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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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Gnaden nicht rechten, erwiederte Bianca, aber die Fragen die ich ihm vorgelegt haben würde, mögten leicht mehr zum Zweck geführt haben, als die welche Sie zu thun geruhten. O, sonder Zweifel! sprach Matilde, du bist ein schlauer Diebesfänger! Darf ich wissen, was du gefragt haben würdest? Wer in die Charten sieht, antwortete Bianca, begreift oft mehr vom Spiel, als wer sie hält. Glauben denn Ihr Gnaden etwa, er habe aus bloßer Neugier Fräulein Isabellen nachgefragt? Nein, nein, gnädiges Fräulein, da steckt mehr dahinter, als Sie vornehmen Leute sich einbilden. Lopez erzählt mir, alle Bedienten glauben, der junge Bursche habe Fräulein Isabellen fortgeholfen; nun bitte ich Sie zu bemerken, gnädiges Fräulein, wir beyde wissen ja wohl, daß Fräulein Isabelle niemals sonderliches Behagen an Ihrem hochseeligen Herrn Bruder fand, – gut, er ist gerade zur rechten Zeit aus der Welt gegangen, – ich klage niemanden an. Ein Helm fällt aus der Luft, so sagen Seine Hoheit, Ihr Herr Vater; aber Lopez und alle Bedienten sagen, dieser junge Springinsfeld sey ein Hexenmeister, und habe ihn dem steinernen Alfonso weggemaust. – Wirst du aufhören, ungereimtes Zeug zu reden? fragte Matilde. Sobald Ihre Gnaden befehlen, erwiederte Bianca. – Sonderbar aber bleibt es immer, daß Fräulein Isabelle noch an dem nemlichen Tage davon läuft, wo dieser junge Zauberer gerade am Eingang der Fallthüre gefunden wird – ich klage niemanden an – wenn unser gnädiger Junker aber mit rechten Dingen zu Tode gekommen ist, – Ich befehle dir, sagte Matilde, keinen Argwohn gegen den unbefleckten Ruf meiner Isabelle zu wagen. – Unbefleckt oder nicht unbefleckt, antwortete Bianca, fort ist sie, ein Fremder findet sich den niemand kennt, Sie selbst befragen ihn, er sagt er sey verliebt, oder unglücklich, das ist einerley – richtig, er sagt er sey unglücklich um andre; nun frag' ich: wer ist unglücklich um andre? Antwort, der in andre verliebt ist. Und gleich darauf meint die unschuldige Seele: ob Fräulein Isabelle nicht zu finden sey? – Deine Bemerkungen, sprach Matilde, sind freylich nicht ganz ohne Grund. Isabellens Flucht setzt mich in Erstaunen. Des Fremden Neugier ist auffallend, doch hat Isabelle nie einen ihrer Gedanken mir verborgen. – Das gab sie vor, sagte Bianca, um Ihrer Gnaden Geheimnisse herauszulocken. Wer weiß, gnädiges Fräulein, ob dieser Fremde nicht irgend ein verkleideter Prinz ist? Lassen Sie mich das Fenster wieder öfnen, gnädiges Fräulein, ich will ich noch ein wenig vernehmen. Nein, erwiederte Matilde, ich frage mit einem Wort, ob er etwas von Isabellen weiß? einer längern Unterhaltung mit mir, ist er nicht werth. Schon wollte sie das Geschoß ihres Fensters eröfnen, als sie an dem Pförtchen der Burg schellen hörte, das dem Thurm, wo Mathildens Zimmer war, zur Rechten lag. Dies verhinderte die Prinzessin, den Fremden aufs neue anzureden.
    Sie blieb eine Zeitlang schweigend, und wandte dann sich gegen Bianca: Ich bin überzeugt, Isabellens Flucht hat keine unwürdige Ursache. Nahm dieser Fremdling Theil daran, so muste sie seiner Treue und Rechtschaffenheit gewiß seyn. Bemerktest du nicht, Bianca, wie ich, daß seine Worte ein ungewöhnliches Gepräge von Frömmigkeit trugen? So spricht kein Missethäter. Seine Ausdrücke würden einem Manne von edler Geburt geziemen. Sagt' ich nicht, gnädiges Fräulein, fragte Bianca, es sey sicherlich ein verkleideter Prinz? Wenn sie ihn aber zu ihrer Flucht gebrauchte, sagte Matilde, wie willst du das erklären, daß er sie nicht dabey begleitete? Warum setzt er sich ohne Noth und tollkühn, der Rache meines Vaters aus? O gnädiges Fräulein, erwiederte Bianca, ist er unter der Sturmhaube weggekommen, so wird er auch Wege finden, dem Zorn Ihres Herrn Vaters zu entgehn. Wer weiß, wie viel Talismane der in der Tasche hat? Du hilfst dir aus aller Noth mit Zaubermitteln, sprach Matilde: wer sich aber mit höllischen Geistern abgiebt, darf die gottgesegneten Namen nicht aussprechen, wie er that. Hörtest du nicht, wie andächtig er gelobte, meiner im Gebet an die Heiligen des Himmels zu denken? Isabelle war unstreitig von seiner Gottesfurcht überzeugt. Verlassen Sie sich auf die Gottesfurcht eines jungen Burschen, und eines Fräuleins, die mit einander entlaufen wollen! rief Bianca. Nein, nein, gnädiges Fräulein, Donna Isabelle ist aus ganz anderm Thon geformt, als Sie sich einbilden. In Ihrer Gesellschaft konnte sie freylich seufzen und die Augen

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