Das sechste Opfer (German Edition)
Blick für dieses Naturschauspiel. Er starrte auf die Straße, während er sich noch einmal das Telefonat vom heutigen Morgen ins Gedächtnis rief. Es war gut, dass er ihnen gesagt hatte, wie schwer es ihm fiel, diesen angeblichen Erfolg zu verkünden. Wie abgrundtief er den Betrug hasste, der dahinter steckte. Er war Geschäftsmann, kein Verräter. Das hatte er ihnen gesagt, und sie hatten ihn verstanden.
Andreas Werner atmete tief ein. Er würde aussteigen, morgen bekamen sie seine Rücktrittserklärung, sofern sie überhaupt eine wollten. Er sah hinaus auf den Kanal, der noch immer im Mondschein schimmerte, bis sich eine Wolke vor das Licht schob und Straße und Wasser in Dunkelheit tauchte. Schon morgen würde er mit einem besseren Gewissen nach Hause fahren können.
Gedankenverloren spürte er plötzlich ein unsanftes Rucken des Wagens. Erschrocken sah er auf und blickte in den Rückspiegel. Hatte er etwa ein Tier überfahren? Doch er sah nichts, denn ein großer, schwarzer Truck direkt hinter ihm versperrte ihm die Sicht. Mit einem Blick auf das Armaturenbrett, das unbeeindruckt sanft leuchtete, vergewisserte er sich, dass mit dem Wagen alles in Ordnung war. Vielleicht war es nur ein Schlagloch gewesen.
Doch auf einmal erschütterte ein weiterer Stoß den Wagen. Er sah sich um. Der Truck war direkt hinter ihm, klebte an seiner Stoßstange – und stieß wieder zu.
Andreas Werner fühlte, wie sich feine Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Sein Herz schlug schneller und klopfte heftig gegen seine Rippen. Er drückte auf das Gaspedal, um dem schweren Wagen hinter sich zu entkommen, doch der hing wie angeschweißt an seinem Heck.
Der nächste Stoß erschütterte seinen Mercedes schwer. Er begann zu schlingern.
Der Banker bekam den Wagen jedoch schnell wieder in seine Gewalt. Die Schweißperlen auf seiner Stirn rollten langsam seine Schläfe hinunter, tropften in seine Augen. Er blinzelte und sah erneut in den Rückspiegel. Der schwarze Truck schien verschwunden. Andreas Werner vergewisserte sich noch einmal, um sicher zu gehen, dass er tatsächlich wieder allein auf der Straße war. Doch als er gerade aufatmen wollte, stieß etwas heftig an die linke Seite seines Wagens, so dass dieser gefährlich schwankte. Nur mühsam erlangte Andreas Werner die Kontrolle zurück, dabei sah er zum linken Fenster hinaus. Er wurde blass, fühlte sein Herz bis in den Hals hinauf klopfen.
Der Truck drängte sich an seine Seite und rammte den Mercedes erneut.
Andreas Werner wollte ausweichen, doch vor ihm knickte die Straße in eine scharfe Linkskurve ab. Direkt neben ihm kam die Leitplanke immer näher auf ihn zu, hinter der sich in der Tiefe der Kanal durch die Dunkelheit wand. Kein Platz für ihn. Der Truck drängte ihn immer näher an die Leitplanken heran. Der Mercedes kämpfte mühsam gegen die Macht des überlegenen Gegners an. Wieder gab Andreas Werner Gas, um zu entkommen. Doch direkt in der Kurve versetzte ihm der Truck den Gnadenstoß und ließ ihn in die Leitplanke krachen. Funken sprühten und verglühten in der Kälte der Nacht.
Andreas Werner versuchte krampfhaft, gegenzulenken, aber ohne Erfolg. Krachend gab die Leitplanke nach und öffnete ein großes schwarzes Loch für den Mercedes, das steil in die Schwärze des Kanals hinabführte.
Andreas Werner versuchte die Geschwindigkeit des Wagens zu verringern und bremste. Doch es war zu spät. Wie ein dunkler Abgrund kam das brackige Wasser auf ihn zu. Der Wagen kam erst zum Stillstand, als er auf das Wasser aufprallte. Der Motor erstarb, die Lichter im Armaturenbrett gingen aus, das Radio verstummte. Viel zu schnell versank der Wagen in den Fluten.
Benommen vom Aufprall versuchte Andreas Werner, die Tür zu öffnen, aber der Druck des eisigen Wassers war zu stark. Er betätigte den elektrischen Fensterheber, um durch das Fenster zu entkommen, doch der reagierte nicht. Die Elektronik hatte aufgegeben.
Verzweifelt griff er seine Aktentasche und rammte sie gegen das Fenster, um es einzuschlagen.
Die Kraft seiner Verzweiflung reichte nicht aus. Er fühlte, wie seine Beine weich wurden. Ein panisches Gefühl durchzog seinen Körper, als der Wagen immer tiefer sank. Das Wasser umspülte die Fenster, drang vom Motorraum in den Innenraum. Seine Arme und Beine wurden taub, der ganze Körper kribbelte und seine Blase entleerte sich. Der Urin durchnässte seine Hose und tropfte in das eiskalte Wasser, das sich bereits auf dem Boden sammelte und immer höher stieg. Er schrie
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