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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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die Wand geheftet war? Dachte ich an den Artikel, den ich schreiben musste? Oder starrte ich, ohne etwas zu denken, auf die winzigen braunen Hautwucherungen auf den Lidern? Überlegte ich mir, dass wir später noch Zeit hätten, von vorn anzufangen, und dass dieses Mal sein Schwanz in meine Möse fände? Sein Kopf bog sich zurück, er drückte mich ein bisschen mehr gegen den Tisch, der mir in den Hintern schnitt, und wieherte ein paar Mal leise. Schon das war wunderbar.
    Er war ein sehr aufmerksamer Mann. Während ich ihn und seine Umgebung mit einem leichtgläubigen Blick bedachte, untersuchte er mich, wie er alle Welt untersuchte, mit einem unglaublich forschenden Blick. Ich habe keinen anderen Mann kennen gelernt, der so ungefällige Kommentare über einen Körper abgeben konnte, ohne einen Hintergedanken und mit der Exaktheit eines Menschen ausgesprochen, der einen professionellen Blick hat; mögliche Mängel hatten jedoch keinerlei Auswirkungen auf die Tatsache, dass ich ihn »geil« machte. Diese Schärfe des Auges ging einher mit einer großen Fingerfertigkeit, die ich genießen durfte, wenn er mich streichelte. Andere Männer aber – wenn ich das so sagen kann – geben sich nicht besonders mit dem Körper ab, den eine Frau ihnen schenkt, wenn sie von ihr schon eine Leistung bekommen, die ihnen entgegenkommt. Zum Beispiel der Mann, der mich in sein Büro bestellte, in eine Dienstbotenkammer in der Avenue Paul-Doumer. Er betatscht mich – deswegen bin ich nicht gekommen, aber es ist mir egal. Normalerweise müsste er mich aufs Sofa ziehen und mich hinlegen, aber nein, er streckt sich voller Freude rücklings aus und hat diese immer ein wenig pathetische Haltung eines Mannes, der seinen Schwanz hält, ohne ihn anzusehen. Ich nehme ihn also in den Mund und höre ihn ziemlich schnell sagen: »Ah, ich komme gleich! Bei dir habe ich keine Hemmungen, ich nehm dich später.« Ich mag das auch, doch mir ist klar, dass er sich aufführt wie ein Rüpel. Er wird mich später nicht nehmen.
    Ich bin gefügig; nicht, weil ich auf Unterwerfung stehe, ich habe mich nie masochistisch gebärdet, aber es ist mir im Grunde egal, was man mit meinem Körper macht. Natürlich war ich nie für extreme Praktiken zu haben, zum Beispiel Wunden zu schlagen oder sich selbst schlagen zu lassen, aber in Bezug auf den großen Rest der Bandbreite sexueller Eigenarten zeigte ich mich immer offen und legte eine große Verfügbarkeit von Geist und Körper an den Tag. Man kann mir höchstens vorwerfen, dass es mir an Überzeugung mangelte, wenn eine Praktik kein besonderes Echo in meinen Fantasien fand. Ich traf mich lange Zeit mit einem Mann, der ab und an das Bedürfnis hatte, mich anzupissen. Ich wusste, was ich zu tun hatte, wenn er wollte, dass ich ihm einen blies. Wenn sein Glied steif war, enthielt er es mir vor, er packte es mit einer Hand, ich kniete mit offenem Mund vor ihm. In dieser Haltung muss ich ausgesehen haben wie bei der Kommunion. Ich musste immer ein wenig warten, in dieser Zeit schien er seinen Urin geistig zu lenken. Trotz dieser Konzentrationsübung wurde er nicht schlaff. Dann kam der Strahl, stark, anhaltend, heiß. Bitter. So bitter, wie ich nie zuvor etwas im Mund gehabt hatte, so bitter, dass es mir die Zunge im Gaumen zusammenzog. Er hielt sein Glied wie ein Wasserrohr, und es kam so viel und es kam so lange, dass ich manchmal ausweichen musste, wie jemand, der voll gespritzt wird. Einmal kauerte ich auf dem Boden unter dem Strahl, und nachdem er alles rausgepisst hatte, kam er zu mir auf den Boden. Mit beiden Händen schmierte er mich mit seiner Pisse voll und bedeckte mich mit Küssen. Es ekelte mich an, wenn meine Haare nass waren, am Hals klebten und tropften, doch ich konnte nichts machen. Dann brach ich in schallendes Lachen aus. Das ärgerte ihn, es verletzte seine Gefühle. Noch Jahre später warf er mir das vor. »Da gab es etwas, das du nicht gut gemacht hast – dich anpissen zu lassen.« Ich akzeptierte es. Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich nicht lachte, um eine Verlegenheit zu überspielen (es war ja nicht das erste Mal, dass mich jemand so besprengt hat!), und schon gar nicht, um ihn zu verhöhnen (jede mehr oder weniger originelle sexuelle Handlung war ein Grund für mich, stolz zu sein, sie setzte mich keinesfalls herab – es war ein weiterer Meilenstein auf der Suche nach dem sexuellen Gral), ich lachte, weil ich zwar keine masochistische Befriedigung in einer Situation finden

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