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Das Schloss von Otranto

Titel: Das Schloss von Otranto Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horace Walpole
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zuweilen in Ihrem Gebet Matildens! Theodor warf sich zu ihren Füßen, ergrif die lilienweiße Hand, die er trotz ihres Sträubens küßte, gelobte bey der ersten Gelegenheit sich zum Ritter schlagen zu lassen, und bat sie dringend um die Erlaubniß, sich ihren ewigen Ritter schwören zu dürfen. Da erschütterte, ehe die Prinzessin antworten konnte, ein plötzlicher Donnerschlag die Festen der Burg. Theodor achtete des Ungewitters nicht, und drang in sie, ihn zu erhören; aber die Prinzessin eilte verstört in das Schloß zurück, und mit einem Blicke, der unwiderstehlich war, befahl sie dem Jüngling, zu gehn. Er gehorchte seufzend, aber seine Augen starrten auf die Pforte, bis Matilde sie schloß, und einer Zusammenkunft ein Ende machte, in welcher zwey Herzen sich von einem Gefühl berauschten, das beyde zum erstenmal empfanden.
    Theodor ging nachdenklich dem Kloster zu, seinem Vater seine Befreyung kund zu thun. Dort erfuhr er Geronimo's Abwesenheit, und daß man der Donna Isabella nachsetze, mit deren Geschichte er erst jetzt einigermaßen bekannt ward. Angebohrner ritterlicher Edelmuth trieb ihn zu dem Wunsch, ihr beyzustehn, aber die Mönche konnten ihm keinen Aufschluß geben, den Weg zu errathen, den sie genommen haben mögte. Er gerieth nicht in Versuchung, sich ihrentwegen weit zu verlieren, denn Matildens Bild war seinem Herzen so tief eingeprägt, daß er nicht daran denken konnte, sich fern von ihrer Wohnung zu wissen. Erinnerung an Geronimo's Zärtlichkeit verstärkte diese Abneigung; und Theodor beredete sich sogar, kindliche Zuneigung allein, halte ihn zwischen der Burg und dem Kloster zurück. Endlich beschloß er, bis Geronimo am Abend wiederkehren würde, sich in dem Walde aufzuhalten, den ihm Matilde angedeutet hatte. Als er dort war, suchte er die dichtesten Schatten. Sie stimmten so gut zu der lieblichen Schwermuth, die seine Seele beherrschte. In dieser Fassung verlor er sich unvermerkt zu den Hölen, vormals Wohnungen frommer Einsiedler, jetzt, wie das Land umher erzählte, Behausungen höllischer Geister. Die Sage war auch ihm zu Ohren gekommen. Tapfer und lustig nach Abentheuern überließ er sich willig der Neugier, die geheimsten Winkel dieser Irrgänge zu erforschen. Noch war er nicht weit gekommen, als er den Fußtritt einer Person zu hören vermeinte, die vor ihm zu flüchten schien, Theodor glaubte festiglich alles, was unsre heilige Religion zu glauben befiehlt, aber er besorgte nicht, daß ein ehrlicher Mann, ohne sein Verschulden dem bösen Willen der Mächte des Abgrunds Preis gegeben werden könne. Es schien ihm wahrscheinlicher, daß Räuber diese Stäte unsicher machten, als solche Diener der Finsterniß, von denen man sagt, daß sie die Reisenden plagen und irre führen. Lange brannte er schon vor Ungeduld, seine Tapferkeit zu bewähren. Er zog sein Schwerd, und ging bedachtsam vorwärts, immer seine Schritte nach dem verstohlen rauschenden Laute vor ihm richtend. Gleichermaaßen verrieth ihn seine Waffenrüstung der Person, die ihm auswich. Bald war Theodor überzeugt, nicht zu irren, verdoppelte seinen Schritt, und gewann offenbar über den Flüchtling, dessen Eile sich vermehrte. Endlich stand er hinter einem Frauenzimmer, das athemlos zu Boden sank. Theodor eilte, sie aufzuheben, aber ihr Schrecken war so groß, daß er fürchten mußte, sie werde in Ohnmacht fallen. Er bediente sich daher jedes freundlichen Wortes, ihre Angst zu verscheuchen, und versicherte sie, er sey weit entfernt sie zu beleidigen, er wolle sie mit Gefahr seines Lebens vertheidigen. Die Dame erholte sich durch sein höfliches Benehmen, starrte ihren Beschützer an, und sprach: Ich bin gewiß, Ihre Stimme schon einmal gehört zu haben. Das ich nicht wüste, erwiederte Theodor, wenn Sie nicht, wie ich vermuthe, Donna Isabella sind. Barmherziger Himmel! rief sie, man hat Sie mir doch nicht nachgeschickt? Mit diesen Worten warf sie sich zu seinen Füßen, und beschwor ihn, sie nicht an Manfred auszuliefern. An Manfred? versetzte Theodor. Nein, Signora, einmal hab' ich Sie schon von seiner Grausamkeit befreyt, und es wird mir jezt übel ergehn, oder ich entreiße Sie seinem Frevel auf immer! Ist es möglich? sprach sie. Sind Sie der nämliche Unbekannte, den ich verwichene Nacht in den Kreuzgängen der Burg fand? O so sind Sie kein Sterblicher! Sie sind mein Schutzgeist! Auf meinen Knien will ich – Halten Sie ein, gnädige Fürstin, unterbrach sie Theodor, erniedrigen Sie sich nicht, vor einem armen

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