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Das sexuelle Leben der Catherine M.

Das sexuelle Leben der Catherine M.

Titel: Das sexuelle Leben der Catherine M. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Millet
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hatte genauso wenig Lust, ihm deswegen Vorwürfe zu machen wie einem unbeholfenen Neuling. Wenn ich meine Beine unter ihm spreizte, empfand ich es fast als Luxus, nichts zu spüren – nichts Angenehmes, aber auch nichts Unangenehmes.
    In bestimmten Situationen kann ich eine ungewöhnliche Geduld an den Tag legen. Ich habe ausreichend Ressourcen, um still meinen Geist frei schweifen zu lassen und zu dulden, dass andere ihr Leben an meiner Seite leben. Ohne zu murren kann ich Eigenarten, kleine Herrschsüchtigkeiten und auch offene Angriffe ertragen und kann lange Zeit warten, bis es vorbei ist. Ich lasse die anderen machen und mache selbst, was ich will. Rückblickend wird mir klar, bis zu welchem Punkt ich mich in sexuellen Beziehungen geduldig zeigen konnte. Ich hatte keine Gefühle, ich sorgte mich nicht und ich führte jedes Ritual bis zum Ende. Ich teilte den Geschmack des anderen nicht, ich nahm keinen Anstoß, ich war gefügig, usw. Ich war gleichgültig, weil ich mich geistig so gut in meinem Inneren abgekapselt hatte, dass ich meinen Körper beherrschte wie ein Puppenspieler seine Marionette. Ich traf mich weiterhin mit Romain. Weil er ein Schlingel von der sanften Sorte ist, hat er Erfolg bei Frauen, und ich stellte mir gerne die Überraschung oder die Enttäuschung derer vor, die glaubten, nur sie hätten eine Affäre mit ihm. Ich sah den entsetzten Blick so einer Frau, der in meinen Augen den Trost suchte, den es mit sich brachte, eine enttäuschende Erfahrung zu teilen. »Aber Romain … er bewegt sich doch gar nicht!« Ich hörte mir mit der Gelassenheit einer Weisen an, was die verblüffte Frau mir anvertraute.
    Ich sagte schon, dass ich mich manchmal in Gesellschaft langweile und mich entziehe, indem ich mit einem verschwinde und vögeln gehe. Aber manchmal langweilt man sich auch beim Vögeln! Doch diese Langeweile kann ich besser ertragen. Ich kann geduldig sein bei einem Cunnilingus, der mich nicht erregt, ich kann mich zurückhalten, einen Finger an die richtige Stelle zu legen, der hartnäckig nicht die Klitoris reibt, sondern an der Seite, wo es ein wenig wehtut, und ich bin zufrieden, wenn der Partner kommt, auch wenn ich selbst nicht viel davon habe; auf lange Sicht sind diese Halbheiten alle langweilig. Ich kann all das ertragen von dem Zeitpunkt an, da man mich zum Essen zu ausgefallenen Leuten mitnimmt, wo ich mich in der Wohnung bewegen kann, deren Einrichtung mir gefällt und wo ich mir ausmalen kann, dass ich dort ein anderes Leben führte … Der Lauf meiner Gedanken ist so losgelöst von den wirklichen Dingen, dass sie sich von einem Körper nicht stören lassen, wenn dieser von einem anderen umarmt wird. Und meine Gedanken sind umso freier, je mehr sich der andere mit meinem Körper beschäftigt.
    Nicht immer befriedigen Frauenhelden die Frauen besser. Es ist sogar möglich, dass einige dieser Männer, nicht alle, von einer Frau zur anderen wechseln, um gewissermaßen immer Anfangsbedingungen zu haben und das Stadium zu vermeiden, wo von ihm eine Erfüllung verlangt wird. (Das Gleiche gilt sicherlich auch für gewisse »Männerheldinnen«.) Von einem der ersten Frauenhelden, die ich traf, einem Künstler, der sehr viel älter war als ich, sagte eine Freundin: »Mit älteren Männern ist es toll, sie haben so eine Erfahrung, dass wir überhaupt nichts machen müssen, außer die Beine breit!« Ich musste mich ein wenig zwingen, ihr nicht zu widersprechen. In dem Raum seines Ateliers, wo er Besucher empfing, stand ein großer Tisch voller Krimskrams, ein buntes Durcheinander aus Lampen, Vasen, außergewöhnlichen Flaschen, kitschigen Aschenbechern, ungewöhnlichen Werkzeugen, Modellen und Skizzen seiner Arbeiten – ein Kuriositätenkabinett. Oft machten wir uns gar nicht die Mühe, ins Zimmer zu gehen, ich gesellte mich zu dem Krempel, und er drückte mich gegen den Tisch. Er war ein wenig kleiner als ich, vielleicht sehe ich deshalb wieder ganz deutlich seine halb geschlossenen Lider, die Augenränder wie Schatten seiner Lider, sein bettelnder, kindlicher Schmollmund. Unsere Geschlechtsteile waren etwa auf gleicher Höhe, und wenn ich sah, wie sich seine Hose ausbeulte, rieb ich seine »kleine Maschine«, wie er sagte, indem ich wie üblich mein Becken wild bewegte. Er reagierte auf diese Bewegungen, und wir rieben unsere Schöße aneinander. Zu welchen Fantasien ließ ich meine Gedanken schweifen, wenn meine Erregung abfiel? Bemerkte ich ein neues Bild, das mit einer Reißzwecke an

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