in deinen Träumen gelebt, Junge?«, wollte Stasj wissen.
    »Ungefähr siebzehn Jahre«, antwortete Lion ruhig. »Zuerst habe ich gekämpft, das dauerte ungefähr fünf Jahre. Dann, als ich in der Fabrik gearbeitet habe, vergingen bestimmt noch einmal fünf Jahre. Dann habe ich wieder gekämpft, etwa fünf Jahre. Und danach lebte ich ein normales Leben.«
    »Und an dein ganzes Leben erinnerst du dich?«
    »Naja. Fast. Nicht genau, aber ich erinnere mich.«
    Stasj nickte. Er streckte seine Hand aus und strich Lion über den Kopf. »Ich verstehe. Du bist ein tapferer Kerl.«
    »Warum ein tapferer Kerl?«
    »Weil du dich davon befreit hast. Das heißt, im Weiteren war dir langweilig, stimmt’s?«
    »Ja.« Lion dachte nach. »Nein... So

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