Das Schwert des Normannen: Roman (Knaur TB) (German Edition)
du jetzt tot.« Mit wildem Blick sah Robert sich um. »Gibt es hier einen, der nicht besoffen ist?«
Die Kerle blickten betroffen zu Boden, bis einer sich ein Herz fasste. »Wir haben nur ein bisschen gefeiert, Herr«, sagte er.
»Das seh ich. Und wie heißt du?«
»Baldric, Herr.«
»Wo kommen die Frauen her?«
»Aus Cassano. Von dort werden wir versorgt. Sie schicken uns Proviant und Wein. Damit wir sie in Ruhe lassen.«
»Und Huren.«
Baldric senkte den Blick und schwieg verlegen.
»Hör gut zu, was ich dir jetzt auftrage, Baldric. Die Weiber verschwinden auf der Stelle. Zwei von euch werden sie nach Cassano bringen. Und du und deine anderen Kameraden, ihr richtet jetzt alles für meine Männer her, damit sie gut untergebracht sind.«
»Seid Ihr der neue Kastellan?«
»Ich bin Drogos Bruder. Und die Burg gehört nun mir, habt ihr das verstanden?« Er beugte sich zu Tancred hinunter, der ächzend versuchte, aufzustehen. »Und du verschwindest von hier. Pack deine Sachen und setz dich auf dein Pferd. Ich will dich hier nie wieder sehen. Bestell Drogo einen schönen Gruß von mir. Kerle wie dich können wir nicht gebrauchen.«
Tancred stöhnte und richtete sich mühsam auf. »Aber warum?«, murmelte er fast weinerlich. »Wegen eines kleinen Saufgelages und ein paar Huren?«
»Nicht wegen der Huren. Aber hast du dich hier mal umgeschaut? Die Burg ist ein Saustall, wie ich ihn noch nie gesehen habe.« Er gab Rainulf einen Wink. »Weg mit dem Kerl. Und ihr anderen an die Arbeit.«
*
Baldric war ein graubärtiger Veteran, der schon mit Williame in Sicilia gegen die Mauren gekämpft hatte. Er und Reynard Le-Vieux kannten sich aus alten Tagen. Der Mann musste so manche Schlacht erlebt haben, denn an Narben schien es ihm nicht zu mangeln.
Von ihm ließ sich Robert am nächsten Morgen die Lage erklären, und was er hörte, war nicht ermutigend. Das Land ringsum war dünn besiedelt, obwohl es so nah am Meer lag, oder vielleicht gerade deshalb. Zu viele Piratenüberfälle hatten ihren Blutzoll gefordert. Außerdem war die Gegend, besonders in den Flussniederungen, vom Sumpffieber verseucht. Drei der alten Besatzung, darunter auch Baldric, hatten bereits daran gelitten, einer war im letzten Jahr gestorben. Drogo hatte sich lange nicht sehen lassen, und die Besatzung war zu klein, um größere Beutezüge zu unternehmen. Irgendwann hatten sie begonnen, nur noch auf Ablösung zu warten.
»Man muss sich wundern, dass die Burg noch steht«, sagte Robert. »Bei eurer Nachlässigkeit hätte jeder kommen und euch niedermetzeln können.«
»Sie lassen uns in Ruhe, Herr«, erwiderte Baldric. »Die nächste Garnison der Byzantiner liegt weit im Süden, in Bisignano, auf der anderen Seite des Flusses. Bis zum Ufer patrouillieren sie, aber hierher sind sie lange nicht gekommen.«
»Und Cassano?«
»Für die sind wir ein notwendiges Übel. Wir bieten Schutz, auch vor den Steuereintreibern, und dafür versorgen sie uns mit allem, was wir brauchen.«
»Geld?«
»Die Leute besitzen kaum Bares. Sie liefern Getreide, Öl und Wein. Gelegentlich ein paar Schafe.«
»Und was macht ihr den ganzen Tag«, fragte Robert, »außer saufen und vögeln?«
Baldric senkte den Blick auf seine vernarbten Hände. »Ihr habt recht, Herr. Die Burg ist in schlechtem Zustand. Bisher hat aber niemand gewagt, uns anzugreifen.«
»Was gibt es in der Gegend an Beute zu holen?«
Baldric schüttelte den Kopf. »Höchstens in Bisignano. Aber die Stadt ist gut befestigt. Selbst mit Euren Männern wären wir zu wenige. Und dann ist da Rossano an der Küste. Noch aussichtsloser.«
Robert nickte grimmig. »Wir werden sehen.«
Er starrte in die Ferne, den Kopf etwas zurückgelegt, das Kinn angriffslustig vorgestreckt. Ganz gleich, wie misslich die Lage war, aufgeben würde er nie. Im Gegenteil, Widerstand schien ihn anzuspornen. Seine Augen sprühten, als er sich wieder Baldric zuwandte.
»Ihr habt es lange genug bequem gehabt. Jetzt werdet ihr zur Abwechslung arbeiten. Du und deine Kameraden werdet Scribla instand setzen, während wir die Gegend erkunden.«
Und so geschah es. Ställe wurden ausgemistet, morsche Palisadenpfähle ausgetauscht, der Hof wurde von Unkraut befreit und die Brücke über den Graben ausgebessert. Die Halle wurde gefegt und geschrubbt, das Zaumzeug der Tiere geölt, Rüstungen und Waffen gescheuert, bis sie glänzten.
Dann befahl ihnen Robert, den Burggraben ums Doppelte zu vertiefen. Während sie gruben, stand er unentwegt
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