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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Gassen hatten die Räder zahlloser Fuhrwerke tiefe Rinnen gegraben, in denen sich dreckig braunes Wasser sammelte. An schlecht passierbaren Stellen waren Bohlen ausgelegt, über die die Fuhrleute fluchend und peitscheschwingend ihre Tiere trieben.
    In all der Geschäftigkeit kamen und gingen auch viele Bewaffnete, so dass wir nur ein weiterer Kriegertrupp waren und niemandem auffielen. Fast unbemerkt machten wir unseren Weg zum Haupttor der Burg. Robert, der wie die anderen Reiter unserer Truppe die letzte Meile zu Pferde bestritten hatte, blickte hochmütig auf die Wache herab, wies sich als Hauteville aus und verlangte nach seinen Brüdern.
    Nach einigem Zögern mussten dem Hauptmann der Wache gewisse Familienähnlichkeiten aufgefallen sein, denn er gab sich mit einem Mal freundlich, bat die Herren abzusitzen und rief nach Stallknechten. Robert ließ sich aus dem Sattel gleiten.
    »Kümmert euch vor allem um meine Männer«, sagte er. »Wir haben einen langen Weg hinter uns. Sie brauchen Unterkünfte.«
    »Könnte schwer werden, Herr. Aber wir werden schon ein Plätzchen für euch finden.«
    Dann ging er voran, um den Weg zu weisen. Robert bedeutete Rainulf und Fulko, ihm zu folgen. Nach ein paar Schritten drehte er sich um und rief auch nach mir. »Halt dich an meiner Seite«, raunte er. »Du bist schließlich auch ein Hauteville. Ein halber zumindest.«
    Rainulf grinste und zwinkerte mir zu. Mir musste allerdings vor Überraschung der Mund offen gestanden haben, dann stolperte ich aufgeregt und hochrot vor Freude hinter ihnen her.
    Melfi war erst vor einigen Jahren von Williame de Hauteville erobert worden und die Burg selbst noch unfertig. Mauern und Türme standen, aber innen schienen Behausungen und Ställe hastig aus Holz zusammengezimmert. Einige davon mussten Mannschaftsunterkünfte sein, denn es saßen Krieger davor und vertrieben sich die Zeit mit Würfelspiel. Sie musterten uns gelangweilt. Das Backhaus, eine Schmiede, in der fleißig gearbeitet wurde, und die große Halle an der Nordseite waren aus Stein. Dorthin führte uns der Wachmann.
    Es dunkelte schon, als wir eintraten.
    Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte. Jedenfalls nicht diese riesige, karge Höhle. Tancreds alte Halle war dank Fressenda ein anheimelnder Ort gewesen. Mit einem Kamin, um den man sich scharte, mit Hirschgeweihen an den Wänden und warmen Fellen auf den Sitzbänken. Dazu Schinken im Rauchfang und Kräuter, die zum Trocknen von den rußigen Balken hingen. Beim Essen an der großen Tafel hatten die Gesichter nicht nur im Glanz der Binsenlichter geleuchtet, sondern auch vor guter Laune und Frohsinn, wenn Familie und Gesinde sich über das gemeinsame Mahl hergemacht hatten.
    Drogos Halle dagegen war karg. Sie hatte nur wenige, winzige Fenster. Dafür einen gewaltigen Rauchabzug unterm Dachfirst. Der einzige Schmuck waren Waffen an den Wänden. Licht spendete, neben Fackeln an den hölzernen Stützpfeilern, vor allem die riesige Feuerstelle mitten im Raum, über der Knechte sich mühten, ein ganzes Schwein am Spieß zu braten. Ringsum waren Tafeln aufgebockt, an denen Männer saßen und tranken, die Gesichter halb im Schatten. Der Steinboden war dreckig, hier und da lagen abgenagte Knochen, um die sich Hunde balgten. Überhaupt hatte der Raum, trotz der jungen Weiber, die mit Krügen herumliefen und die Becher nachfüllten, etwas lieblos Rauhes und Ungepflegtes, als fehlte die weibliche Hand.
    »Euer Bruder, Herr«, rief der Wachmann in den Raum.
    Alles verstummte. Neugierige Blicke wandten sich uns zu. Auch die Schankweiber blieben stehen und glotzten. Da erhob sich im Hintergrund eine massige Gestalt.
    »Robert? Bist du das?«
    Guiscard trat vor. »Onfroi, du alter Bär«, lachte er. »Immer noch derselbe.«
    Wie ein tapsiger Bär sah er auch aus. Größer noch als Robert, mit mächtigen Schultern, weizenblonder Mähne und einem gelockten Bart, ganz wie sein Vater Tancred. Mit gemächlichen und doch geschmeidigen Bewegungen näherte er sich und packte Robert an den Schultern. Fröhliche blaue Augen, aus denen der Schalk blitzte, musterten ihn von oben bis unten.
    »Du bist es wirklich, beim Henker!«
    Sie umarmten sich herzlich.
    »Verflucht, wie lange ist es her?«
    »Drei Jahre«, erwiderte Robert.
    »Kommt mir schon wie eine Ewigkeit vor.« Onfroi drehte sich um. »He, Drogo. Heb deinen Arsch und begrüß unseren kleinen Bruder.«
    »Halbbruder.«
    In dem Wort hatte wenig Wärme gelegen. Erstaunt blickte ich zur Tafel

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