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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Reich in Augenschein zu nehmen. Die Enttäuschung war ihm anzusehen, denn Scribla war wirklich nichts Großartiges. Die Burg lag auf einer flachen Erhebung, von Wiesen und niedrigen Sträuchern umgeben. Nach Normannenart hatte man einen mit Felsbrocken befestigten Erdhügel aufgeworfen, auf dem ein klobiger Holzturm thronte, der ein wenig schief stand. Eine grasüberwachsene Treppe aus Bohlen führte hinauf. Unten waren sowohl der Hügel wie auch eine kleine Vorburg mit Graben und Palisade befestigt. Darin lagen Ställe und Unterkünfte. Alles recht bescheiden und vor allem eng für unsere fünfunddreißig Mann, wenn man die gegenwärtige Besatzung hinzuzählte.
    Zu sehen war niemand, nur ein Dutzend Pferde auf einer nahen Koppel. Kein Banner wehte vom Turm, niemand, der Ausschau hielt, kein Anruf von Wachen, als wir uns näherten. War Scribla etwa eingenommen worden? Wir stiegen leise von den Pferden, nahmen Schild und Schwert in die Hand und schlichen uns vorsichtig an.
    Die Brücke über den Graben schien wenig vertrauenswürdig, das Tor zur Vorburg stand weit offen. Besser gesagt, es hing ungesichert und schief vom Torpfosten. Überall lag Unrat herum, zerbrochene Weinamphoren, verrottetes Holz, ein zerschlissener Sattel, dessen Leder vom Wetter grau und aufgequollen war, ein gewaltiger Misthaufen, auf dem sich fette Schmeißfliegen tummelten. Im Hof wucherte an manchen Stellen das Gras bis zur Hüfte.
    Thore legte einen Pfeil auf die Sehne und blickte sich nach Feinden um. Herman hob den Schild höher, und auch ich hielt, wie die anderen, den Atem an.
    Plötzlich hörten wir eine Frauenstimme kreischend auflachen. Das war aus dem Blockhaus vor uns gekommen, das wohl als Haupthaus und Halle diente. Nun ließen sich auch Männerstimmen vernehmen.
    Da hielt es Robert nicht länger aus. Er ließ den Schild fahren und überquerte mit raschen Schritten, das Schwert in der Faust, den kleinen Hof und drang durch die angelehnte Tür ins Innere der Halle vor, dicht gefolgt von Rainulf, Bjarni und mir, um ihn zu decken.
    Drinnen war es dunkel. Nur ein paar funzelige Binsenlichter erhellten den Raum. Durch unser plötzliches Erscheinen aufgeschreckt, hörten wir Weiber in Panik kreischen. Männer sprangen auf, die meisten spärlich bis gar nicht bekleidet, und starrten uns entsetzt an. Auch die Frauen waren nackt und griffen sich das Nächstbeste, um ihre Blöße zu bedecken. Es stank nach Wein, Schweiß und Beischlaf.
    »Was zum Teufel geht hier vor?«, brüllte Robert. Statt auf eine Antwort zu warten, klatschte er einem der Kerle mit der flachen Klinge auf den Hintern. »Raus hier! Alles raus. Und zwar schnell. Bevor ich euch den Hals abschneide.«
    Ein halbes Dutzend Kerle und drei Frauen torkelten auf den Hof und sahen sich dort von noch mehr scharfen Waffen und grimmigen Gesichtern umringt. Wenn sie betrunken gewesen waren, dieser Anblick musste sie ernüchtern. Aber auch unsere Jungs waren überrascht und glotzten mit unverhohlener Neugier auf die halbnackten Weiber.
    »Wer ist der Anführer der Burg?«
    »Tancred, Herr«, stotterte einer der Männer furchtsam. Er hielt die Hand über seine Blöße und wankte unsicher auf nackten Beinen. »Er schläft, glaub ich.«
    »Dann hol ihn. Aber sofort, sonst mach ich dir Beine.«
    Während Robert sein Schwert in die Scheide schob, rannte der Mann zu einer der Hütten, die als Unterkunft dienten. Wenig später tauchte er mit einem grobknochigen, kräftigen Blondschopf auf, der aussah, als hätte man ihn gewaltsam aus dem Schlaf gerissen. Der stank ebenfalls auf drei Schritte nach Wein, war aber wenigstens bekleidet. Einschüchtern ließ er sich jedoch nicht, sondern baute sich breitbeinig vor Robert auf. Hinter ihm tauchten noch mehr Männer auf, die erschrocken um sich starrten.
    Nicht so der Blondschopf. »Wer bist du, dass du hier so’n Krach machst?«, grölte er.
    »Robert Guiscard, du nutzlose Kröte.«
    »Nie gehört. Was willst du hier?«
    »Dir Benehmen beibringen.«
    Damit verpasste Robert ihm mit der bloßen Faust einen solchen Schlag in die Magengrube, dass der Mann vornüberkippte und nach Luft rang. Ein weiterer Hieb ließ ihn zu Boden krachen, und bevor er sich wieder aufrichten konnte, trat Robert ihm wiederholt in die Rippen, bis der Kerl wimmernd liegen blieb. Ich hatte Robert noch nie so wütend gesehen, und wäre nicht Rainulf zur Stelle gewesen, wer weiß, was er mit diesem Tancred gemacht hätte.
    »Sei froh, dass du wie mein Vater heißt, sonst wärst

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