Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
Humbert«,
stellt der Dekan vor. Sie erheben sich, verneigen sich und legen die Hände höflich an die Brust.
»Habe ich recht gehört? Von Gemmingen-Streichenberg?«, wiederholt der Vater und tritt auf den Templer mit dem sandfarbenen Haar zu. »Dann ist dies Eure Heimat? Die Herrin von Ehrenberg, die ich mein Weib nennen darf, ist eine Edelfrau von Gemmingen, Sabrina, Tochter des Diether von Gemmingen.«
»Ah!«, ruft der Templer und lächelt den Ehrenberger an. »Dann ist Eure Gemahlin meine Cousine. Ich glaube, ich bin ihr als Junge ein paarmal begegnet, ehe ich als Knappe aus der Heimat fortgeschickt wurde und dann in den Orden eintrat, um ins Heilige Land zu ziehen. Nun allerdings nenne ich seit einigen Jahren eine Festung in Kastilien meine Heimat.«
Also doch! Er ist im Heiligen Land gewesen und hat für Gott gekämpft. Der Franzose hat ihn dabei sicher nicht begleitet, denkt Juliana und lässt den Blick noch einmal abschätzend über den Mann gleiten, der nun höflich dem Vater zulächelt. Dann schon eher der vierschrötige Wappner. Ist der Vetter der Mutter denn schon so alt? Sie beginnt zu rechnen. Sein jugendliches Aussehen täuscht offensichtlich. Auf die vierzig muss er bereits zugehen, wenn er in Palästina war.
»Werdet Ihr nach Streichenberg gehen?«, fragt der Vater, der auf einem Scherenstuhl gegenüber Platz nimmt.
»Nein«, schüttelt der Templer den Kopf und scheint ein wenig verlegen. »Nun, es gab ein paar – sagen wir – Differenzen mit meinem älteren Bruder, der nun die Burg innehat. Unser Vater ist bereits vor Jahren gestorben, wie Ihr vielleicht wisst.«
»Hm, ja, deshalb seit Ihr hier in Sankt Peter zu Gast«, bemerkt der Ehrenberger nickend. Juliana setzt sich neben ihn, ohne die fremden Besucher aus den Augen zu lassen. Der Waffenknecht frönt noch immer seinem ausgeprägten Appetit und schiebt Fleisch, Brot und Pasteten in sich hinein. Der Franzose dagegen nippt nur an seinem Becher, den er zierlich mit zwei Fingern in der Hand balanciert.
»Es war meine Entscheidung«, meldet er sich zu Wort. Seine
Stimme ist weich, und die Worte haben den typischen Klang der Franzosen. »Es schien mir – sagen wir – neutraler als bei den Deutschherren auf Horneck abzusteigen.« Er zieht ein wenig die Oberlippe hoch, um zu zeigen, dass er von dem anderen großen Ritterorden nicht viel hält. Nun, diese Geringschätzung beruht seit Gründungszeiten auf Gegenseitigkeit, wie Juliana aus Gesprächen der Deutschordensritter am Neckar weiß. So wundert es sie auch nicht, dass der Dekan darauf verzichtet, den Gästen zu berichten, dass sein Neffe und Patensohn als Deutschordensritter auf Horneck lebt.
»Das ist verständlich«, stimmt der Vater zu. »Warum kommen die Herren nicht mit nach Ehrenberg? Die Edelfrau und ich würden uns freuen, wenn Ihr Euer Quartier für ein paar Tage in unseren Mauern aufschlagt. Einen lang vermissten Vetter zu begrüßen ist ein Anlass zu feiern und ein Festessen aufzutragen.«
Swicker lächelt und nickt, der Franzose dagegen scheint das Angebot nicht zu schätzen.
»Wir müssen weiterreiten. Eine – ja, eine wichtige Mission, die keinen Aufschub duldet«, wehrt er ab.
»Bruder Jean«, widerspricht Swicker, »habt Ihr nicht selbst gesagt, dass unseren Pferden eine Pause gut tun würde? Ich würde es sehr bedauern, wenn ich mein Ross zurücklassen und gegen ein anderes eintauschen müsste. So eilig ist die Sache nicht, dass wir nicht zwei oder drei Tage rasten können. Schließlich sind wir mehr als eine Woche ohne Unterlass geritten.«
Der Wappner nickt zustimmend. Anscheinend hat er gegen eine Unterbrechung der Reise nichts einzuwenden. Vielleicht ist es aber auch nur das Wort Festessen, das seine Phantasie beflügelt.
»Wenn es sich um eine Geheimmission handelt, dann will ich nicht drängen«, wehrt der Vater ab. »Darf man fragen, wohin die Reise geht? Vielleicht habt Ihr auf dem Rückweg ein wenig Muße in Ehrenberg zu verweilen?«
»Aber nein, so eilig ist die Sache nicht«, beeilt sich nun der Franzose zu versichern, doch sein Lächeln wirkt ein wenig angestrengt. »Wer spricht denn von einem Geheimnis? Ich dachte nur, wir sollten nicht säumen und unsere Aufgabe so rasch wie möglich erledigen, damit wir dem verehrten Großmeister wieder frei zur Verfügung stehen. – Also dann, wir nehmen Eure Einladung nach Ehrenberg an.«
Die Frage, wohin die Reise der Templer gehen soll, lässt er unbeantwortet. Leider fragt der Vater nicht noch einmal
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