Das Schloss von Otranto
gesellschaftliches Gespräch mit einem Fürsten zu führen, der seines Gleichen ist, und durch ritterliche Thaten nicht unbekannt. Sie verharren im Schweigen? Wohl, es sey darum! die Gesetze der Gastfreundschaft und Ritterehre machen Sie zu Herren unter diesem Dache. Verfahren Sie nach Ihrem Gefallen. Kommt! füllt mir einen Becher Weins! Sie werden doch nicht abschlagen, mir auf die Gesundheit Ihrer schönen Damen Bescheid zu thun? Der vornehmste Ritter seufzte, schlug das Zeichen des Kreuzes, und wollte vom Tisch aufstehn. – Herr Ritter, sagte Manfred, ich sprach nur im Scherz. Ich will Sie zu nichts zwingen. Thun Sie was Ihnen beliebt. Sind Sie zur Fröhlichkeit nicht gestimmt, so laß uns traurig seyn. Es steht Ihnen vielleicht besser an, von Geschäften zu reden? Wir wollen uns von hier begeben. Hören Sie dann, ob das, was ich Ihnen vorzuschlagen habe, vielleicht mehr nach Ihrem Geschmack ist, als meine vergeblichen Versuche, Ihnen die Zeit zu vertreiben.
Darauf führte Manfred die drey Ritter in ein inneres Zimmer, machte die Thür hinter ihnen zu, nöthigte sie zu sitzen, und wandte sich an den ersten unter ihnen.
Sie kommen, hör' ich, Herr Ritter, im Namen des Markgrafen von Vicenza, Donna Isabella, seine Tochter, wieder zu fordern, die mit Einwilligung ihrer gesetzmäßigen Vormünder, an heiliger Stäte, meinem Sohn verlobt ward. Sie verlangen von mir, daß ich meine Besitzthümer Ihrem Oberherrn aufgebe, der sich den nächsten Blutsverwandten des hochseligen Fürsten Alfonso nennt. Ueber den letzten Punkt Ihres Antrages, will ich mich zuerst erklären. Sie müssen wissen, was Ihr Herr weiß: ich erhielt das Fürstenthum Otranto von meinem Vater Don Manuel, dem es sein Vater Don Riccardo hinterließ. Unser Vorgänger, Alfonso, starb kinderlos im gelobten Lande, und vermachte seine Staaten meinem Großvater, Don Riccardo, in Rücksicht seiner treugeleisteten Dienste. – Der Fremdling schüttelte den Kopf. – Herr Ritter, sprach Manfred mit Wärme, Riccardo war ein tapfrer aufrichtiger Mann, ein gottesfürchtiger Mann: das beweist seine prächtige Stiftung, der nah gelegenen Kir che und zweyer Klöster. Der heilige Niklas war sein besonderer Schutzpatron. Mein Großvater war unfähig, – Herr, sag' ich, Don Riccardo war unfähig, – Verzeihen Sie, Sie haben mich unterbrochen, und dadurch außer Fassung gebracht. – Ich verehre das Andenken meines Großvaters. Wohl, meine Herren; er besaß dieses Fürstenthum, er besaß es durch sein gutes Schwerd, und durch die Gnade des heiligen Niklas. So besaß es mein Vater, und so werde ich es besitzen, komme was kommen will! Friedrich, Ihr Herr, ist der nächste Blutsverwandte? Ich bin zufrieden, über mein Recht das Schwerd entscheiden zu lassen. Geht darum meinem Recht etwas ab? Ich könnte fragen: wo ist Friedrich, Ihr Herr? Das Gerücht sagt, er sey in der Gefangenschaft gestorben. Sie sagen, Ihr Benehmen sagt, er lebt. Ich zweifle nicht daran. Ich könnte zwar, meine Herren, ich könnte. Aber ich zweifle nicht. Andre Fürsten würden Friedrich auffordern, sein Erbtheil mit Gewalt hinzunehmen, wenn ers vermögte: sie würden ihren Stand nicht als Preis eines Zweikampfes aussetzen; ihn nicht der Entscheidung unbekannter Stummen überlassen! – Verzeihn Sie, meine Herren, ich werde zu heftig. Aber setzen Sie sich an meine Stelle. Sind Sie mannhafte Ritter, so muß es Ihren Zorn reizen, wenn man Ihre und Ihrer Vorfahren Ehre in Zweifel zieht. Aber zum Zweck. Sie verlangen, daß ich Donna Isabella herausgebe. Meine Herren, ich muß fragen, haben Sie Vollmacht sie in Empfang zu nehmen? Der Ritter nickte mit dem Kopf. Sie in Empfang zu nehmen, fuhr Manfred fort, wohl! Sie haben Vollmacht, Sie in Empfang zu nehmen! aber, lieber Herr Ritter, darf ich fragen, ist diese Vollmacht auch hinreichend? Der Ritter nickte. Gut, sagte Manfred, so hören Sie mein Anerbieten. Sie sehn, meine Herren, den allerunglücklichsten Menschen vor sich. (Thränen traten in seine Augen) Schenken Sie mir Ihr Mitleid. Ich verdien' es. Ich habe ein Recht darauf. Wissen Sie, meine einzige Hofnung, meine Freude, die Stütze meines Hauses ist dahin. Corrado starb gestern Abend. – Die Ritter bezeugten Verwunderung. Ja, meine Herren, das Schicksal hat meinen Sohn hinweggenommen. Isabelle ist frey – Sie geben Sie zurück? rief der erste Ritter, und brach das Schweigen. Vergönnen Sie mir Geduld, sprach Manfred. Ich freue mich, an diesem Beweise Ihres guten Willens zu erkennen, daß sich
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