Das Schlimmste kommt noch oder Fast eine Jugend
er uns
hereinkommen hörte. Er war ein sehr gutaussehender Mann, schlank, schwarzes Haar, dunkle
strahlende Augen.
»Hallo, Ben«, sagte meine Mutter.
»Hallo, Katy.« Dann sah er mich an. »Ist das Henry?«
»Ja.«
»Setzt euch doch.«
Mein Vater und ich setzten uns.
Meine Mutter blieb stehen. »Ich hab dir diese Blumen mitgebracht, Ben. Aber ich seh hier keine Vase.«
»Danke, Katy. Sind hübsche Blumen. Nein, ich hab hier keine Vase.«
»Ich geh eine holen«, sagte meine Mutter. Sie ging mit dem Blumenstrauß aus dem Zimmer.
»Wo sind jetzt deine ganzen Freundinnen, Ben?« fragte mein Vater.
»Sie kommen mich besuchen.«
»Jaja, jede Wette.«
»Doch, sie kommen her.«
»Wir sind nur hier, weil Katherine dich sehen wollte.«
»Ich weiß.«
»Ich wollte dich auch sehen, Onkel Ben. Ich finde, du bist ein richtig hübscher Mann.«
»So hübsch wie mein Arsch«, sagte mein Vater.
Meine Mutter kam wieder herein. Sie hatte die Blumen in einer Vase.
»Hier, ich stell sie dir auf den Tisch da am Fenster.«
»Es ist ein schöner Strauß, Katy.«
Meine Mutter setzte sich.
»Wir können nicht lange bleiben«, sagte mein Vater.
Onkel Ben griff unter die Matratze und holte eine
Packung Zigaretten hervor. Er schüttelte sich eine heraus, riss
ein Streichholz an und gab sich Feuer. Er inhalierte tief und blies den
Qualm von sich.
»Du weißt doch, dass du hier keine
Zigaretten haben darfst«, sagte mein Vater. »Ich weiß
auch genau, woher du sie kriegst. Diese Prostituierten bringen sie dir
mit. Na schön, ich werd’ es den Ärzten erzählen
und sie dazu bringen, dass sie diese Nutten nicht mehr hier
reinlassen!« »Einen Scheißdreck wirst du tun«,
sagte mein Onkel.
»Wenn ich nicht soviel Grips hätte,
würd’ ich dir jetzt diese Zigarette aus dem Maul
schlagen!« sagte mein Vater.
»Du hast noch nie was auf dem Kasten gehabt«, sagte mein Onkel.
»Ben«, sagte meine Mutter, »du
solltest nicht rauchen. Es wird dich umbringen.« »Ich hab
ein gutes Leben gehabt«, sagte mein Onkel. »Du hast nichts
als gelogen, auf Pump gelebt, rumgehurt und gesoffen. Das nenn’
ich kein gutes Leben«, sagte mein Vater. »Du hast in deinem
Leben noch keinen Tag was gearbeitet! Und jetzt bist du mit
vierundzwanzig am Ende!«
»Mir war es gut genug«, sagte mein
Onkel Ben. Er machte wieder einen kräftigen Zug an seiner Camel
und blies den Qualm von sich.
»Lass uns hier verschwinden«, sagte
mein Vater. »Dieser Mensch ist ja wahnsinnig!« Er stand
auf. Dann stand auch meine Mutter auf. Ich stand als letzter auf.
»Wiedersehn, Katy«, sagte mein Onkel.
»Und Wiedersehn, Henry.« Er sah mich dabei an, um zu
zeigen, welchen Henry er meinte.
Wir folgten meinem Vater durch die Korridore des
Sanatoriums und hinaus auf den Parkplatz. Wir stiegen ins Auto, der
Motor sprang an, und wir machten uns auf die Heimfahrt, die weiten
Serpentinen der Bergstraße hinunter.
»Wir hätten noch ein bißchen bleiben sollen«, sagte meine Mutter.
»Weißt du nicht, dass Tuberkulose
ansteckend ist?« »Ich finde, er sah richtig gut aus«,
sagte ich. »Das kommt von der Krankheit«, sagte mein Vater.
»Da sehen sie alle so aus. Und außer TB hat er sich auch
noch ein paar andere Sachen geholt.« »Was für
Sachen?« fragte ich. »Das kann ich dir nicht sagen.«
Er steuerte den Wagen durch die Serpentinen, und ich fragte mich, was
für Sachen er wohl gemeint hatte.
4
An einem anderen Sonntag fuhren wir los, um meinen Onkel John zu besuchen.
»Er hat kein bißchen Ehrgeiz«,
sagte mein Vater. »Ich seh nicht, mit welchem Recht er seinen
gottverdammten Kopf heben und den Leuten in die Augen sehen
will.«
»Wenn er sich bloß seinen Kautabak
abgewöhnen könnte«, sagte meine Mutter.
»Überall spuckt er das Zeug hin.«
»Wenn’s in diesem Land nur solche wie
ihn gäbe, würden die Chinesen den Laden übernehmen, und
wir müssten die Arbeit in den Wäschereien machen.«
»John hat eben nie eine Chance gehabt«, sagte meine Mutter. »Er ist als junger Kerl von
zuhause ausgerissen. Du warst wenigstens auf der Highschool.«
»College.«
»Ja? Wo denn?«
»Universität von Indiana.«
»Jack hat gesagt, du warst nur auf der Highschool.«
»Jack war nur auf der Highschool. Deshalb
pflegt er jetzt den Reichen ihre Gärten.« »Besuchen
wir auch mal meinen Onkel Jack?« fragte ich.
»Lass uns erst mal sehn, ob wir deinen
Onkel John finden können«, sagte mein Vater. »Wollen
die Chinesen wirklich unser Land?« fragte ich.
»Diese gelben Teufel
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