Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
schaden.«
»Danke«, nickte er ganz ernsthaft. »Ich werd’s mir merken.«
Rainulf machte die Runde. »Hört auf zu quatschen und seht zu, dass ihr bereit seid und nichts Wichtiges zurücklässt.«
Wir saßen schon auf, als Onfroi auftauchte und Robert umarmte.
»Mach mir diesmal keinen Ärger, hörst du?«, sagte er. »Und vergiss deinen Zorn auf Drogo. Er ist, wie er ist.«
Onfroi und Girard winkten uns nach, fast wie beim letzten Mal. Und schon bald lag Melfi hinter uns. Es war gut, dass auch Lando wieder als Führer dabei war. Wir hatten uns an diesen freundlichen, stillen Mann mit den klugen Augen gewöhnt. Robert bestand darauf, dass wir nur noch Lombardisch mit ihm sprachen. Das fiel vielen zuerst schwer, obwohl es der einzige Weg war, uns bald nicht mehr wie hilflose Fremdlinge zu fühlen.
Was Robert betraf, so gab er sich dieser Tage wenn nicht mürrisch, so doch verschlossen. Man konnte ihm anmerken, dass er den Kuhhandel mit seinen Brüdern als Erniedrigung empfand und darüber nachsann, wie er endlich die Oberhand gewinnen könnte. Er redete wenig und hatte es diesmal auch gar nicht so eilig. In aller Ruhe machten wir unseren Weg durch die hügelige Landschaft, rasteten gelegentlich und schlugen schon nachmittags das Lager auf, um am Feuer unseren Speck zu braten, den Weinschlauch kreisen zu lassen und den Sonnenuntergang zu genießen. Besonders in solchen Augenblicken und noch mehr, wenn ich in mein Zelt kroch, vermisste ich Gerlaine. Zum Glück gab es die Gemeinschaft der Gefährten, die mir inzwischen so vertraut geworden waren – Ragnars scharfe Zunge, Hamos dumme Witze oder Thores Weibergeschichten.
»In Benevento hat es einen Aufstand gegeben«, hörte ich Robert zu Rainulf und Fulko sagen. »Wie befürchtet, haben sie den Prinzen vertrieben und den Schlüssel der Stadt dem Papst übersandt.«
»Und was bedeutet das für uns?«, fragte Rainulf.
»Dass Drogo vielleicht recht hat und sich der Widerstand gegen uns Normannen festigt.«
»Glaubst du, unsere Plünderungen haben dazu beigetragen?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Aber vielleicht kommt es zum Krieg.«
»Was haben wir dann in Scribla verloren?«
Robert zuckte mürrisch mit den Schultern. »Weil mein guter Bruder mich aus dem Weg haben will. Aber ich sage dir, unsere Zeit wird noch kommen.«
Mit gemischten Gefühlen zogen wir weiter, denn immer noch wurmte uns der Verlust der Beute, eine Schmach, die es eines Tages auszumerzen galt, davon waren wir alle überzeugt. Aber zumindest hingen wir nicht mehr untätig in Melfi herum.
Südlich von Potenza kamen wir in eine Gegend, wo uns manche Dörfer wie entvölkert vorkamen, nur von Alten und Gebrechlichen bewohnt, die sich vor jedem fürchteten und in ihren Hütten versteckten, wenn sie Fremde sahen.
»Sklavenjäger«, sagte Lando, als ich ihn fragte, was das zu bedeuten hatte. »Maurische Piraten aus Sicilia. Sie landen irgendwo in einer stillen Bucht, marschieren weite Strecken und überfallen Dörfer, um vor allem die Jungen und Kräftigen zu verschleppen.«
»Was ist mit Guaimar? Beschützt er nicht sein Land?«
»Du wirst sehen. Je weiter wir nach Süden kommen, umso hilfloser sind die Menschen den Eindringlingen ausgeliefert. Guaimars Männer lassen sich selten blicken. Die sind wie immer mit anderen Dingen beschäftigt. In letzter Zeit mit Pandulfs Übergriffen. Und auch die Byzantiner bewachen nur die Küstenorte.«
Wir waren an diesem Nachmittag die Letzten in unserer Reiterkolonne. Lando zügelte sein Pferd und deutete auf ein paar ferne Siedlungen in der Landschaft.
»Die Menschen versuchen, so gut es geht, sich zu verteidigen. Deshalb sind die meisten Dörfer von Mauern umgeben. Und sie liegen auf Hügeln und nicht im Tal, wo sich die Felder befinden. Es könnte ein blühendes Land sein, wenn es nicht ständig ausgeplündert würde.«
Ich sah ihn schuldbewusst an. »Meinst du uns, die Normannenplage?«
Er zuckte mit den Schultern. »Es ist schon seit Jahrhunderten so, lange bevor Normannen kamen. Für den Kaiser haben wir keine Bedeutung, der hat andere Sorgen. Und auch Byzanz hat genug an seiner Grenze im Osten zu tun. Da bleiben kaum Truppen für Italia übrig.«
»Es heißt, der Papst soll bald für Ordnung sorgen.«
»Der Papst …« Er machte eine hilflose Geste. »Der Papst ist schwach. Wie auch die lombardischen Fürsten.«
»Woher weißt du so viel?«, fragte ich. »Viel zu viel für einen Fuhrmann, oder?«
Er lächelte still in sich hinein. »Du
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