Das sexuelle Leben der Catherine M.
umgeben war; ich sprach schon darüber. Auch von dem anderen Garten mit der besonders reizvollen Lage über dem Meer erzählte ich schon. Er war für südfranzösische Verhältnisse wenig beschattet und ging vom Haus bis ganz vorne zu einem Plateau aus flachen Steinen, die als Sonnenbank dienten. Dort vögelten wir unaufhörlich, auch bei der größten Hitze. Beim Überfliegen des Ortes hätte jemand sein Vergnügen gehabt, ähnlich wie aus dem Flugzeug konnte er ganz verschiedene Szenen nebeneinander beobachten. Es ist immer lustig, die ungeduldigen Autoschlangen innerhalb eines Ortes zu sehen, und sobald man ihn verlässt, auf die weite Fläche der Felder zu blicken. Nicht nur am Ortsrand ist der Übergang zwischen diesen beiden Bildern abrupt, auch am Rand einer Autobahn. Hier treffen zwei Dinge aufeinander, die sich gegenseitig nicht beachten, sich fast feindselig gegenüberstehen: schnelle Autos, wie von einem Magnet angezogen, scheinen den Wagen zu verachten, der alleine übers Land fährt. Oberhalb von Saint-Jean-Cap-Ferrat konnte man eine Menschengruppe hinter einer großen Villa sehen, die merkwürdig verlassen wirkt, aber an einer Straße steht, wo sich unablässig Wagen auf dem Weg zum Kap und Wagen auf dem Rückweg vom Kap begegneten. Man hätte nur mit Mühe ausmachen können, weshalb diese Gruppe und die Wagen einander so gleichgültig werden ließen. Die niedrige Gartenmauer aus grauem Stein spendete nur wenig Schatten, und man sah schlecht, dass die Straße ein paar Meter unterhalb der Mauer entlangführte. In jenem Sommer hatte ich zwei Begleiterinnen, meine homosexuelle Freundin und eines ihrer Mädchen; wir hatten sie zufällig an einem Abend auswärts getroffen, fanden sie nett und luden sie ein, die Ferien mit uns zu verbringen. Im Haus waren wir meist nur zum Kochen und zum Schlafen, und durch unsere Ausdauer beim Sonnenbad wurde dieser Teil des Gartens zum bevorzugten Treffpunkt der Hausgemeinschaft, dabei war das wirklich nicht die bequemste Ecke und schon gar kein Salon! Jeden Tag kamen neue Gäste. Mit einigen, natürlich nicht mit allen, entwickelte sich etwas über die Siesta oder das Sonnenbad hinaus. Es war eine Art ungezwungene Sommerbetätigung, als würden wir zusammen einen Bootsausflug machen. Judith mochte lieber Frauen, nahm aber trotzdem auch Männer dazu, dabei zeigte sie mit großem Humor gleichberechtigte, ein wenig unbeteiligte Lust. Sie gehörte zu jenen dicken Frauen, die man schön findet, weil sie so »gut proportioniert« sind, als sei das Modell eines schlanken Mädchens mit einem Pantographen vergrößert worden. Ihre Brüste waren nicht schwer, aber sie sahen aus wie ein Chinesenhut mit ganz runden Warzen. Das andere Mädchen hingegen hatte einen Hängebusen – über einer Taille und einem Becken, das man mit zwei Händen umfassen konnte. Ich lag auf dem Rücken, den Arm über den Augen; ich zog ihn zurück und sah ihren schmächtigen Oberkörper im Gegenlicht vor dem Himmel, ihre schlaffen Brüste vom Seewind erregt. Ich dachte, ihr Unterleib könne nie fassen, was sie sich hineinschob, wenn sie auf einem der besonders gut bestückten Freunde ritt. Sie hatte ein ganz sanftes Wesen, und wir drei waren ein Trio mit gutem Appetit, ohne Probleme, ohne Krach. Einer Freundin, die uns um gut einen Kopf überragte und die mit zusammengerolltem Körper vögelte, als wollte sie demjenigen mehr Platz machen, der sie voller Eifer nagelte, riss unter der Spannung des geschwollenen Halses die Perlenkette; es war das einzige Mal, dass diese kompakten Nachmittagsstunden gestört wurden, deren Rhythmus noch verlangsamt wurde durch das Schnurren der Motoren, das im Summen der Insekten unterging. Obwohl das Klicken der Perlen auf dem Boden kaum hörbar war und obwohl die Freundin im Sinnenrausch nicht lauter stöhnte als andere Frauen, war ich doch überrascht von solch einem Ausbruch. »Ist es denn möglich, dass eine Frau so eine überbordende Lust empfindet und ihr Körper so eine äußere Verwandlung durchmacht?«, dachte ich. Ich hatte Muße, die erstarrte Maske auf dem Gesicht mancher Männer zu beobachten oder die Verschlossenheit und Abwesenheit auf dem Gesicht anderer in jenem Moment, wenn der Körper seine größte Spannung erreicht, wenn sich beispielsweise in der klassischen Stellung der Rücken von den Lenden bis zum Nacken krümmt und sich in solch einem heftigen Aufbäumen vom Körper des Partners hebt wie der Bug eines Schiffes aus dem Meer. Doch Frauen beobachtete ich
Weitere Kostenlose Bücher