Das sexuelle Leben der Catherine M.
trockener, schütterer Rasen mit einer Betoneinfassung befestigt war wie ein Gehweg. Dort gab es eine Bank. Wir schlenderten dorthin, achteten aber nicht darauf, dass der Ort erleuchtet und die Büsche weit entfernt waren. Es war wie in einer Nachkriegsfilmszene, wenn sich die Kamera entfernt und die Personen in einem Lichtkegel stehen lässt. Als Bruno mich ausgezogen hatte und mich heftig rieb, verschwanden die Bäume aus dem Blickfeld. Wir waren uns zwar nicht richtig bewusst, dass es unklug war, was wir taten, aber wir sprachen nicht darüber und versuchten, den Raum zu verkleinern, indem wir uns nur sparsam berührten und uns abwechselnd miteinander beschäftigten. Während seine Finger in meinem Schoß bohrten, drückte ich mich zusammengekauert und mit angezogenen und angehobenen Beinen an ihn, so weit es sein Arm erlaubte. Mein Oberkörper war bedeckt. Als ich mich über die Schwellung seiner Jeans beugte, lag er reglos ausgestreckt da wie ein Brett, den Kopf auf die Lehne der Bank gestützt. Ich lutschte ihn ausgiebig und vermied es, den Rhythmus sehr zu verändern, damit er sich nicht zu heftig bewegte. Plötzlich wurde ein zweites, ein helles Licht aus der Ferne auf uns gerichtet. Einen Moment verharrten wir, konnten nicht genau ausmachen, was dieses Licht und wo die Lichtquelle war. Bruno ließ sich im Allgemeinen erst ausgiebig lutschen, passiv, fast wie widerwillig, manchmal unterbrach er mich, dann legte er einfach los, packte sein Glied und drückte es an meinen Mund, als wolle er mit Gewalt zwischen meine Lippen dringen. Das tat er dieses Mal auch, er bog meinen Kopf mit Druck auf den Nacken nach unten, meine Lippen und meine Hand nahmen ihre gleichmäßigen Bewegungen wieder auf. Nichts von dem passierte, was die grelle Beleuchtung unserer zusammengewachsenen Schatten angedroht hatte. Das Licht, das von der Seite einfiel, war so hell, dass es mich durch die geschlossenen Lider blendete. Ich beendete die gelassene Fellatio in der Stille, die nur durch unsere Atemzüge unterbrochen wurde, und im Tanz der goldenen und schwarzen Flecken vor meinen Augen. Dann gingen wir zurück und teilten eine belustigte Verwirrung, die wir nicht groß kommentierten. Waren wir im Lichtkegel eines Scheinwerferpaars? Eines Streifenwagens oder eines Spanners? Eines kaputten Projektors, der sich automatisch eingeschaltet hatte? Ich konnte mir dieses stark gebündelte Licht nie erklären.
Im Freien
Wenn man über mich sagte, »sie fickt, wie sie atmet«, stimmte ich dem gerne zu, umso mehr, als es auch im übertragenen Sinn verstanden werden kann. Meine ersten sexuellen Erfahrungen und auch viele andere danach fanden in einer Umgebung statt, die den Eindruck entstehen lässt, Sauerstoff wirke auf mich wie ein Aphrodisiakum. Im Freien spüre ich meine Nacktheit besser als in einem geschlossenen Raum. Wenn ich die Temperatur, egal, wie hoch, auf einem Teil der Haut wahrnehme, der ihr normalerweise nicht ausgesetzt ist, zum Beispiel im Rücken, ist der Körper kein Hindernis mehr für die Luft, er wird von ihr durchdrungen, öffnet sich, wird aufnahmefähiger. Wenn die Atmosphäre, die die Erde umgibt, wie tausend Schröpfköpfe auf meiner Haut klebt, scheint auch meine Vulva zu atmen und sich lustvoll zu weiten. Streicht ein Windhauch darüber, wird diese Empfindung noch verstärkt – die großen Schamlippen erscheinen mir noch größer, wie aufgepumpt von der Luft, die sie berührt. Ich werde noch ausführlich über die erogenen Zonen sprechen. Die kleinste Berührung dieser wenig beachteten Stelle, des kleinen Damms, dieser verachteten Rille zwischen Arschloch und Scheide, wo die großen Schamlippen zusammenstoßen, erregt mich sehr und ich werde völlig gefügig, die Luft an dieser Stelle kann mich schwindliger machen als ein Höhenrausch. Gerne setzte ich meine gespreizten Arschbacken und Beine der Luft aus.
Es gibt sicherlich eine innere Verbindung zwischen der Vorstellung, sich im Raum zu bewegen, zu reisen, und der Vorstellung zu vögeln; so sagt man ja landläufig: »Nur Fliegen ist schöner.« Hinzu kommt, dass StraßenCafés, Straßenränder, das platte Land, Hallen, Parkplätze und alle Räume, die nur dazu gedacht sind, durchquert zu werden, Orte sind (Marc Auge nennt Letztere »Nicht-Orte«), wo ich mich gerne öffne, und zwar weil sie sind, was sie sind: offen.
Das erste Mal, als ich vor fremden Augen alles auszog, was ich auf dem Leib trug, war ich in einem Garten, der nur von einem einfachen Gitterzaun
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