Das Schwert des Königs - Dark City ; 3
sagte Drakar der Erste. Der Prinz setzte sich auf einen Stuhl neben das Himmelbett und sah seinen Vater ahnungsvoll an. Der Sechzigjährige wirkte müde und gebrechlich. Sein Gesicht war von Falten durchfurcht, die Haut auf seinen Händen sah aus wie Pergamentpapier. Das leidenschaftliche Feuer von königlichem Stolz und zäher Willenskraft, das normalerweise in seinen Augen glühte, war erloschen. Drakar der Zweite spürte die Anwesenheit des Todes in dem Schlafgemach, und es fröstelte ihn dabei.
«Mir bleibt nur noch wenig Zeit», hauchte der König.
«So etwas dürft Ihr nicht sagen», antwortete der Prinz, obwohl er innerlich wusste, dass sein Vater die Wahrheit sagte.
«Ich sterbe, mein Sohn», sagte Drakar der Erste geradeheraus. «Ich spüre, dass meine Zeit gekommen ist. Ich werde die Nacht nicht überleben.»
Drakar schüttelte energisch den Kopf. «Was redet Ihr da? Wir haben die besten Ärzte, die sich um Euch kümmern. Sie werden herausfinden, was Euch fehlt. Sie werden Euch wieder gesund machen!»
«Nein, das werden sie nicht», sagte der König matt. «Ich weiß, es ist nicht leicht für dich, dies zu akzeptieren, mein Sohn. Aber es ist, wie es ist. Der Tod wird mir schon in wenigen Stunden die Hand reichen, und dann wirst du es sein, der den Thron besteigt. Du wirst Herrscher über Dark City, mein Sohn.»
«Vater, hört auf damit! Ihr redet wirres Zeug! Ich werde besser den Arzt holen.» Der Prinz wollte eben aufstehen, als die dürre Hand seines Vaters ihn mit eisernem Griff zurückhielt.
«Hör mir zu, Drakar», flüsterte Drakar der Erste und sah den Prinzen eindringlich an, ohne dessen Arm loszulassen. «Auf dem obersten Bücherregal in der Bibliothek, im einhundertdreiundvierzigsten Buch von links auf der Seite sechshundertundzehn findest du die Lichtformel, die du brauchst, um Veolicht herzustellen. Hüte die Formel wie deinen Augapfel. Lass sie niemals in falsche Hände geraten. Sie ist mein Vermächtnis an dich.»
Drakar der Zweite presste seine Lippen zusammen und nickte. Er hatte sich schon oft gefragt, wo sein Vater diese streng geheime Formel aufbewahrte. Sie war der Schlüssel zur Macht. Wer sie besaß, herrschte über das Kostbarste, was es in Dark City gab: Licht. Nachdem der Nebel damals das Sonnenlicht verschluckt hatte, war das Volk dem Untergang geweiht gewesen. Ohne Licht kein Leben. So war die erschreckende Bilanz.
Doch Drakar der Erste tat sich mit den besten Wissenschaftlern zusammen und entwickelte eine künstliche Energiequelle, die sämtliche Eigenschaften des natürlichen Sonnenlichts in sich vereinte. Veolicht nannte er seine Erfindung. Veolicht war in der Lage, nicht nur Licht, sondern auch Wärme und Energie zu erzeugen, um Pflanzen wachsen zu lassen und Maschinen anzutreiben. Die Produktion dieses synthetischen Lichts war sehr kostspielig und trieb damit automatisch auch die Kosten für alles andere in schwindelerregende Höhen, so dass die Kluft zwischen Reich und Arm immer tiefer wurde. Dennoch verehrten und liebten die Menschen ihren König, denn allein seinetwegen waren sie noch am Leben.
«Das einhundertdreiundvierzigste Buch von links, Seite sechshundertundzehn», wiederholte Drakar der Zweite und prägte sich die Zahlen genau ein.
«Mein Sohn, der Thronerbe Dark Citys zu sein ist keine leichte Aufgabe. Du musst stark sein und schonungslos durchgreifen, wenn deine Befehle nicht befolgt werden. Du bist der König, und deinem Willen haben sich alle zu beugen, auch deine engsten Vertrauten. Dulde kein Unrecht und keinen Ungehorsam. Zeige niemals Gnade, denn Gnade ist ein Zeichen von Schwäche. Und ein König darf nicht schwach sein. Zeige keine Gefühle und weine niemals, nicht einmal, wenn du alleine in deiner Kammer bist, mein Sohn. Du musst tapfer sein und eisern, denn nur so wirst du die Bürde des Königreiches zu tragen vermögen. Hast du mich verstanden?»
«Ja, Vater», murmelte der Prinz.
«Ich habe mein Bestes getan, um das Geschlecht der Hexen auszurotten, bevor du die Regierung übernimmst», fuhr der König fort, «aber es ist mir nicht gelungen, mein Sohn. Ich weiß nicht, wie viele noch übrig sind. Finde sie! Töte sie!» Er richtete sich etwas auf und zog Drakar den Zweiten näher zu sich heran. «Versprich mir, dass du nicht eher aufhörst, bis jede Hexe und jeder Hexer im Stadion verbrannt wurde! Versprich es mir!»
«Ich verspreche es», sagte Drakar.
«Gut.» Der alte König ließ sich erleichtert wieder in seine Kissen
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