Das Schloss Im Moor
Fotoapparat.
Täglich wurde daheim fotografiert, was einigermaßen stille hielt, Vierfüßler der Reihe nach, dann
Mägde und Knechte, die nicht anders glaubten, als daß die Gebieterin übergeschnappt sein müsse.
Sämtliche Knechte mußten sich aufnehmen lassen, doch ein fertiges Bild bekam niemand zu sehen. Mählich machte
Benedikte doch solche Fortschritte, daß sie erträgliche Aufnahmen fertigbrachte.
Darüber verging einige Zeit. In aller Stille war Höpfner-Hodenberg von Landsberg nach Osnabrück verschickt
worden; nur die Bahnbeamten wußten davon, hielten aber das Ereignis nicht für wichtig genug, um einen dienstfreien
Tag zum Schwätzgang nach Ried zu opfern, um so weniger, als über dem Moor eine Glühhitze brütete.
Die Zwischenzeit nützte Wurm eifrig, um Olga hart zuzusetzen und dem Schloßfräulein das Jawort
abzupressen. Olga wehrte sich verzweifelt, hoffte auf Hilfe und vermochte sich selbst nicht zu sagen, wer Hilfe und
Erlösung bringen könnte.
Senta umschmeichelte die alte blinde Frau katzengleich, pflegte und betreute Mama Tristner mit wahrer Hingebung, um sich
später zu kühler Dämmerstunde mit erquickender Neckerei des bärenstarken Braumeisters Haferditzel zu
entschädigen. Die Florentinerin hatte Theo nach München geschickt, zum Einkauf des Hochzeitsgeschenkes, wiewohl
Mama Tristner noch gar nicht um ihre Einwilligung gebeten worden war. Mit dem Kraftmenschen Haferditzel zu kosen, war
für die schlanke, genußgierige Senta willkommene Abwechslung, ein köstlicher Scherz, den Wurm allerdings
gefährlich nannte. Doch Senta hatte schnippisch erklärt, daß jedes Tierchen sein Pläsierchen habe und
der Ulk mit der Rückkehr Theos sein Ende finden werde. So umgarnte Senta den bärenstarken Braumeister, lockte und
wehrte ab, gewährte kleine Gunstbeweise, so daß Haferditzel wirr im Kopf wurde. So ähnlich mochte den
Löwen eine schillernde Schlange umschlingen.
Der 31. Juli brachte Frau Tristners Geburtstag, der allzeit festlich begangen wurde. Früher, da Mama sich noch des
Augenlichtes erfreuen konnte, ging dem Festtag eine venezianische Nacht im Schloßpark mit Feuerwerk und dergleichen
Zauber voran, am Festmorgen brachte eine Musikkapelle ein Ständchen vor dem Schlosse dar, dann fand die Gratulationscour
der Angestellten und Dienerschaft statt, und mittags gab es eine Festtafel für die Herrschaft und in den
Restaurationsräumen der Brauerei ein Mahl für das gesamte Personal.
In der Voraussetzung, daß Theo und Olga wahrscheinlicherweise zum bevorstehenden Geburtstag keine besondern
Vorkehrungen treffen werden, da die jungen Herrschaften sehr stark mit eigenen Angelegenheiten beschäftigt schienen,
hatte Benedikte eigenmächtig das Arrangement übernommen und sich einige Tage früher im Schlosse einquartiert.
Theo war wie aus den Wolken gefallen, als er davon hörte; sein erster Gang galt Senta, um die Freundin zu
größter Vorsicht aufzufordern und vor den scharfen Augen der Zanksteinerin zu warnen. Dann aber war Theo so klug,
seine Dienste Benedikten zur Verfügung zu stellen, und die resolute Herrin von Zankstein nahm sie auch an, scherzhaft
wie immer, nur hatten Diktens Augen einen Ausdruck, der dem jungen Tristner nicht gefallen wollte. Theo empfand
Gewissensbisse, wenn er der ehrlichen Benedikte gegenüberstand, Reue nagte im Herzen, die Vernunft mahnte zur Umkehr,
aber der Schloßherr fand den Mut nicht, die sein junges Leben vergiftende Circe aus dem Haus zu jagen. Der im Reden wie
im Handeln tatkräftigen, schlagfertigen Zanksteinerin seinen Gemüts- und Herzenszustand einzugestehen, wagte Theo
erst recht nicht, wiewohl er sich insgeheim sagte, daß Benedikte es meisterlich verstehen würde, reines Haus zu
machen ohne viel Umstände. Dabei müßte aber für Theo eine Strafpredigt abfallen, die er lieber nicht
hören wollte. So lief der Schloßherr mit dem Gefühl herum, daß die Zanksteinerin unzweifelhaft etwas im
Schilde führe, eine Tat vorbereite und das Pulverfaß zum Explodieren bringen werde, wobei verschiedenes,
vielleicht auch Tristner junior, werde mitfliegen müssen. Dennoch vermochte Theo keinen Schritt zur Verhütung der
drohenden Explosion zu tun, unsicher genug ließ er den Dingen ihren Lauf und hoffte dabei insgeheim, daß die
wackere Benedikte seiner sich doch vielleicht annehmen, ihn nicht unglücklich machen werde. Bei Tisch sprach Benedikte
ausschließlich mit Mama und versprach ein schönes Geburtstagsfest;
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