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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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Mich flieht der Schlaf; und ich verließ mein rastloses Lager, ungeduldig aus dieser Burg entlassen zu werden, um die peinliche Zeit damit zu verbringen, daß ich dem schönen Morgen entgegen sähe. Ihre Sprache und Ihre Stimme, versetzte Matilde, haben einen Anstrich von Schwermuth. Sind Sie unglücklich, so bedaure ich Sie. Leiden Sie aus Armuth, so lassen Sie mich's wissen. Ich will der Fürstin davon sagen, deren wohlthätige Seele gegen jede Noth empfindlich ist; sie wird Ihnen aufhelfen. Ich bin in der That unglücklich, sagte der Fremde, und kenne den Wohlstand nicht: aber ich klage das Loos nicht an, das der Himmel mir zutheilte. Ich bin jung und stark, und schäme mich nicht, für meinen Unterhalt zu arbeiten. Halten Sie mich nicht für so übermüthig, daß ich Ihr großmüthiges Anbieten verachten könne. Ich will Ihrer in meinem Gebet gedenken, und den Segen des Himmels für Sie, die Sie so gnädig sind, und für Ihre edle Gebieterin erflehen. Ich seufze, Signora, aber um andre, nicht um mich. Nun hab' ichs, gnädiges Fräulein, zischelte Bianca der Prinzessin zu, dies ist sicherlich der Bauerjunge, und auf mein Gewissen! er ist verliebt. Das ist ein himmlisches Abentheuer! Liebes gnädiges Fräulein, lassen Sie uns ihn ausholen. Er kennt Ihre Gnaden nicht, er hält Sie für ein Kammerfräulein der Fürstin Hippolite. Schämst du dich nicht, Bianca? sagte die Prinzessin. Wer giebt mir das Recht, den Herzens Geheimnissen dieses jungen Mannes nachzuforschen? Er scheint rechtschaffen und aufrichtig, und sagt uns er sey unglücklich. Sollen diese Eigenschaften ihn uns Preis geben? Welchen Anspruch haben wir auf sein Vertrauen? Herr Gott! rief Bianca, wie wenig verstehn sich Ihre Gnaden auf Liebe? Ein Liebhaber hat ja keine größere Freude, als wenn er von seinem Herzens Schatz reden kann. Und mich willst du zur Vertrauten eines Bauren machen? fragte die Prinzessin. Wohl, so lassen Sie mich mit ihm reden, sagte Bianca. Obschon ich jetzt die Ehre habe, Ihrer Gnaden Ehrenfräulein zu seyn, so war ich nicht immer so vornehm. Zudem, wenn Liebe alle Stände gleich macht, so erhebt sie ja auch alle Stände. Ich habe Achtung für jeden jungen Mann, der verliebt ist. – Schweig, Gimpel! unterbrach sie die Prinzessin. Er nannte sich unglücklich. Folgt daraus, daß er verliebt sey? Bedenk' was alles heute vorgefallen ist, und dann sprich, ob es kein ander Unglück giebt, als was von Liebe kommt. Fremdling, begann die Prinzessin von neuem, wenn Sie nicht unglücklich sind durch eigne Schuld, und die Fürstin Hippolite Ihnen helfen kann, so nehme ich es auf mich, dafür zu haften, daß ihr Schutz Ihnen nicht entstehn soll. Entläßt man Sie aus dieser Burg, so wenden Sie sich an den ehrwürdigen Vater Geronimo, in dem Kloster hart an der Kirche Sanct Nicola, und entdecken sich ihm so weit Sie gut finden. Er wird die Fürstin sicherlich davon unterrichten, die aller Hülflosen Mutter ist. Leben Sie wohl! Es ist nicht ziemlich, daß ich, zu dieser ungewöhnlichen Stunde, mich mit einem Mann länger unterhalte. Die Heiligen schützen Sie für diese Gnade, Signora! sagte der Bauer, aber o! wenn ein armer verdienstloser Fremdling, um einen Augenblick länger Gehör bitten dürfte, – darf er es wagen? – Sie schließen das Fenster nicht? – Bin ich so glücklich, daß Sie mirs gestatten? – Sprechen Sie kurz, versetzte Matilde, der Morgen dämmert schon heran; die Arbeiter dürfen nicht ihr Feld zu bestellen kommen, und uns gewahr werden. Was begehren Sie? – Ich weiß nicht wie, – ich weiß nicht ob ich darf, sagte der junge Fremde stammelnd, aber das Erbarmen Ihrer Worte giebt mir Herz. Darf ich Ihnen trauen, Signora? – Himmel! sprach Matilde, was meinen Sie? Was wollen Sie mir vertrauen? Was die Unschuld hören kann, dürfen Sie mir nicht verhehlen. Ich wollte fragen, sagte der Bauer, der sich gefaßt hatte, ob es wahr ist was ich von den Bedienten gehört habe, daß die Prinzessin in der Burg nicht zu finden sey? Was geht Sie das an? erwiederte Matilde. Ihre ersten Reden waren weiser und schicklicher. Sind Sie hergekommen, Fürsten Angelegenheiten auszuspähen? Ich habe mich in Ihnen geirrt. Leben Sie wohl. Mit diesen Worten schlug sie eilig das Fenster zu, ohne dem jungen Mann Zeit zur Antwort zu lassen. Ich hätte weißlicher gethan, sagte die Prinzessin etwas bitter gegen Bianca, dich mit dem Bauren reden zu lassen. Seine Fragsucht ist wie es scheint mit der deinigen aus einem Stück. Ich darf mit Ihren

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