Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition)

Titel: Das Science Fiction Jahr 2013 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
zumindest teilweise entspannte. In der Affäre um das gefälschte Dissidenten-Pamphlet wandte sich Arkadi um Hilfe an einen hochrangigen Kollegen im Schriftstellerverband, von dem allgemein bekannt war, dass er auch beim KGB eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Man bestellte die Strugatzkis daraufhin ein und ließ sie wissen, der Fall sei geklärt worden (wie, erfuhren sie nicht), gegen sie läge nichts vor, sie sollten in Ruhe weiter ihrer Arbeit nachgehen. In der Tat stabilisierte sich ihr Status in den Achtzigerjahren allmählich, und er verbesserte sich nachhaltig, als unter Gorbatschow Glasnost und Perestroika zu greifen begannen. 1981 erhielten sie als Erste den einzigen zwar nicht staatlichen, aber doch offiziellen Science-Fiction-Preis der UdSSR »Aelita«, gestiftet von einer sibirischen Zeitschrift unter Mitwirkung des Schriftstellerverbandes. Sie mussten sich den Preis allerdings mit einem ihrer ärgsten Widersacher teilen, mit Alexander Kasanzew – anders wäre ihre Auszeichnung politisch nicht durchzusetzen gewesen. Wenn etwas die damalige Situation der Strugazkis noch treffender charakterisiert als dieser sonderbare Kompromiss, so ist es die kolportierte Entstehungsgeschichte des Fotos, auf dem Arkadi Strugatzki und Kasanzew, jeder seinen Preis, eine Skulptur aus Halbedelsteinen, in der Hand (und Kasanzew mit einem dieser sowjetischen Orden am Revers), einander zugeneigt sich fast freundlich anschauen: Das ursprüngliche Foto soll zerschnitten und für die Publikation mit vertauschten Hälften wieder zusammengefügt worden sein.
    In »Ein Käfer im Ameisenhaufen« (1979–80) und »Die Wellen ersticken den Wind« (1985–86) kehrten die Strugatzkis zum letzten Mal in die Welt des Mittags zurück. Beide Romane enthalten keine direkte Kritik an Erscheinungen in der Sowjetunion, trotzdem fanden sie ein ungeheures Echo in der sowjetischen Leserschaft. Um 1980 gab es in der UdSSR eine Blütezeit von Science-Fiction-Clubs 5 , und mehrere davon veranstalteten förmliche Gerichtsverhandlungen über die Romanfigur Sikorsky aus »Ein Käfer im Ameisenhaufen«, einen irdischen Geheimdienstler, der mitten im allermenschlichsten Kommunismus einen Menschen umbringt, weil er ihn ohne jeden Beweis für den Agenten einer fremden Superzivilisation hält und glaubt, die Sicherheit der Erde gehe allemal vor. An »Die Wellen ersticken den Wind«, die vor der Verkündung von Perestroika und Glasnost entstanden, fällt vor allem die Vorahnung einer bevorstehenden gewaltigen Veränderung, einer Umdeutung aller überkommenen Vorstellungen ins Auge. Arkadi Strugatzki hat den Beginn der großen Veränderung noch erlebt, und er hat, obwohl schon krank, mit einem Ausbruch von Aktivität darauf reagiert, sowohl in der politischen Arena als auch in der literarischen, nicht zuletzt als eine Art Schirmherr des sowjetischen Fandoms.
    Die Strugatzkis waren keine Dissidenten, wie man sie sich im Westen simplifizierend vorstellen möchte. »Die gierigen Dinge des Jahrhunderts« (1965) etwa schildern eine orientierungslos hedonistische Überflussgesellschaft, wie sie der Sowjetunion nun wirklich zu keinem Zeitpunkt drohte; der Roman ist heute aktueller als zum Zeitpunkt seiner Entstehung. Dennoch ist es kein Zufall, dass die Strugatzkis ihre Laufbahn als SF-Autoren ziemlich genau am Anfang der Tauwetterperiode in der Sowjetunion begannen. Ein Zufall, gewiss, aber ein symbolträchtiger Zufall wollte es, dass das Ende jenes Autorengespanns, nein, jenes einen , unteilbaren Autors »Arkadi und Boris Strugatzki«, markiert durch den Tod Arkadis am 3. Oktober 1991, exakt in die Zeit fiel, da die Sowjetunion zerbrach, indem die einzelnen Republiken ihren Austritt aus der UdSSR und sich für souverän erklärten (vollendet am 21. Dezember mit der Gründung der GUS). Ohne die literarischen Bedingungen eines geschlossenen Marktes, die ihnen ungeteilte Aufmerksamkeit garantierten, ohne die politischen Zustände, an denen sie sich reiben und beweisen konnten, schließlich auch ohne das von diesen Verhältnissen geprägte Publikum, das es gewohnt war, aufmerksam und zwischen den Zeilen zu lesen – kurzum, ohne die Sowjetunion wären die Strugatzkis vielleicht bekannte und erfolgreiche SF-Autoren geworden, hätten aber kaum diese überragende Position erlangt. Ohne die Science Fiction wiederum wären sie in der UdSSR wahrscheinlich entweder angepasste Autoren des sozialistischen Realismus oder aber früher oder später aus dem Lande geekelte

Weitere Kostenlose Bücher