Das Siegel des Templers: Roman (German Edition)
an deiner Seite gegangen und habe deine Launen erduldet, aber damit ist jetzt Schluss. Du wirst niemanden mehr in Gefahr bringen. Ich lasse das nicht zu. Du wirst mir gehorchen, und ich sage dir, wir werden morgen nach Süden wandern, so lange, wie ich es für notwendig halte!« Er stieß sie aufs Bett. »Und nun schlafe, du wirst deine Kräfte brauchen.«
Juliana rieb sich verstohlen die schmerzenden Handgelenke. Sie würde ihm nicht gehorchen, auf keinen Fall. Jetzt, wo sie den Vater fast erreicht hatte? Niemals! Warum nur wollte er sie daran hindern, ihn zu finden? Wer hatte ihn auf den Weg geschickt und warum? Ihre grübelnden Gedanken mischten sich mit Traumfetzen, bis sie ganz in die Welt des Schlafs hinüberglitt.
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Zwei Tempelritter in Wimpfen
Wimpfen im Jahre des Herrn 1307
D er Herr Dekan hat Besuch«, informiert sie der Schüler mit einem vorwurfsvollen Klang in der Stimme. Da die Neuankömmlinge jedoch nicht bereit sind, von sich aus den Rückzug anzutreten, führt er sie nach einem kurzen Zögern die Treppe zur großen Stube hinauf, in der Gerold von Hauenstein gerade das Mahl mit seinen Gästen einnimmt. Der hagere Jüngling stößt die Tür weit auf und kündigt die Neuankömmlinge an, als gelte es vor einer Zuhörerschar ein Gedicht zu rezitieren.
»Ritter Kraft von Ehrenberg und das Fräulein Juliana von Ehrenberg!«
Der Dekan springt auf und kommt ihnen mit offenen Armen entgegen. »Liebe Freunde, das ist eine angenehme Überraschung. Setzt Euch und teilt unser Mahl mit uns.« Der Schüler steht noch immer in der Tür und mustert die Gesellschaft mit abweisender Miene.
»Albert, geh und hole zwei Schalen und zwei Zinnbecher«, befiehlt ihm der Hausherr. »Und sage der Magd in der Küche Bescheid, dass sie mehr Brot und Wein bringen soll.« Widerstrebend nickt der Schüler und verlässt die Stube.
Währenddessen betrachtet Juliana neugierig die Gäste des väterlichen Freundes. Auch sie sind Kirchenmänner, wenn auch nicht, so wie der Dekan und seine Stiftsherren, im Dienste des Bischofs. Nein, dieser Orden dient anderen Idealen, und obwohl Juliana bisher noch keinen von ihnen zu Gesicht bekommen hat, weiß sie, wen sie vor sich hat. Die weißen Gewänder und Mäntel mit den roten Kreuzen auf der Schulter schmücken viele Geschichten und Gerüchte. Tempelritter sitzen hier im Haus des Stiftsherrn von Sankt Peter beim Spätmahl! Zumindest
zwei der Männer gehören zu den Rittern. Der dritte, dessen Kutte aus grobem, braunem Stoff gefertigt ist, muss so etwas wie ein Laienbruder des Ordens sein. Sie lässt den Blick über die Gesichter schweifen. Anders als die Mönche der betenden Orden haben diese Männer keine Tonsur, tragen aber auch nicht das schulterlange Haar der Ritter. Dafür scheinen sie keinen Wert auf eine Rasur zu legen. Der Bart des schwarzhaarigen Templers ist sauber gestutzt, und auch sonst ist er eine gepflegte Erscheinung. Er ist kleiner und scheint weniger kräftig als sein Begleiter, dessen muskulöse Arme unter den Ärmeln des hochgeschobenen Gewands hervorsehen. Sein Haar hat die Farbe von Wüstensand, seine Augen sind blau wie ein Sommerhimmel. Obwohl Haar und Bart schmutzig und voller Ungeziefer scheinen, ist er eher geeignet, jungmädchenhafte Träume von heldenhaften Tempelrittern zu entfachen als sein dunkler Begleiter, der mehr zu einer Abendgesellschaft des Königshofs passt. Ja, so müssen sie aussehen, die Ritter des Glaubens, die die Heilige Stadt aus den Händen der Sarazenen gerissen haben, die unter glühender Sonne durch die Wüste geritten sind und denen keine Entbehrung zu hart ist, um für Gott das Schwert zu erheben. So braun gebrannt wie seine Haut ist, scheint er direkt aus dem Heiligen Land zu kommen. Natürlich weiß Juliana, dass das nicht möglich ist. Jerusalem ist bereits vor Jahren an die Ungläubigen zurückgefallen!
Der dritte Mann in seiner einfachen Kutte ist klein und breit. Als er sich auf der Bank zurücklehnt, kann das Mädchen seinen Bauch, der nicht gerade von Hunger und Entbehrung spricht, den Stoff wölben sehen. Sein Haupt ist fast kahl, dafür wuchert graues und braunes Barthaar um Kinn und Wangen. Im Gegensatz zu den Rittern starrt er auf das Essen vor sich und scheint sich nicht für die neuen Gäste zu interessieren. Seine vierschrötigen Züge und die farblosen Augen machen sein Gesicht nicht gerade anziehend.
»Die Herren Tempelritter Jean de Folliaco und Swicker von Gemmingen-Streichenberg und ihr Wappner Bruder
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