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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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mit der er seine Sache machte und dabei stur und fast ängstlich die mentale Abgeschottetheit verteidigte, die man dazu braucht.
    Wenn man einige Male mit einem Mann geschlafen hat, weiß man recht gut, wann er »kommt«, auch wenn er nicht zu denen gehört, die es laut ankündigen. Vielleicht weiß man es sogar schon vor ihm selbst, erkennt es an kleinsten Anzeichen, vielleicht weil er mich in eine Stellung bringt, von der ich weiß, dass sie auf ihn wie ein Auslöser wirkt, vielleicht weil er schweigt, weil sein Atem schwerer wird und ein paar Sekunden davor ganz aussetzt. Ein Freund, der beim Vögeln fantasiebegabt, beredt und rege war, der mich eine ganze Stunde lang mit den unglaublichsten erotischen Geschichten faszinierte, mich in die akrobatischsten Stellungen brachte und die unwahrscheinlichsten Dildos ausprobierte (Gurke, Wurst, Perrier-Flasche, einen weißen, glänzenden Polizeiknüppel usw.), wurde plötzlich ganz ruhig, kurz bevor er kam. Egal, in welcher Stellung ich war, er nahm mich dann unter sich, fickte mich, ohne stark zu stoßen, und ersetzte die Worte durch leises kurzes Stöhnen. Ich war überzeugt, dass die Endphase auf eine Entscheidung folgte, die er in vollem Bewusstsein der Dinge getroffen hatte, und es hätte mich nicht überrascht, wenn er gesagt hätte: »Gut, genug gescherzt, kommen wir nun zu den ernsten Dingen.« Wenn er gekommen war, blieb er noch auf mir liegen, kicherte ein »hi, hi, hi« in mein Ohr; es klang wie ein leises, verzwungenes Lachen, was es aber nicht war. Es war vielmehr seine sanfte Art, uns wieder in die Realität zurückzubringen, es war das Lachen dessen, der als Erster lacht, um sich der Komplizenschaft des anderen zu versichern, und der sich dafür entschuldigt, den anderen in ein unvorhergesehenes Abenteuer hineingezogen zu haben. Und um mich noch besser aus unserem gemeinsamen Traum erwachen zu lassen, kraulte er mir liebevoll den Kopf, bevor er selbst die Augen wieder öffnete.
    Es missfällt mir nicht, dem Schmutz zu frönen oder erniedrigt zu werden, das nährt meine Fantasie; ich war noch nie von einer Arschfalte abgestoßen, die ich mit der Zunge kitzelte (»Hm! Das riecht nach Scheiße«, höre ich mich sagen, »aber das ist gut«), auch habe ich immer gerne die »läufige Hündin« gespielt. Ich bin überhaupt nicht von einem wie auch immer gearteten, ein wenig hinfälligen Körper angeekelt. Natürlich finde ich es schön, einen Körper zu umarmen, der so hart ist wie ein gut gewichster Schwanz, aber ich finde es genauso schön, mich unter den Schmerbauch eines Mannes zu schmiegen, der in einer weiblichen Stellung darauf wartet, dass ich es ihm mit dem Mund mache. Ich weiß es auch zu schätzen, wenn ein Mann sich die Mühe macht, mit geübten Fingern meine Schamlippen zu spreizen und sich Zeit nimmt, als Kenner zu bewundern, was er da entblößt hat, bevor er mich mit solch beispielloser Präzision reibt, dass ich es bald kaum mehr aushalten kann. Doch auch der ist ebenso willkommen, der ohne große Rücksicht meine Hüften packt wie die Reling eines schaukelnden Boots. Der, der mich besteigt mit dem fernen Blick eines Tiers, das ein Weibchen bespringt. Der, der sich halb auf meinen Rücken legt und sich so in meinen Arsch krallt, dass ich am nächsten Morgen einen blauen Fleck habe, und den es nicht im geringsten schert, dass ich dass Gleichgewicht halten muss, obwohl ich einen schrecklichen Krampf in den Schenkeln habe, die das Gewicht der beiden Körper tragen müssen. Sich gehen lassen danach, nur noch eine zermalmte Masse sein, aufs Bett fallen, sich umdrehen und nicht mehr Reaktion zeigen als ein Teigklumpen. Ungestalte Stütze einer fieberhaften Aktivität. Vergessen, dass das Fleisch eine spezifische Form haben kann. Sehen, wie die Brüste mit der Bewegung gehen, gewiegt wie Wasser in einem Boot, oder wie das Fettgewebe des Hinterns sich unter knetenden Händen zusammendrückt. In jenen Momenten muss ich mit einem Blick, der über meinen dahin gegossenen Körper schwebt, das Gesicht des Arbeiters erhaschen, der bei seiner sturen Arbeit ganz stumpfsinnig wird. Dieses Gesicht kennt keine selige Verzückung. Es würde mir Angst machen, wenn dieser lahme Vogel, der ich bin, Angst hätte vor der Vogelscheuche. Ein Auge ist halb geschlossen in einem Krampf, der nur eine Gesichtshälfte befällt – das habe ich schon bei Menschen gesehen, die Opfer eines Überfalls wurden –, der Mundwinkel der gleichen Gesichtshälfte hängt herab und entblößt

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