Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
dachte ich belustigt, verbiss mir aber die Bemerkung. Schließlich wollte ich Girard nicht verärgern. Es war schon ungewöhnlich genug, dass er sich herabließ, einem wie mir die Welt zu erklären.
Nach den feierlichen Unterschriften, bei denen als Zeugen auch Edelleute beider Seiten ihr Zeichen unter die Urkunden setzten, umarmten sich Guaimar und Drogo, dessen ernstes Gesicht aussah, als würde die ganze Tragweite dieses Augenblicks auf ihm lasten. Guaimar dagegen schlug ihm herzlich auf die Schulter und rief lautstark nach der Braut.
Man erinnerte ihn daran, dass die Kirche zu klein war und die Trauung im Burghof stattfinden sollte, damit auch das gemeine Volk teilhaben könne. Und so begab man sich nach draußen.
Der Hof war vollgestopft mit Menschen. Auch auf den Wehrgängen standen sie dicht an dicht, und vor der Halle bemühten sich Wachen, die Leute auf Abstand zu halten. Ich weiß nicht, was es mit Hochzeiten auf sich hat, dass alle Welt so versessen darauf ist, dabei zu sein. Ich winkte meinen Freunden zu, die irgendwo in der Menge standen. Gerlaine konnte ich nirgends entdecken.
Es war winterlich kühl, aber wenigstens sonnig. Ein gutes Omen. Nun fehlte nur noch die Braut. Drogo fuhr sich wiederholt mit der Hand über sein schütteres Haar, als wollte er sich vergewissern, dass es noch da war, und Pierron machte eine bissige Bemerkung, ob die Braut vielleicht das Weite gesucht habe.
Endlich rissen Bedienstete eine Nebentür zum Hof auf. Da stand sie und verharrte einen Augenblick auf der Schwelle, wohl um das Bild, das sich ihr bot, ganz in sich aufzunehmen. Gemessenen Schrittes trat sie schließlich vor und blieb für alle sichtbar stehen, wie um sich bewundern zu lassen.
Und was für eine prächtige Erscheinung sie war. Ein unter dem Busen gerafftes Unterkleid aus blütenweißer Seide fiel ihr in vielen Falten bis über die zierlichen Schuhe. Darüber ein weitärmeliges, schweres Gewand aus sündhaft teurem Goldbrokat, vorne weit offen, während es hinten in eine Art Schleppe überging, die auf dem Boden schleifte. Haupt und Antlitz waren von einem weißen Schleier verhüllt, der ihre Züge nur erahnen ließ.
Prinz Guaimar selbst geleitete sie feierlich bis an Drogos Seite. Würdevoll ergriff er die Hände der künftigen Eheleute und fügte sie ineinander. Daraufhin rief er lautstark, und sogar auf Fränkisch, Gott zum Zeugen an, dass sie nun Mann und Frau seien. Der Erzbischof sprach ein Gebet und segnete den Bund.
Nun war es an Drogo, ihr seinen Ring überzustreifen. Er tat dies so vorsichtig, als fürchtete er, ihre lilienweiße Hand in seiner rauhen Pranke zu zerbrechen. Dann, und dies war der Augenblick, auf den alle gewartet hatten, nahm er ihr behutsam den weißen Schleier ab, der das Zeichen ihrer jungfräulichen Unschuld darstellen sollte. Gaitelgrima hob ihm das Gesicht entgegen, und er küsste sie, wobei er sich etwas tapsig anstellte. In der Menge hörte man Frauen seufzen. Und schließlich jubelte das versammelte Volk.
Auch ich war neugierig auf Gaitelgrima gewesen. Das also war Asclettins magere Ziege, la capra magra, wie er sie genannt hatte. Obwohl, so mager fand ich sie gar nicht. Zumindest war sie ausreichend gepolstert, wo man es bei einer Frau gern sieht. Aber in einem hatte er recht, ihr Gesicht war schmal und lang, die Nase scharf wie bei einem Raubvogel. Dafür waren ihre Brauen schön geschwungen, die großen Augen tiefgründig dunkel, die Lippen voll und sinnlich. Unschuldig jedenfalls sah sie nicht aus. Nun, sie war ja auch schon Ende zwanzig.
Nachdem das Paar sich rundum gebührend gezeigt hatte, kehrten sie und die Edelleute in die inzwischen festlich geschmückte Halle zurück.
Diesmal hatte Drogo sich überboten. Die aufgebockten Tafeln waren mit feinem Tuch, kostbarem Geschirr und Löffeln aus reinem Silber gedeckt. Die rußigen Fackeln hatte man verbannt, stattdessen standen silberne Kerzenleuchter auf den Tischen, um die sogar tagsüber trübe Halle mit warmem Licht zu füllen.
An der Feuerstelle mühten sich Knechte mit zwei ganzen Wildschweinen ab, die sie langsam am Spieß rösteten, und aus der Küche nebenan waberten Düfte, die einem den Mund wässrig machten. Selbst an Spielleuten hatte er nicht gespart, die jetzt die Hochzeitsgäste mit Flöte und Tambour, Gesang und Tanz empfingen. Schankmägde gingen reihum und füllten die Becher mit Wein. Unter ihnen war auch Elda, die mich in der Menge aber nicht bemerkte.
Der maior domus wies die Plätze zu.
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