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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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bei meinen Gefährten und zog mich in die große Kammer zurück, die ich in der Burg mit anderen teilte. Doch der Schlaf ließ lange auf sich warten, so viel von den neuen Eindrücken in Melfi schwirrte mir im Kopf herum.
    Am Morgen traf ich mich mit meinen Gefährten auf dem Kampfplatz. Robert bestand darauf, dass ich die täglichen Waffenübungen nicht vernachlässigte, und heute war es an Thore, mich im Bogenschießen zu unterweisen. Auch Gerlaine war zugegen, aber sie sagte kein Wort, saß nur mit ernster, eher abweisender Miene auf der Mauer und sah auf uns herab. Die anderen ließen es sich nicht nehmen, meine stümperhaften Versuche lautstark und mit viel Gelächter zu bewerten.
    »Starr nicht am Pfeil entlang«, sagte Thore. »Vergiss den Bogen. Fass einfach das Ziel ins Auge und atme langsam aus. Dann lass die Sehne los, wenn es sich richtig anfühlt.«
    Der Pfeil flog tief, traf nicht einmal die Zielscheibe.
    »Steh gerade, verdammt noch mal. Und zieh richtig durch.«
    »Mir tun schon die Arme weh.«
    »Ist eben nichts für Schwächlinge. Nur durch Übung kannst du deine Muskeln stärken.«
    »Hör auf den Mann, Gilbert«, johlte Hamo. »Ohne Schweiß kein Meister. Da nützt auch dein feines Gewand nichts. Vielleicht klappt’s besser, wenn du’s wieder ausziehst.«
    »Das könnte dir so passen.«
    Ich blickte zu Gerlaine hinüber. Wenigstens sie hatte nicht über mich gelästert wie die anderen. Trotz ihrer abgenutzten Männerkleider schien sie mir schöner denn je, so entrückt da oben auf der Mauer, fast unnahbar. Mit ihren wild zerzausten, dunklen Haaren war sie der vollkommene Gegensatz zur blonden Alberada, aber in meinen Augen nicht weniger anziehend.
    »Sie ist ziemlich wütend auf dich«, raunte Thore mir zu, der mich in ihre Richtung schielen sah. »Und sie redet kaum ein Wort mit uns. Irgendwie unheimlich. Alles deine Schuld. Vielleicht bringt das noch Unglück, und sie verhext uns.«
    »Das meinst du doch nicht im Ernst.«
    Er trat näher und flüsterte: »Sei ein bisschen nett zu ihr. Kann doch nicht schaden. Aber wenn du nicht willst, dann kümmere ich mich um sie.« Er lachte. »Einer muss es doch tun.«
    »Untersteh dich, du Hurensohn!«
    »Dann geh und vertrag dich.«
    Vielleicht hatte er recht. War ja wirklich nur ein dummer Streit. Ich gab mir einen Ruck. Noch mit dem Bogen in der Hand wanderte ich zu der Stelle hinüber, wo sie auf der Mauer thronte. Mit gekreuzten Beinen und geradem Rücken blickte sie auf mich herab, ohne eine Regung zu zeigen.
    »Was willst du?«, fragte sie.
    Ich war gekommen, mich mit ihr zu vertragen, aber ihr kalter Ton ärgerte mich von neuem.
    »Ich möchte wissen, warum ich Esel nur gut genug war, dich aus der Schmiede deines Alten zu holen.«
    Sie holte tief Luft. »Und ich möchte wissen, warum ich für dich nichts als ein Stück Fleisch für dein Vergnügen bin.«
    Ihre Augen funkelten mich unversöhnlich an. Da packte mich eine solche Wut, dass es mir in den Händen zuckte. Ohne zu wissen, was ich tat, legte ich einen Pfeil auf, riss den Bogen hoch und zog, so weit ich konnte, an der Sehne. Der Pfeil löste sich wie von selbst und flog mit ungeheurer Wucht auf die Zielscheibe zu, wo er genau in der Mitte zitternd stecken blieb.
    Einen Augenblick lang war es still. Dann johlten die Kameraden und klatschten begeistert Beifall. Auch Thore grinste übers ganze Gesicht. Ich aber warf ihm den Bogen vor die Füße und stapfte wütend davon.
    »He, Gilbert, meine Pfeile«, rief er mir nach. Ohne mich umzudrehen, ließ ich seinen Köcher von der Schulter gleiten und marschierte weiter zur Burg hinüber.
    Von Gerlaines schroffer Abfuhr fühlte ich mich verletzt und vor allem ungerecht behandelt. Nach weiteren Auseinandersetzungen mit ihr stand mir wahrlich nicht der Sinn. Wie eine Schnecke, die bei Berührung die Hörner einzieht, so beschloss ich, sie zu meiden, und ließ mich die nächsten Tage auch auf dem Übungsplatz nicht blicken. Dafür kam Le-Vieux Reynard zu mir auf die Burg.
    »Die Jungs werden etwas unruhig«, sagte er.
    »Wie meinst du das?«
    »Die Verpflegung ist gut, da will ich nicht klagen. Aber wir sind nicht drei Monate lang wie die Irren marschiert, um jetzt untätig auf dem Arsch zu sitzen. Ragnar liegt mir täglich in den Ohren, wann wir endlich Beute machen können. Und die anderen sind auch nicht besser. Rollo hat bei allen Spielschulden, du weißt, wie er ist. Rainulf meint, wir sollen uns gedulden, aber vielleicht könntest du mal mit

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