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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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schattigen Dach der dreißig Meter hohen Platanen, vorbei an den würdigen Fassaden der Häuser aus dem 18. Jahrhundert durch die breiten Straßen geht. Als hätte das Meer die Ebene zurückgedrängt wie ein riesengroßes flachbodiges Boot und die Stadt gezwungen, sich an den Berg zu kauern. Wir bleiben stehen, hintereinander, und genießen es, die Dörfer wie auf einer Karte zu betrachten. Vorsichtige Männer umfassen erst Schultern und Brust und kitzeln mit den Lippen den Hals. Jacques hingegen packt immer erst die Arschbacken. Er begreift sofort, dass ich nichts unter dem raffinierten, trägerlosen Kleid im Hahnentrittmuster trage, ich streife es mit einer einzigen Bewegung ab wie eine Schlange ihre Haut. Er gleitet von hinten zwischen meine Beine und belastet mit seinem kleinen, suchenden Kopf die Möse, dringt aber nicht ein. Ich drücke meinen Rücken an ihn. Die Lufttemperatur ist ideal. Es entsteht eine Art Kommunikation zwischen der Weite um uns und dem ausgiebigen Spaziergang seiner Hände über Brust und Bauch. Ich entziehe mich trotzdem seiner Berührung, denn auch wenn sein Schwanz schon ganz steif ist, nehme ich ihn nicht auf, bevor ich ihm nicht eine kurze Fellatio beschert habe. Dann strecke ich ihm wieder meinen Hintern hin. Ich stehe etwas unsicher, die Beine leicht gebeugt, damit ich auf der Höhe der schönen, geschmierten Spitze bin, und lege meine Hände mit ausgestreckten Fingern auf meine angespannten Schenkel. Diese Stellung ohne weitere Stütze zu halten ist ziemlich anstrengend. Doch ich wurde an jenem Abend schon gut gebuttert, den Oberkörper nach vorn gebeugt ärschlings gepackt, gewalkt, geknetet, oberhalb der Ebene des Roussillon, die sich langsam auflöste! Ich erinnere mich deutlich, dass ich mir in jenen Minuten in einem Anfall von Besinnung, die sich aus der Lust herauskristallisiert, sagte, ich müsse eines Tages eine Möglichkeit finden, diesen höchsten Genuss schriftlich festzuhalten – wenn die Körper aneinander gedrückt sind und das Gefühl haben, sich zu entfalten wie Rosenblätter in einem Naturfilm mit Zeitraffer, die den Sauerstoff aufnehmen und nacheinander aufgehen und glätten.
    Wir unterliegen sozialen Normen und familiären Gepflogenheiten, wir passen uns an etwas an, das man nun »Unternehmenskultur« nennt, und bis hinein in die Intimität des Sexuallebens nehmen wir Gewohnheiten an, stellen Regeln auf, die einzig für zwei Menschen gelten und eine Art »Paarkultur« bilden. Der Verkehr im Freien ist ein Teil von Jacques’ und meiner »Paarkultur«. Genauso wie ich auf einer Weltkarte mit bunten Stecknadeln die Orte markieren kann, wo ich war, so kann ich auf Landkarten auch die Ruinen, Felsen, Wegbiegungen und Baumhaine verzeichnen, wo ein Beobachter mit seinem Fernglas die ruckartigen Bewegungen einer zweiköpfigen Silhouette wahrnehmen konnte. Früh am Morgen vor den milchigen Felsen eines schroffen Bergs, mein Körper wie üblich gebeugt, ich halte mich am dünnen Stamm eines jungen Baums mit spärlichem Laub fest. Kaum haben wir die Shorts wieder an, kommt ein Mann. Ob wir Ferien in der Gegend machten. Ob wir uns verlaufen hätten. Als er weitergeht, vermuten wir, dass er ein einsames Haus, das tatsächlich das Ziel unserer Kletterpartie war, bewachen und mögliche Einbrüche verhindern soll. Dann eine Kapelle, eine Ruine auf einem Plateau, die Mauern rings herum stehen allerdings noch, darin ist die eingestürzte Sakristei, wir spazieren wie durch eine antike Ruine und stellen uns die ehemaligen Bewohner vor. Das kurze Mittelschiff liegt in der Sonne, der Chor im Schatten, der Altar aus dunkelgrauem Stein ist bestens erhalten. Ich lege mich auf den Rücken, der Altar ist zu hoch, als dass Jacques eindringen könnte. Er beugt sich über mich und öffnet meine Möse mit ein paar verspielten Zungenschlägen, ich sehe mit weit geöffneten Augen in den Himmel, der von der Kammlinie der schwarzen Mauern durchschnitten wird. Ich könnte auf dem Grund eines Brunnens sein. Wir vögeln noch einmal im Stehen, in einem engen Raum, wo gerade unsere Körper Platz haben. Wir können ihn nicht einordnen – war es ein Vorraum? Oder eine Nische für eine verschwundene Statue?
    Andere Ruinen, andere freie Flächen: Ein weitläufiges, befestigtes Gut mitsamt den Wirtschaftsgebäuden auf einem Plateau, das die Festung immer noch über dem Steilhang zu verteidigen scheint. Ich muss einen weiteren Bestandteil unserer »Paarkultur« hinzufügen: Jedes zweite oder dritte Mal ist

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