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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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ihm.
    »Hör auf, Gilbert«, schrie Fulko.
    »Halt dich zurück, Fulko! Ich tue nur, was mir aufgetragen wurde. Von Robert selbst.«
    Jetzt holte ich zum endgültigen Hieb aus. Seine Hände waren gefesselt, er konnte sie nicht heben. Doch in Todesangst hatte er sich halb geduckt, so dass ich ihn eher schlecht am Kopf traf. Blut quoll hell aus der Wunde, und er schrie wie am Spieß. Noch einmal schlug ich zu, und diesmal biss die Klinge tief in seinen Hals. Er sank auf die Knie und starrte an sich hinunter, sah, wie sein Leben aus der tödlichen Wunde rann. Eine Weile röchelte er noch, schnappte nach Luft, als könnte ihn das retten, und sah mich dabei an, als wäre ich der Hölle selbst entsprungen. Dann fiel er um und war tot.
    Ich hielt das blutige Schwert in der Hand und zitterte am ganzen Leib. Vor Wut. Und noch viel mehr vor der schrecklichen Tat, die ich begangen hatte. Die anderen standen um mich herum und schwiegen betreten.
    Mein Herz schlug wie wild, und ich holte tief Luft.
    »Robert und Onfroi werden einen Beweis wollen, dass ich den Befehl ausgeführt habe«, sagte ich leise und musste noch einmal tief durchatmen. Ich selbst hatte nicht mehr die Kraft, das Notwendige zu tun.
    Verlegene Blicke. Ich glaube, sie alle wussten, was ich meinte. Dann trat Ivain vor und machte sich an die grässliche Arbeit. Jemand hielt ihm einen leeren Brotbeutel hin, und er steckte den blutenden Kopf hinein. Dann ging er zu Alba hinüber, die ruhig graste, und band den Beutel an meinen Sattel.
    Ich säuberte mein Schwert an einem Grasbüschel und schob es zurück in die Scheide, sammelte meinen Schild auf und stieg aufs Pferd.
    »Wir reiten zurück. Und lasst die anderen laufen. Sollen sie in Capua berichten, wie ihr Herr für seine Frevel bestraft wurde.«
    *
    Auf dem Weg zurück begann es zu regnen, diesmal dichter und heftiger, so dass wir in kürzester Zeit durchweicht waren. Flüchtende hasteten auf die Brücke hinter uns zu. Sobald sie unserer ansichtig wurden, machten sie einen weiten Bogen um uns. Doch es waren nur wenige, denn der Großteil der Überlebenden des lombardischen Heeres war, wie wir gesehen hatten, nach Norden geflohen und überquerte den Fortore an anderer Stelle.
    Niemand sprach. Meine Gefährten senkten den Blick, wenn ich sie ansah, und hielten einen gewissen Abstand zu mir. Jedenfalls kam es mir so vor. Aus Respekt, weil ich einen Fürsten getötet hatte? Oder aus Abscheu, weil er unbewaffnet und hilflos gewesen war? Das grässliche Ding, das an meinem Sattel baumelte, gegen mein Knie schlug und Blut nässte, würde mich noch tagelang um den Schlaf bringen, dessen war ich mir sicher.
    In einer düsteren Stimmung, als wäre das Ende der alten Götter gekommen, erreichten wir die Hochebene vor Civitate. Ich wusste nicht recht, wohin wir uns wenden sollten. Wir mussten versuchen, Robert oder Onfroi zu finden, falls sie überhaupt noch am Leben waren, oder wer auch immer die Reste des Normannenheeres jetzt befehligte.
    Als wir uns dem Hügel der Schwaben näherten, konnten wir im Regendunst erkennen, dass er wie zuvor voller Krieger war, und doch schien sich in der kurzen Zeit die Lage gänzlich verändert zu haben. Überall standen reiterlose Pferde umher. Kein Kampfgebrüll oder Waffenlärm begrüßte uns, es war fast unheimlich still, außer dem Stöhnen von Verletzten. Ganze Scharen von Männern wanderten über den Hügel, beugten sich vor, um etwas aufzulesen, oder stachen auf Verwundete ein, um sie zum Schweigen zu bringen. Das Ende schien gekommen. Vielleicht sollten wir uns auch aus dem Staub machen.
    Und dann wurde mir plötzlich alles klar. Es waren Normannen, die dort die Toten des Gegners fledderten, nach Münzen suchten, sich einen Dolch oder ein Schwert nahmen, ein silbernes Kreuz oder einen hübschen Gürtel. Wo waren die Schwaben? Hatten wir sie etwa besiegt?
    Aber so war es, wie uns die Ersten, denen wir begegneten, bestätigten. Der Kampf war lange unentschieden verlaufen, hatte aber schreckliche Verluste auf beiden Seiten gekostet. Bis Richard Drengot zurückgekommen war und die Waagschalen endgültig zum Vorteil der Normannen getippt hatte. Dieser junge Krieger hatte heute wahre Heldentaten vollbracht.
    »Sind die Schwaben denn geflohen?«, fragte ich. »Ich sehe sie nicht.«
    »Du siehst sie nicht, weil sie tot sind, Kamerad. Wir haben die Großmäuler alle erschlagen.«
    Ich hätte mich über die Kälte und Grausamkeit solcher Worte entsetzen sollen. Aber ich konnte es nicht.

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