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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Geschlecht, Erbin ehrwürdiger Traditionen. Noch dazu in einer schmucklosen Halle, umringt von groben, ungeschliffenen Fremdlingen aus dem Norden, die ihrer schönen Sprache Gewalt antaten.
    Zumindest war sie nicht allein, denn außer ihrem Bruder hatten Edelleute und hohe Christenpriester aus Salerno sie begleitet. In ihren festlichen Gewändern verliehen sie Drogos Halle einen ungewohnten Glanz. Auch wenn ich bisher in meiner Unerfahrenheit von Melfi und seinen normannischen Baronen beeindruckt gewesen war, hier bot sich mir ein ganz anderes Bild.
    Ich stand in hinterster Reihe und gaffte mir die Augen aus dem Kopf, denn der Raum glänzte förmlich vor edlem Tuch in allen Farben des Regenbogens. Die Lombarden trugen seltsam lange Gewänder bis auf die Füße, fast hätte man sie für Weiber gehalten. Schuhe aus weichem Kalbsleder, zierliche, mit Edelsteinen besetzte Gürtel, viel zu leicht für das Gewicht eines ordentlichen Schwerts, dazu Umhänge mit Zobel und Hermelin verbrämt, von goldenen Fibeln gehalten.
    Die Unsrigen dagegen in ihrer schmucklosen Aufmachung sahen wie Bauerntölpel aus. Auch wenn sie zu Ehren des Anlasses besser als sonst gekleidet waren, sich den Bart hatten stutzen und die Haare schneiden lassen. Besonders Drogo trug ein feines Gewand, Gold blitzte auf seiner Brust und an den Fingern. Und doch war es wie ein bäurischer Versuch, es den lombardischen Herren gleichzutun. Sein humpelnder Gang ließ ihn plump aussehen, und die Narbe quer über dem Auge verlieh seinem unschönen Gesicht etwas Brutales.
    Nein, Drogo war kein edler Höfling und Melfi kein Salerno. Kein Wunder, dass die Lombarden sich hochnäsig umschauten, als ob sie sich fragten, was im Namen Odins sie hier zu suchen hätten.
    Nicht so Prinz Guaimar.
    Obwohl nicht mehr als mittelgroß und schlank, füllte er doch den großen Raum mit seiner Gegenwart. Er gab sich freundlich und hatte für jedermann ein offenes, herzerwärmendes Lächeln. Nach Reynards Worten verband ihn und uns Fremde aus dem Norden seit Jahren ein für beide Seiten nützliches Bündnis. Seine schützende Hand hatte den Normannen so etwas wie Rechtmäßigkeit verliehen. Und umgekehrt brauchte er uns, um seine Macht zu stärken und seine ehrgeizigen Pläne durchzusetzen, besonders jetzt nach dem Verlust von Capua und Pandulfs neuerlichen Angriffen auf sein Gebiet. Um dieses Bündnis zu erneuern und auch Drogos Ansehen unter seinesgleichen zu erhöhen, war er bereit gewesen, hierherzukommen und die eigene Schwester mit ihm zu vermählen.
    Er scherzte mit Drogo und Onfroi, die ihm seit langem vertraut waren, und fand mit ihrer Hilfe als Übersetzer auch freundliche Worte für Robert, der ihm zum ersten Mal vorgestellt wurde. Dann machte er die Runde unter den anderen Baronen, klopfte dem einen oder anderen auf die Schulter und verweilte am Ende bei einem knorrigen, breitschultrigen Kerl, der eine Binde über dem rechten Auge trug und dessen helles Haar bereits von Silberfäden durchzogen war. Sein kräftiger Bass trug bis zu mir herüber, doch leider war ich mit der römischen Sprache zu wenig vertraut, um etwas zu verstehen.
    »Wer ist das?«, wagte ich Girard di Buonalbergo anzusprechen, der neben mir stand und mich mit einem freundlichen Blick bedacht hatte.
    »Das ist Pierron«, raunte er mir zu. »Asclettins Freund, du weißt schon. Heute scheint er friedlich zu sein, nicht wie beim letzten Mal, als er in Melfi war. Da hat es richtig Streit gegeben.«
    »Um was ging es denn?«
    »Er wollte Drogos Wahl nicht hinnehmen. Beinahe wäre Blut geflossen, hätte Onfroi ihn nicht mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt.« Er lachte in sich hinein. »Unser guter Onfroi haut selbst einen Ochsen um.«
    Auf Befehl des Prinzen verstummten die Gespräche. Mönche stimmten ein frommes Lied an, bei dem die Lombarden mitsangen, dann hieß ein dicker Kirchenmann in golddurchwirktem Ornat alle niederknien. Später erfuhr ich, dass es der oberste Christenpriester im ganzen Land war, ein gewisser Johannes, Erzbischof von Salerno. Er hob ergeben die Augen zur Decke und sprach ein Gebet, woraufhin er alle Anwesenden segnete, auch Drogo, aber besonders Prinz Guaimar.
    Ein ältlicher Mönch begann jetzt, auf Lateinisch von einem Pergament zu lesen, laut genug, dass alle es hören konnten. Girard flüsterte, es sei der Ehevertrag, der die Bündnisverpflichtungen festlege und so wichtige Dinge wie Gaitelgrimas Mitgift. Bestimmt mehr als ein paar Kühe wie bei unseren Bauern üblich,

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