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Das Schwert - Thriller

Das Schwert - Thriller

Titel: Das Schwert - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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promoviert und ein feines Ohr für englische Dialekte. Sein Gefangener entstammte der Mittelschicht und war irgendwo im Süden des Landes beheimatet. Viele Iraner waren nach der Revolution in Städte wie Brighton geflohen, und Hadschi Achmad glaubte, dass die Eltern des Gefangenen zu diesen gehörten. Alles nur Vermutungen, natürlich, aber Hadschi Achmads Vermutungen pflegten meistens zuzutreffen.
    Die Folter begann jeden Tag nach der Aufforderung zu konvertieren. Ausgeführt wurde sie von wechselnden Mitgliedern der Gruppe nach den Anweisungen des Mannes mit der sanften Stimme und den wohlgesetzten Worten, Hadschi Achmad. Der Gefangene wusste genau, mit wem er es zu tun hatte. Hadschi Achmad war ein ägyptischer Araber, wie sein Busenfreund Sawahiri. Ursprünglich ein Mitglied von Ägyptens berüchtigtem Islamic Jihad , war er 1981 von einer von Bin Laden ins Leben gerufenen Gruppe rekrutiert worden, für den Kampf gegen die Russen in Afghanistan.
    Geblieben war er als Mitglied von al-Qaida, einer von etlichen hundert »Afghan Arabs«, die erkannten, dass ihnen die Rückkehr in die Heimat verwehrt war, wo ein Haftbefehl auf sie wartete. Später, 1998, half er, Bin Ladens Dachorganisation aufzubauen, die »Islamische Front für den heiligen Krieg gegen die Juden und Kreuzritter«. Ein mittelalterlich anmutender Name vielleicht, aber die Juden standen für die Bewohner moderner Länder, und die Kreuzritter waren Amerikaner, Europäer, Australier und alle, die sie unterstützten.
    Er hatte die Kunst der Folter bei den Russen studiert und sich mit sorgfältig kalkulierten Häppchen geheimerInformationen revanchiert, um sie glauben zu machen, er sei ihr Mann, während er die ganze Zeit doch nur Gott gehörte und sonst niemandem. Sein Rufname war Achmad , und der nächste Ibn Abdullah , der Sohn von Gottes Diener. Was immer er tat, in seinem Herzen versuchte er, seinem Schöpfer zu dienen.
    Zur Folter ihres Gefangenen bedienten sie sich der Mittel, die ihnen zu Gebote standen. Sie verfügten nicht über die übliche technische Ausrüstung – keine Elektroschocker, keine Hochgeschwindigkeitsbohrer, keine Kopfhörer für die Beschallung mit hochfrequenten Tönen –, aber lange Jahrhunderte immer wieder neuer Kriege sowie Hadschi Achmads Lehrer hatten dafür gesorgt, dass sie wussten, wie man einem Menschen Schmerzen zufügt.
    Sie wussten, wann man beginnt und wann man aufhört, wann man Blut vergießt und wann die Blutung stillt, wann es angebracht ist, den Gefangenen mit Drohungen zu zermürben und wann, ihn mit Freundlichkeit dankbar zu stimmen. Sie hatten ihn mit Feuer gebrannt – ein wenig hier, ein wenig dort –, ihm schwere Steine aufgelegt, deren Gewicht ihm beinahe das Rückgrat brach und den Brustkorb zusammenpresste, bis er zu ersticken glaubte; sie gebrauchten scharfe Messer, um ihm die Haut abzuschälen, und Verbände und Salben, um die Heilung zu beschleunigen, damit er nach drei, vier Tagen für ein neues Verhör bereit war. Die Stunden vergingen langsam, als hätten sie einzig und allein den Zweck, Schmerzen zu bringen und noch mehr Schmerzen.
    Sie handelten nicht aus Sadismus. Sie wollten Informationen von ihm, und er war entschlossen, nichts preiszugeben, nicht einmal seinen Namen. Er hätte die Tortur jederzeit beenden können, indem er ihnen einfach sagte, was sie wissen wollten. Andererseits war ihm klar, wenn er das tat, würden sie ihn dennoch töten.
    Er hatte Englisch mit ihnen gesprochen, denn der geringste Hinweis, dass er verstand, was man auf Dari oder Paschtu zu ihm sagte, bedeutete das Ende seiner Tarnung. Um ihn auf die Probe zu stellen, hatte Hadschi Achmad einen seiner Mudschahed aufgefordert, ihm persische Lyrik vorzutragen. Zwischen den Foltersitzungen rezitierte der Mann also auswendig, in halblautem Singsang mystische Verse des Dichters Rumi, und sein Gefangener lauschte und hörte in der Erinnerung seines Vaters Stimme dieselben Worte sprechen. Doch er verriet sich nicht, mit keiner Geste, keinem Wimpernzucken.
    Ein klammes Frösteln kroch in die Höhle, wo es zu allen Jahreszeiten kalt war. Manchmal tat es weh, an das Tageslicht zu denken. Bei Sonnenschein war Afghanistan schöner als jeder andere Fleck auf Erden, den er kannte.
    Irgendwann einmal hatte er das Grabmal des Kaisers Babur in Kabul besucht. Obwohl in den vergangenen Kriegen erheblich beschädigt, hat es seinen Charakter behalten: ein niedriges Dach auf Säulen über einem schlichten Sarkophag, eine Ruhestätte,

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