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Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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Graben gesichert, war es doch nur ein armseliges Nest, das einem entschlossenen Angriff kaum Widerstand bieten würde.
    Ungehindert ritten wir bis auf den kleinen Platz in der Mitte des borgo, wie sie solche Siedlungen hier nannten. Wir stiegen ab und ließen die Pferde an der Viehtränke saufen. Hühner und Ziegen liefen frei herum, halbnackte Kinder starrten uns an und hörten nicht auf ihre ängstlichen Mütter, die sie ins Haus riefen. Die Weiber blieben hinter angelehnten Türen versteckt, die Männer dagegen standen mit ihren Mützen in den Händen da und beäugten uns scheu.
    Der Dorfälteste trat vor und begann zu reden. Zu meinem Erstaunen sprachen sie Griechisch, eine für uns völlig unverständliche Sprache. Gut, dass wir Lando mitgebracht hatten.
    »Sag ihm, wir haben jetzt viermal so viele Männer zu versorgen«, sagte Robert. »Entsprechend sollen sie liefern.«
    Nachdem Lando übersetzt hatte, herrschte erschrockene Stille. Nicht wenige bekreuzigten sich, und der Dorfälteste erhob ein eindrucksvolles Jammern und Wehklagen, das nicht aufhören wollte.
    »Er meint, sie können uns nicht mehr geben, als sie schon tun. Besonders jetzt vor der Ernte seien die Scheunen leer. Sie hätten selbst kaum genug zu essen. Ihre Kinder müssten hungern.«
    Unmutig zogen sich Roberts Brauen zusammen. »Frag ihn, ob er möchte, dass ich eigenhändig in seinen Scheunen nachschaue?«
    Da herrschte betretenes Schweigen. Verstört blickte der Mann zu Robert auf. Die Furcht, wir würden ihnen alles rauben, stand ihm im Gesicht. Dann warf er sich ihm zu Füßen und versuchte, Roberts Knie zu umfangen. Der trat einen Schritt zurück. Sein Blick sagte, dass er solche Unterwürfigkeit nicht gewohnt war und sie verachtete.
    »Glaubst du, der Kerl ist ehrlich? Oder hält er uns zum Narren?«
    »Es sind arme Leute hier.«
    Robert zuckte mit den Schultern. »Dann sag ihm, ich erwarte von nun an wenigstens das Doppelte.« Er stieg wieder auf seinen Grauschimmel. »Den Rest müssen wir uns eben woanders holen.« Er lenkte das Tier dicht an den Dorfältesten heran, beugte sich zu ihm hinab und drohte mit der Faust. »Sag ihm, wenn er mich jemals belügen sollte, komme ich und schneide ihm seinen jämmerlichen Schwanz ab.«
    Als wir aus dem Dorf ritten, ließen wir einen sichtlich eingeschüchterten Ältesten zurück. Ich fragte mich, warum Robert so milde mit den Dörflern umgesprungen war. Ein anderer hätte nicht gefragt und sich einfach genommen, was er wollte.
    Im Laufe der nächsten Wochen begann ich zu verstehen. Reichtum gab es nur in den byzantinisch besetzten Städten. Ohne genügend Männer würden wir sie aber niemals erobern können. Doch um Krieger anzuwerben, brauchten wir Gold. Wie es aussah, war das ein auswegloser Teufelskreis.
    Doch Robert ließ sich nicht entmutigen. Er fing damit an, die Grundlage für die Versorgung einer größeren Streitmacht aufzubauen. Und dazu brauchte er die Bauern der näheren Umgebung. Er war rastlos, und wir verbrachten Tage im Sattel, um auf unserer Seite des Flusses die Gegend zu erkunden. Überall redete er mit den Dorfältesten und bot den Leuten Schutz gegen Piraten und gegen byzantinische Steuereintreiber an und verlangte im Gegenzug milde Abgaben.
    Manchmal musste Widerstand mit Gewalt gebrochen werden. In einem Dorf zum Beispiel erhängten wir den Dorfvorsteher. Doch meistens waren die Leute einsichtig. Im Grunde verfuhr Robert nicht anders als die normannischen Grundbesitzer daheim mit ihrem Bauernvolk, wo Abgaben und Frondienste genau geregelt waren.
    »Wir müssen zuerst das Land in Besitz nehmen«, sagte er. »Vielleicht noch ein paar Burgen bauen, damit wir es auch halten können. Irgendwann fallen uns auch die Städte zu.«
    Das war schön gesagt, nur hatten wir nicht einmal ausreichend Krieger, um uns selbst zu verteidigen, sollte es den Byzantinern einfallen, uns anzugreifen, geschweige denn noch mehr Land zu erobern und Burgen zu bauen.
    Zumindest mussten wir bald nicht mehr über Mangel an Nahrung klagen. Auch mit anderem versorgte uns das Landvolk, mit selbstgewobenem Tuch, gegerbtem Leder, Pfannen, Holz und Stroh, wie auch mit Frondiensten. Junge Männer verdingten sich als Knechte. Wir bauten ein paar Hütten an, um die erweiterte Besatzung unterzubringen. Der Sohn eines Schmiedes siedelte sich in der Burg an, um unsere Pferde zu beschlagen und Speerspitzen zu schmieden. Und einmal die Woche kamen Frauen, um Brot zu backen. Gelegentlich wagten sich sogar wieder ein

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