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Das Schloß

Das Schloß

Titel: Das Schloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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abbrach, an den sich dann aber – ohne Überschrift – der Beginn des Romans, wie wir ihn kennen, anschloss. Kafka schrieb Das Schloss zunächst als Ich-Roman, entschied sich aber bei der Arbeit am dritten Kapitel zu einem Wechsel der Erzählhaltung und nahm in dem bereits vorliegenden Text entsprechende Korrekturen vor, ohne diesen sonst aber zu verändern: »Ich« wurde zu »K.«, »mein« zu »sein«, und so fort.
    Kafka hoffte, dass das Schreiben ihn zumindest nervlich stabilisieren, »beruhigen« könne, er wies ihm also eine therapeutische Funktion zu, wie sie ähnlich schon 1914 die Arbeit an
Der Process
für ihn gehabt hatte. Dieser frühere Roman Kafkas wird oft zur Interpretation von
Das Schloss
herangezogen, und zwar aufgrund einer mehr äußerlichen Übereinstimmung – die Protagonisten beider Werke tragen ja den Namen »K.« – wie auch vermeintlicher inhaltlicher Entsprechungen. In beiden Werken scheint der Kampf eines Einzelnen mit einer höheren Instanz gestaltet zu sein: mit dem Gericht bzw. jener »gräflichen Behörde«, deren Sitz auf dem Schlossberg oberhalb des Dorfes ist, in dem K. mit der Begründung, der vom Grafen bestellte Landvermesser zu sein, um Aufnahme bittet. Es gibt jedoch einen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Werken: Während der Bankprokurist Josef K. einer im Kontext der Romanhandlung als real vorzustellenden Verfolgung durch die Vertreter des Gerichts ausgesetzt ist, erfindet der Landvermesser K. einen »Kampf« zwischen sich und den Repräsentanten des Schlosses, indem er seine ganze Umwelt interpretiert; er schafft sich den Gegner erst, indem er alle Manifestationen der Instanz, die von »oben« ausgehenden Emanationen, zu feindlichen oder zumindest ihn abwehrenden Akten umdeutet.
    Zunächst entsteht auch im Leser, der die Romanwelt durch die Augen K.s wahrnimmt, der Eindruck, dass auf dem Schlossberg etwas Bedrohliches oder gar Böses residiere. Die Bauern unten scheinen in Angst zu leben, für K. sieht der Schädel eines jeden von ihnen aus, »als sei er oben platt geschlagen und die Gesichtszüge hätten sich im Schmerz des Geschlagenwerdens gebildet«. Doch wenn Kafka auch vorwiegend von der Perspektive seines Helden aus erzählt, bietet er dem Leser im Verlauf der Handlung immer wieder die Möglichkeit, sich von K., von dessen Sicht- und Denkweise zu distanzieren und zu einem eigenen Urteil bezüglich der Schlossbehörde zu gelangen. So ist beispielsweise im zweiten Kapitel der Brief eines Kanzleivorstands, mit dem K. in herrschaftliche Dienste aufgenommen wird, im Wortlaut zitiert. Der Landvermesser unterzieht diese Aufnahmebestätigung einer zweiten Lektüre, da ihn die erste nicht befriedigt hat, beginnt zwischen den Zeilen zu lesen, entdeckt Uneinheitlichkeiten und kommt schließlich zu dem Fazit, dass das Schreiben eine Warnung oder eine Drohung enthält: »Der Brief verschwieg […] auch nicht, daß, wenn es zu Kämpfen kommen sollte, K. die Verwegenheit gehabt hatte, zu beginnen […].« An solchen Stellen wird deutlich, dass K. auf die Feindschaft der Schlossbehörde angewiesen ist, und sie sich, wenn sie ihm nicht wirklich entgegengebracht wird, konstruieren muss, weil es ihn nach einer »Aufgabe« verlangt, die ihn aus der Normalität heraushebt und über seine Mitmenschen stellt: nämlich sich Zugang zum Schloss zu verschaffen, so wie er als Jugendlicher die hohe Mauer um einen Friedhof erkletterte; »das Gefühl dieses Sieges«, heißt es, »schien ihm damals für ein langes Leben einen Halt zu geben«.
    Welches die Konsequenzen eines solchen egozentrischen, eigentlich nur der eigenen Eitelkeit entspringenden Strebens nach Höherem sind, veranschaulicht im Kontext des Romans die Familie des Barnabas. Die Schusterfamilie geht davon aus, dass vom Schloss Strafmaßnahmen gegen sie eingeleitet sind; als dies nicht der Fall zu sein scheint, da man dort gar nichts von einem Vergehen ihrerseits weiß, empfindet sie sich als ihrer Bedeutung beraubt; die Versicherungen, dass nichts gegen sie vorliege, werden daher uminterpretiert, als Teil einer besonders tückischen Strategie gedeutet, und vor allem der Familienvater setzt seine Versuche, Verzeihung zu erlangen, fort; indem er sein ganzes Leben in den Dienst dieser Aufgabe stellt, verfällt er zusehends körperlich wie geistig, und die ganze Familie gerät in soziale Isolation. Der Landvermesser K. verspürt Staunen darüber, dass in den Kreisen so einfacher Leute ein solch »unglückseliges

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