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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Wasser kommen. Aber sie ließ mich nicht im Stich und ich konnte mich an ihr festhalten. Wenigstens vorläufig.
    Sie müssen lediglich ein Seil holen, wurde mir mit einem Mal klar, ein ganz gewöhnliches langes Seil, bestimmt ist eins im Jeep: es mir zuwerfen, ich halte mich daran fest und sie ziehen mich ans Ufer. Das muss ich ihnen sagen.
    Aber ich konnte nichts sagen. Es war, als ob mir die Zunge abgestorben wäre. Alles, was ich konnte, war, mich an dem Schlangenschwert festzuhalten und auf das so nahe Ufer zu schauen.
    Zu Lion, der auf dem Eis lag und auf mich zukroch.
    Das musste ihm einer von ihnen befohlen haben, Rosi oder Rossi. Diese Feiglinge!
    Er konnte ja nicht einmal schwimmen!
    Lion kroch schnell. Als er nur noch einen Meter von mir entfernt war und seine Hand sich auf den Kopf der Schlange legte, die sich ins Eis gebohrt hatte, nahm ich meine Kräfte zusammen und befahl:
    »Kriech zurück!«
    Lion schwieg eine Sekunde und schaute mich an. Dann sagte er sehr ernsthaft: »Halt die Klappe!«
    Wenn nicht die Schlange gewesen wäre, hätte ich jetzt die Hand geöffnet und wäre wieder untergetaucht. Vor Überraschung.
    »Fass mich an«, sagte Lion und reichte mir seine Hand, »und leg dich aufs Eis. Ganz flach.«
    Wie im Schlaf streckte ich ihm meine Hand entgegen, erfasste die seine – und Lion zog mich langsam hinter sich her. Ich konnte mich kaum bewegen, blieb aber auf der Oberfläche liegen.
    Und hier half mir die Schlange. Ich habe keine Ahnung, wie sie sich am Eis festhielt, wie sie sich ins Eis bohrte – aber sie zog mich genau so, wie es nötig war: stetig und kräftig.
    Dann lag ich ganz auf dem Eis. Mit den Schuhspitzen hing ich noch im Wasser, aber das Eis hielt mich.
    »Kriechen wir los«, sagte Lion, »schneller.«
    Schneller konnte ich nicht. Aber wir kamen trotzdem vorwärts – weiter und weiter, weg von der Einbruchstelle. Die Schlange half mir auf den ersten Metern und zog sich dann in den Ärmel zurück.
    Wir krochen so lange, bis wir an die Beine von Rosi und Rossi stießen. Die Zwillinge standen noch immer am Ufer und hatten Angst, auch nur einen Schritt aufs Eis zu machen – obwohl der See dort bis zum Grund gefroren war.
    »Tikkirej...«, sagte Rosi erleichtert und verschmierte ihre Tränen im Gesicht. Sie hielt ein Handy in der Hand – offensichtlich hatte sie Hilfe gerufen. Wenigstens darauf war sie gekommen.
    Rossi lief nach wie vor hektisch hin und her. Erst versuchte er näher zu kommen, dann machte er einen Schritt zurück.
    Ich wandte mich um und schaute auf Lion. Er atmete heftig und leckte sich die Lippen.
    »Ist alles okay?«, fragte ich.
    »Ja.«
    »Lion, du bist ganz normal!«
    »Hm«, er lächelte plötzlich, »Tikkirej, bist du etwa mit Absicht eingebrochen?«
    Ich fühlte mich wie in einem Kühlschrank. Alle Sachen waren nass und es war Frost. Aber ich spürte die Kälte nicht.
    »Nein, nicht mit Absicht«, erwiderte ich. »Aber ich wäre hineingesprungen, wenn ich gewusst hätte, dass das passiert.«
    Irgendwie schaffte ich es, mich aufzurichten. Ich half Lion aufzustehen.
    Da endlich sprang Rossi auf uns zu, fasste mich an der Hand und rief: »Das hast du prima gemacht, wir werden allen erzählen, dass du ein richtiger Held bist!«
    »Und du bist ein Feigling«, sagte ich und lief auf steifen Beinen zum Pavillon. Der Jeep wäre besser gewesen, darin war es wärmer. Aber ich wollte mich jetzt nicht in ihr Auto setzen.
    »Tikkirej«, rief mir Rossi kläglich nach, »du bist doch selbst schuld, dass du eingebrochen bist!«
    Ich antwortete nicht, sondern sprang in den Pavillon und zog meine nassen Kleider aus. Lion lief hinterher und fragte: »Hast du etwas Trockenes?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Gleich...«
    Er wollte schon zurückgehen, aber in diesem Augenblick kam Rossi herein. Voller Scham, mit nassen, roten Augen, den Kopf eingezogen. Er rief: »Tikkirej, da kommt ein Flyer!«
    »Zieh deine Kombination aus, du Dämel!«, schrie ihn Lion an. Rossi erstarrte und zwinkerte heftig. Er konnte nicht begreifen, dass Lion normal sprach.
    »Hä?«
    »Ich poliere dir gleich die Fresse!«, versprach Lion kämpferisch. »Zieh sofort deine Kombination aus!«
    Rossi beeilte sich mit dem Ausziehen. Unter der Kombination trug er noch einen warmen Strickanzug. Ich zog mich nackt aus und schlüpfte schnell in Rossis Kombination. Es war schon widerlich, dass mir dieser Feigling half, aber ich konnte ja nicht bei lebendigem Leibe erfrieren! Ich war ja kein Eisbader!
    »Hol den

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