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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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die Sache ohne Blutvergießen beylegen läßt. Das wenige, was ich noch zu sagen habe, giebt mir kein Eigennutz ein. Sie sehn in mir einen Mann, der der Welt überdrüssig ist. Der Verlust meines Sohnes hat mich irdischen Sorgen entwendet. Macht und Größe sind nicht länger reizend in meinen Augen. Ich wünschte den Scepter, welchen ich von meinen Vorfahren mit Ehren empfangen hatte, auf meinen Sohn zu übertragen: – aber das ist vorbey. Selbst mein Leben ist mir so gleichgültig, daß ich Ihre Herausforderung mit Freuden annahm: ein guter Ritter kann sich dem Grabe nicht zufriedner nähern, als wenn er fällt in seinem Beruf. Ich unterwerfe mich dem Willen des Himmels, denn ach! meine Herren, ich bin mit vielem Kummer vermählt. Manfred ist kein Ziel des Neides. – Doch meine Geschichte ist Ihnen sicherlich bekannt? Der Ritter bezeugte seine Unwissenheit, und schien zu wünschen, daß Manfred fortfahren mögte. Ist es möglich, meine Herren, hub der Fürst wieder an, daß mein Schicksal Ihnen verborgen bleiben konnte? Haben Sie nichts von mir und der Fürstin Hippolite gehört? Sie schüttelten die Köpfe. – Nicht? Nun, so verhält sich die Sache. Sie halten mich für ehrgeizig? Ehrgeiz ist leider aus rauherem Stof zusammen gesetzt. Wär' ich ehrgeizig, ich hätte nicht, so viele Jahre hindurch, die ganze Hölle der Gewissenszweifel in meinem Busen getragen! Aber ich ermüde Ihre Geduld. Ich will kurz seyn. Wissen Sie also, lange hab' ich über meine Verbindung, mit der Prinzessin Hippolite, innere Anfechtung erduldet. O, meine Herren, daß Sie diese vortrefliche Dame kennten! daß Sie wüßten, wie ich sie anbete, gleich einer Geliebten, und ehre gleich einer Freundin! Aber der Mensch ward nicht zu vollkommenem Glück gebohren! Sie theilt meine Gewissenszweifel, und mit ihrer Einwilligung, habe ich unser Verhältniß der Kirche vorgelegt. Wir sind im verbotnen Grade verwandt. Jeden Augenblick erwarte ich das Endurtheil, das uns auf immer scheiden muß. Sie fühlen meinen Schmerz, ich sehe, Sie fühlen ihn, verzeihen Sie diese Thränen. Die Ritter sahen einander verwundert an, und begriffen nicht, wo das hinaus sollte. Manfred fuhr fort. Da mich in dieser Kümmerniß des Gemüths, der Tod meines Sohnes überraschte, dachte ich daran, meiner Regierung zu entsagen, und mich dem menschlichen Anblick auf ewig zu entziehn. Nichts machte mir Schwierigkeit dabey, als die Ernennung eines Nachfolgers, der mein Volk lieben würde, und die Versorgung der Prinzessin Isabelle, die mir theuer wie mein eignes Blut ist. Ich war willens, Alfonso's Stamm in seinem entferntesten Zweige wieder herzustellen. Da es aber, mit Ihrer Erlaubniß gesagt, einmal sein Wille war, Riccardo's Abkömmlinge an die Stelle seiner Verwandten zu setzen, wo soll ich jetzt diese Verwandten aufsuchen? Ich kenne nur einen, Friedrich, Ihren Herrn. Er ist ein Gefangener der Ungläubigen, oder tod. Lebte er aber auch, und wäre zu Hause, würde er den blühenden Staat Vicenza, um das unbedeutende Fürstenthum Otranto aufgeben? Wenn er es nicht würde, könnt' ich den Gedanken ertragen, einen harten fühllosen Statthalter, über mein armes treues Volk, gesetzt zu sehn? Ich liebe mein Volk, meine Herren, und bin, dem Himmel sey Dank! von ihm geliebt. Sie fragen, wohin diese lange Rede hinausläuft? Mit kurzen Worten, meine Herren, grade in dem Augenblick Ihrer Ankunft, scheint mir der Himmel einen Weg anzudeuten, allen diesen Schwierigkeiten und meinem Unglück abzuhelfen. Donna Isabella ist frey: bald bin ich es auch. Für das Glück meines Volks laß' ich mir alles gefallen. Wäre es nicht das beste, das einzige Mittel, der Fehde unter unsern Geschlechtern ein Ende zu machen, wenn Donna Isabella meine Gemahlin würde? Sie stutzen. Hippolitens Tugenden werden mir immer theuer bleiben, aber ein Fürst muß nicht auf seine Person sehn. Für sein Volk gebohren, – Indem trat ein Bedienter ins Zimmer, Manfred anzusagen, daß Geronimo und verschiedne seiner Ordensbrüder augenblicklich vorgelassen zu werden begehrten.
    Diese Unterbrechung mißfiel dem Fürsten. Er besorgte, der Mönch mögte den Fremden entdecken, daß sich Isabelle an heilige Stäte geflüchtet habe, und wollte schon Geronimo den Eintritt untersagen lassen. Da fiel ihm ein, er sey sicherlich gekommen, der Prinzessin Rückkehr zu berichten, und so fing Manfred an, sich gegen die Ritter zu entschuldigen, daß er sie auf einige Augenblicke verlassen müsse, als die Mönche zu ihnen

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