Verliebt verlobt Versace Roman
Eins
Der Mittelgang schien tatsächlich kein Ende zu nehmen.
Und mein Diadem sitzt so eng am Kopf.
Nimmt man auch am Kopf zu? Hat sich mein Schädel zum Muffin aufgebläht? Und meine Schuhe drücken fürchterlich. Egal wie schön oder teuer sie auch sein mögen, meine Fußballen fühlen sich an, als hätte man sie mit der Käsereibe bearbeitet und dann in ein Antiseptikum getaucht.
Ich sah Mark am Ende des Gangs stehen, er wirkte entspannt und glücklich. Nun, er muss ihn ja auch nicht in zehn Zentimeter hohen Christian Louboutins und einem bodenlangen Versace-Kleid mit Schleppe entlangschreiten. Und dabei kann man diese verdammten Schuhe nicht mal sehen, Angela, schelte ich mich. Nicht mal die Zehenspitzen.
Und jetzt fühlen sich meine Hände verschwitzt an. Habe ich Schweißflecken? Ich versuchte, einen heimlichen Blick unter meine Arme zu werfen, ohne dabei mein Bukett zu gefährden.
»Angela? Alles in Ordnung mit dir?« Louisa, ein Bild an Perfektion, die Ruhe selbst, das Make-up tadellos, sah mich stirnrunzelnd an, ohne zu schwanken. Und ihre Absätze sind höher als meine.
»Äh-hem«, erwiderte ich, eloquent wie immer. Gott sei
Dank ist es ihre Hochzeit und nicht meine. Und bitte, lieber Gott, könntest du nicht, wenn ich schon mal dabei bin, dafür sorgen, dass Mark nicht darauf achtet, als welch schlampige Brautjungfer ich mich entpuppe, nur für den Fall, dass ihn das davon abhalten könnte, unseren Termin festzulegen. Aber mal im Ernst, Schweißflecken sähen entsetzlich aus, und das Kleid hat die Farbe von Milchkaffee, extra dafür ausgewählt, mich aussehen zu lassen, als sei mir kotzübel.
Ich stolperte hinter Louisa den Gang entlang, wobei ich für meine Mum und meinen Dad ein kleines Lächeln auf die Lippen brachte und eingedenk des feierlichen Anlasses die angemessene Fröhlichkeit ausstrahlte. Ich hoffte jedenfalls, dass ich so aussah. Gut möglich, dass ich aussehe, als fragte ich mich, ob ich meine Haarglätter dringelassen habe. Scheiße! Und wenn ich nun tatsächlich meine Haarglätter dringelassen habe?
Die Kürze von Hochzeitszeremonien überrascht mich immer wieder. Monatelange Verlobungszeit, stundenlange Planung, sogar ein ganzes Wochenende für den Junggesellinnenabschied, und das Abkommen für ein ganzes Leben war innerhalb von zwanzig Minuten und ein paar Kirchenliedern über die Bühne. Selbst die Fotos dauern länger als der eigentliche Gottesdienst.
»Ich kann nicht glauben, dass ich verheiratet bin!«, hauchte Louisa. Wir waren jetzt beim Abschnitt angekommen, Braut und erste Brautjungfer lächeln gar nicht wie in der Zahnpastareklame vor einem Brunnen. Meine Güte. Die Posen ergaben sich ganz natürlich, schließlich hatten wir sie zusammen einstudiert, seit wir alt genug waren, uns Kopfkissenbezüge über den Hinterkopf zu stülpen. »Ist das zu fassen, Angela?«
»Aber ja doch«, sagte ich und drückte sie eng an mich, ohne auf den Fotografen zu achten. »Du und Tim, ihr seid doch praktisch verheiratet, seit ihr vierzehn wart.«
Wir tauschten die Plätze und hielten inne, um zu lächeln.
Klick, blitz.
»Es ist einfach so unwirklich, weißt du?« Sie schnippte eine weiche blonde Locke über ihre Schulter und drückte eine verirrte hellbraune Strähne zurück in meinen Chignon. »Es ist tatsächlich passiert.«
Klick, blitz.
»Gut, dann mach dich bereit«, sagte ich hinter einem strahlenden Lächeln. »Als Nächste sind ich und Mark dran, und dann wirst du diejenige im Braujungfernkleid sein.«
»Habt ihr euch noch mal über einen Termin unterhalten?«, erkundigte Louisa sich und machte sich an ihrer Schleppe zu schaffen. Fiel das etwa in meinen Aufgabenbereich?
»Nicht wirklich«, antwortete ich und schüttelte den Kopf. »Ich meine, wir haben damals, als ihr euch endlich auf einen Termin geeinigt hattet, ständig darüber geredet, aber seit Mark befördert wurde, hatten wir so gut wie keine Zeit dafür. Du weißt ja, wie das ist.«
Louisa gab dem Fotografen einen Wink, sich kurz zu entfernen. »Hm. Ich meine nur, glaubst du noch daran, dass du heiraten wirst? Mark heiraten wirst, meine ich?«
Klick, blitz - kein gutes Foto.
Ich musste meine Augen mit meiner Hand abschirmen, um Louisa richtig ansehen zu können. Die Augustsonne strahlte sie von hinten an, so dass ihr Gesicht bis auf einen Halo feiner blonder Löckchen kaum zu erkennen war.
»Aber ja doch«, sagte ich. »Wir sind doch verlobt.«
Sie seufzte und schüttelte den Kopf. »Ja, ich mache mir
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