Das Schloß
Aus diesem rhetorischen Gesichtspunkt gewinnen auch manche der durchweg im Text beibehaltenen Schwankungen in Kafkas Schreibung (z.B. gehn/gehen) ihren guten Sinn.
Die Handschrift weist außerdem, sowohl in der Rechtschreibung als auch im Wortschatz und in den Redewendungen, einige lokal oder persönlich bedingte Besonderheiten auf: auch sie wurden in dieser Ausgabe – selbst auf die Gefahr hin, daß sie beim Lesen stören könnten – in der Regel nicht angetastet. Es handelt sich vor allem um Formen, die entweder im gesamten österreichischen Sprachraum oder speziell in Böhmen bzw. Prag gebräuchlich waren: z.B. Gebüren, Kasten ( = Schrank), der Polster/die Pölster, der Pult, Schupfen ( = Schuppen), Tasse ( = Geschirrbrett), gieng, paar Stunden, nur schon, ohneweiters, von vorherein. Wenn Kafka den ›Schloß‹-Roman für den Druck bestimmt und als Satzvorlage abgeschrieben hätte, hätte er mit hoher Wahrscheinlichkeit – er legte großen Wert auf korrekten Sprachgebrauch, sobald er vor die Öffentlichkeit trat – die Mehrzahl solcher Abweichungen von der schriftsprachlichen Norm aus seinem Text entfernt; da es aber nie dazu kam, haben sie auch hier so stehenzubleiben, wie sie in der Handschrift zu lesen sind.
Malcolm Pasley
Daten zu Leben und Werk
1883
3 . Juli: Franz Kafka wird in Prag als ältestes Kind des Kaufmanns Hermann Kafka und seiner Frau Julie, geborene Löwy, geboren.
1889 – 1893
Besuch der Deutschen Volks- und Bürgerschule am Fleischmarkt in Prag.
1893 – 1901
Besuch des humanistischen Deutschen Gymnasiums in der Prager Altstadt. Abschluss mit dem Abitur.
1901
Im Herbst Beginn des Studiums an der Deutschen Universität Prag, zunächst kurz Chemie, dann Jura; nebenbei kunstgeschichtliche Studien.
1902
Sommersemester: Studium der Germanistik, Wintersemester: Fortsetzung des Jurastudiums. Erste Begegnung mit Max Brod.
1903
Im Sommer: Staatsprüfung in Rechtsgeschichte, anschließend Sanatoriumsaufenthalt zunächst bei Dresden, dann in Südböhmen.
1904
Beginn der Arbeit an
Beschreibung eines Kampfes
.
1905
Im Sommer Sanatoriumsaufenthalt in Zuckmantel, ab Winter regelmäßige Zusammenkünfte mit den Freunden Max Brod, Oskar Baum und Felix Weltsch.
1906
Volontariat in einem Rechtsanwaltsbüro. 18 . Juni: Promotion zum Dr. juris.
Ferien in Zuckmantel, ab Herbst einjährige Rechtspraxis, zunächst am Land-, danach am Strafgericht.
1907
Arbeit an
Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande
. Ab Herbst Aushilfskraft in den »Assicurazioni Generali« in Prag.
1908
Juli: Eintritt als Aushilfsbeamter in die »Arbeiter-Unfall-Versicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag«. Engere Freundschaft mit Max Brod. Erste Publikation von acht Prosastücken (aus dem späteren Band
Betrachtung
) in der von Franz Blei herausgegebenen Zeitschrift ›Hyperion‹.
1909
Zahlreiche Dienstreisen und Ferienreise mit Max und Otto Brod an den Gardasee. Arbeit an
Die Aeroplane in Brescia
, Beginn der Tagebuchaufzeichnungen.
1910
Ernennung zum »Anstaltscopist«. Besuch von sozialistischen politischen Veranstaltungen. Ferienreise mit Max und Otto Brod nach Paris.
1911
Zahlreiche Dienstreisen und Ferienreise mit Max Brod nach Oberitalien und Paris, Sanatoriumsaufenthalt bei Zürich. Kafka wird stiller Teilhaber der Asbestfabrik seines Schwagers. Freundschaft mit dem jiddischen Schauspieler Jizchak Löwy, Beschäftigung mit dem Judentum.
1912
Im Sommer Reise mit Max Brod nach Weimar, abschließend Sanatoriumsaufenthalt im Harz. Arbeit an der ersten Fassung von
Der Verschollene (Amerika)
. Im August lernt Kafka Felice Bauer kennen. Versuch der Familie, ihn zur Beaufsichtigung der ihm verhassten Fabrik des Schwagers zu zwingen. Er schreibt
Das Urteil
(September) und
Die Verwandlung
(November/Dezember).
Betrachtung
erscheint.
1913
Beförderung zum »Vizesekretär«. Besuch bei Felice Bauer in Berlin. Im September Reise zum »Internationalen Kongreß für Rettungswesen und Unfallverhütung« nach Wien. Weiterreise über Triest und Venedig an den Gardasee, ins Sanatorium nach Riva.
Der Heizer
erscheint.
Das Urteil
erscheint im Jahrbuch ›Arkadia‹.
1914
Besuche bei Felice Bauer in Berlin, Gegenbesuch in Prag. 1 . Juni: Verlobung mit Felice Bauer in Berlin. 12 . Juli: Entlobung. Danach Reise mit Ernst Weiß ins Ostseebad Marielyst (Dänemark). Beginn der Arbeit an dem Roman
Der Proceß
. Oktober:
In der
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