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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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Gewißheit seines Todes, die Freyheit erhält, mit Einwilligung ihrer Vormünder, eine schickliche Heirath für sich zu treffen. Diese Einwilligung geb' ich niemals, sagte der Fürst; ich bestehe darauf, daß sie ohne Verzug in die Burg zurück kehre: ich muß ihren Vormündern für sie stehn, und werde sie in niemandes Gewahrsam dulden, als in der meinigen. Ihre Hoheit geruhen sich zu erinnern, versetzte der Mönch, ob das mit einigem Anstande hinführo geschehen kann? Ich brauche keinen Hofmeister, sagte Manfred erröthend. Isabellens Betragen giebt zu seltsamen Argwohn Anlaß, und der junge Bube, wenigstens ein Mitschuldiger ihrer Flucht, wo nicht deren Ursach – Deren Ursach? unterbrach ihn Geronimo. War ein junger Mann deren Ursach? Ich ertrag' es nicht länger! rief Manfred. Darf ein unverschämter Pfaff, mir in meinem eignen Pallast Trotz bieten? Ich wette, Sie sind der Vertraute ihrer Liebeshändel. Wäre Ihre Hoheit nicht in Ihrem Gewissen überzeugt, sprach Geronimo, wie ungerecht Sie mich anklagen, so würd' ich zum Himmel beten, daß er Ihren lieblosen Verdacht aufkläre. Jetzt bete ich zum Himmel, daß er diese Lieblosigkeit vergebe. Und Ihre Hoheit beschwöre ich, die Prinzessin friedlich an der heiligen Stäte zu lassen, wo sie der Störung nicht ausgesetzt ist, so eitles und weltliches Geschwätz anhören zu müssen, als die Liebeserklärungen eines Mannes sind. Predige mir nicht, sprach Manfred, sondern geh, und führe die Prinzessin zu ihrer Pflicht zurück. Es ist meine Pflicht, antwortete Geronimo, mich ihrer Rückkehr hieher zu widersetzen. Wo sie ist, sind Waisen und Jungfrauen am besten verwahrt, vor den Schlingen und Tücken dieser Welt; und keine Macht, als die eines Vaters, soll sie von dort hinwegnehmen. Ich bin ihr Vater, schrie Manfred, und fordre sie! Sie wünschte Ihre Hoheit zum Vater zu haben, erwiederte der Mönch, aber der Himmel, der dieses Band untersagte, hat jede Verbindung unter Ihnen auf ewig zerrissen, und ich erkläre Ihnen, gnädiger Herr – Halt ein, Verwegner, unterbrach ihn Manfred, und fürchte meinen Zorn! Ehrwürdiger Vater, sprach Hippolite, es ist Ihr Amt, niemands zu schonen. Sie reden nach Ihrer Pflicht. Meine Pflicht aber ist es, nichts zu hören, als was mein Gemahl will, daß ich hören soll. Folgen Sie dem Fürsten auf sein Zimmer. Ich will mich im Gebet nieder werfen, und die hochgebenedeyte Jungfrau anrufen, Sie mit ihrem heiligen Rath zu erfüllen, und dem Herzen meines gütigen Gebieters, seinen gewohnten Frieden und Sanftmuth wieder zu geben. Gott segne Ihre Hoheit, antwortete der Mönch. – Gnädiger Herr, ich folge Ihnen, wohin Sie befehlen.
    Manfred ging mit dem Mönch in sein Gemach, und zog die Thür hinter sich zu. Vater, sagt' er, ich merke wohl, Isabelle hat Sie von meiner Absicht unterrichtet. Hören Sie jetzt meinen Entschluß, und gehorchen. Staatsgründe, dringende Gründe, meine und meines Volkes Wohlfahrt erfordern, daß ich einen Sohn erhalte. Vergeblich erwart' ich einen Erben von Hippoliten. Ich habe Isabellen gewählt. Sie müssen sie zurückbringen. Sie müssen mehr thun. Ich kenne Ihren Einfluß auf Hippoliten, ihr Gewissen steht in Ihrer Hand. Ich gestehe Ihnen, es ist ein Weib ohne Fehler; ihre Seele trachtet nach dem Himmel, und verschmäht die kleinliche Größe dieser Welt. Sie können sie gänzlich davon abziehen. Ueberreden Sie sie, in unsre Ehescheidung zu willigen, und sich in ein Kloster zu begeben. Sie soll eines stiften, wenn sie will. Auch soll es ihr nicht an Mitteln gebrechen, so freygebig gegen Ihren Orden zu seyn, als Sie beide wünschen können. Auf diese Weise werden Sie das Unglück ab wenden, das über unsern Häuptern hängt, und sich das Verdienst erwerben, das Fürstenthum Otranto vom Untergange zu retten. Sie sind ein kluger Mann. Die Aufwallung meines Bluts verführte mich zu unschicklichen Ausdrücken, aber ich ehre Ihre Tugend, und wünsche Ihnen die Ruhe meines Lebens, und die Erhaltung meines Stammes, zu verdanken.
    Des Himmels Wille geschehe! sprach der Mönch. Ich bin nur sein unwürdiges Werkzeug. Er bedient sich meiner Zunge, Fürst, Ihnen zu sagen, daß Ihr Vorhaben unverantwortlich sey. Die Leiden der tugendhaften Hippolite sind vor den Thron der Gnade gedrungen. Ich bestrafe Sie, um Ihrer ehebrecherischen Absicht willen, sie zu verstoßen; ich warne Sie, die blutschänderische Nachstellung derjenigen aufzugeben, die Ihnen als Tochter versprochen war. Der Gott, der sie Ihrer Wuth entzog, als sein

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