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Das sechste Herz

Das sechste Herz

Titel: Das sechste Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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angekommen war. In wenigen Minuten würde Jo vor der Tür stehen, und sie mussten einen Plan ersinnen, wie Mark zu helfen war. Ralf Schädlich hatte ihr keine Auskunft geben können. Er wusste nichts von einer derartigen Festnahme, und selbst wenn, hätte er, wie er mit Bedauern in der Stimme versichert hatte, keine Interna ausplaudern dürfen. Das müsse sie verstehen. Dass der Doktor verhaftet worden sei, könne er sich jedoch nicht vorstellen. Für eine Verhaftung bräuchten sie zumindest einen schriftlichen Haftbefehl der Staatsanwaltschaft und dafür wiederum sogenannte Haftgründe. So schnell schössen die Preußen nicht, hatte er hinzugefügt und dass es sich gewiss um eine Fehlinformation handelte.
    Lara sah, wie ihre Mundwinkel verächtlich zuckten, und wandte sich von ihrem Spiegelbild ab. Mach dir keine Sorgen. Pah! Der hatte gut reden!
    Nach dem Gespräch mit Ralf Schädlich hatte sie erneut versucht, Mark zu erreichen, aber wieder war nur die Mailbox rangegangen. Dieses Mal hatte sie darauf verzichtet, etwas daraufzusprechen. Mark würde sehen, dass sie mehrfach angerufen hatte, und zurückrufen, wenn es ihm möglich war. Dass er tatsächlich auf irgendeinem Revier in Leipzig saß und von der Kripo befragt wurde, konnte sie sich einfach nicht vorstellen. Das Ganze würde sich bestimmt schon bald aufklären, und in ein paar Tagen würden sie gemeinsam über den Fehlalarm lachen.
    In der Küche war es zu warm, und sie ging, um das Fenster zu öffnen. Wie eisiges Wasser schwappte die Frostluft ihr ins Gesicht. Sie atmete ein paarmal tief ein und aus. Unten glitt Jos Honda lautlos über den frisch gefallenen Schnee, setzte zurück und fuhr dann passgenau in eine Parklücke. Er stieg aus, nahm seine Tasche vom Beifahrersitz und zog mit der Linken die Jacke zusammen. Erst jetzt schaute er nach oben, sah Lara am Fenster stehen, winkte und sprintete dann vor einem herannahenden Kleintransporter über die Straße. Lara zeichnete ein pausbäckiges Mondgesicht auf die beschlagene Fensterscheibe, begab sich in den Flur und öffnete die Wohnungstür.
    Obwohl das Licht im Treppenhaus nicht besonders hell war, konnte sie Jos Gesichtsausdruck schon von Weitem erkennen, und ihre kleine Hoffnung, alles möge bloß eine Verwechslung sein, zerstob wie ein Sandhügel im Sturm. Er kam, die Augen konzentriert zusammengekniffen, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, nach oben, schlüpfte, auf dem Absatz vor ihrer Tür angekommen, aus den Stiefeln und nahm sie dann in den Arm, wobei er »So ein Mist« murmelte.
    Es schien also wahr zu sein. In Laras Bauch setzte das Rumoren wieder ein, und sie verspürte das dringende Bedürfnis nach einem weiteren Schluck Cognac.
    »Lass uns erst einmal reingehen.« Er schob sie in den Flur, schloss die Tür und marschierte voran in die Küche. »Ich brühe uns einen Tee auf. Hast du schwarzen?« Ohne auf ihre Antwort zu warten, ging er zu dem Hängeregal neben der Spüle und musterte die dort aufgereihten Dosen.
    »Ich möchte keinen Tee, Jo. Setz dich bitte und erzähl mir, was du weißt. Wir können später was trinken.«
    »Okay.« Sie sah, dass es ihm schwerfiel, sich umzudrehen, aber schließlich kam er doch herüber und nahm am Tisch Platz. »Ich gehe davon aus, dass du Schädlich nicht erreicht hast?«
    »Doch, aber der wusste von nichts. Und Mark geht nicht ans Handy.«
    »Ich habe nach längerem Herumtelefonieren die Sprechstundenhilfe erreicht. Sie hat mir im Prinzip das Gleiche erzählt, was wir schon wussten. Gegen fünfzehn Uhr seien zwei Beamte der Kriminalpolizei in der Praxis aufgekreuzt und hätten verlangt, mit Mark zu sprechen. Nachdem die drei etwa fünf Minuten in seinem Zimmer ›herumdiskutiert‹ hätten – worüber, das konnte sie nicht verstehen –, sei Mark schließlich mit ihnen mitgegangen und habe ihr gesagt, sie solle die Praxis für heute dichtmachen. Sie habe daraufhin Marks Frau informiert.«
    »So hat sie sich ausgedrückt? Dass er ›mitgegangen‹ ist? Und ›für heute dichtmachen‹? Das hört sich für mich nicht nach einer Festnahme an …«
    »Für mich auch nicht. Vielleicht hatte die Kripo nur ein paar Fragen an ihn, und Anna hat das Ganze missverstanden und dramatisiert.«
    »Aber wenn sie ihn nur etwas fragen wollten, hätten sie das doch auch gleich in der Praxis erledigen können, nicht? Hast du Annemarie gefragt, was sie für einen Eindruck von der Sache hatte?«
    »So richtig einordnen konnte sie es nicht. Aber das Wort ›Festnahme‹, so

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